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Finanztransaktionssteuer
"Pädagogischer Effekt für diejenigen, die die Kapitalanlage organisieren"

Finanztransaktionssteuern werden beim Kauf oder Verkauf von Aktien oder Anleihen fällig. Der Vorsitzende des Bundes der Versicherten, Axel Kleinlein, sagte im DLF, er sehe wenig Auswirkungen der Steuer auf die meisten Altersvorsorgeprodukte.

Axel Kleinlein im Gespräch mit Jule Reimer | 18.02.2014
    Jule Reimer: Die Schauspielerin Heike Makatsch ist dafür, die britische Regierung hält sie für Teufelszeug: Die Rede ist von einer Finanztransaktionssteuer, über die heute 11 der 28 EU-Finanzminister erneut beraten wollen. Die Steuer soll beim Kauf oder Verkauf von Aktien oder Anleihen fällig werden. In diese investieren zum Beispiel Lebensversicherer, bei denen viele Deutsche einen Vertrag für ihre Altersvorsorge abgeschlossen haben.
    - Am Telefon in Berlin ist Axel Kleinlein, Vorsitzender des Bundes der Versicherten. Herr Kleinlein, ist die Finanztransaktionssteuer ein Aufreger für Sie?
    Andere Kostensätze haben vielfach höhere Auswirkungen
    Axel Kleinlein: Nein! Die Transaktionssteuer wird wenig Auswirkung auf die meisten Altersvorsorgeprodukte haben. Viel, vielmehr regen wir uns über andere Kostensätze auf, die ein Vielfaches von dem an Auswirkung haben als die Transaktionssteuer.
    Reimer: Gehen wir doch noch genauer auf die Steuersätze ein. Vorgesehen sind Steuersätze von 0,1 Prozent auf den Verkauf von Aktien und Anleihen und von 0,01 Prozent auf Options- und Termingeschäfte. Das heißt auf Geschäfte, die sich auf Preiserwartungen in der Zukunft beziehen. Legen die Lebensversicherer denn Ihr und mein Geld aus dem Lebensversicherungsvertrag in all diesen Produkten an?
    Kleinlein: Sehr, sehr gering. Der größte Teil der Kapitalanlage der Lebensversicherungsunternehmen liegt in fest verzinslichen Wertpapieren, Staatsanleihen und so weiter. Die sind ja hier gar nicht betroffen, sodass die wenigsten Kunden hier tatsächlich negative Auswirkungen haben, außer man hat eine fondsgebundene Versicherung und legt über die Fonds in die entsprechenden Aktien und anderen Wertpapiere an. Das kann sich dann auch auswirken auf die Rendite, diese Finanztransaktionssteuer, aber angesichts dessen, dass es einige Versicherungsunternehmen gibt, die jetzt schon 0,5 Prozent jährlich an Zusatzkosten nehmen, wirkt sich das dann eher gering aus.
    Auswirkungen auf die Rendite möglich
    Reimer: Auch Banken haben vorgerechnet, dass zum Beispiel ein durchschnittlicher Riester-Sparer aufgrund der Finanztransaktionssteuer mehrere tausend Euro verlieren könnte. Wie kommen die zu solchen Ergebnissen?
    Kleinlein: Es gibt ja nicht den klassischen Riester-Sparvertrag. Das ist sehr stark davon abhängig, wie lange läuft dieser Vertrag, setzt man jetzt an, dass der Sparer mit 35 in den Vertrag reingeht oder mit 15. Je nachdem kann man natürlich ganz unterschiedliche Werte errechnen. Wir sehen hier in der Finanztransaktionssteuer nicht diesen großen Hebel, der hier Tausende von Euro bewirken wird. Viel wichtiger sind die hohen, hohen Kosten, die über die Versicherungsunternehmen anfallen, und selbst jemand, der einen Banksparvertrag abschließt im Riester-Bereich, wird ja früher oder später einen Rentenversicherungsvertrag abschließen müssen und ist dann in den Fängen der Versicherungsindustrie.
    Reimer: Verschiedene Interessengruppen hätten gerne, dass es Ausnahmen gibt für einzelne Produkte von der Finanztransaktionssteuer. Wäre es denn denkbar, oder sollten Altersvorsorge-Produkte einfach ausgenommen werden? Dann braucht man sich auch keinen Kopf mehr zu machen.
    Kleinlein: Das klingt für den Theoretiker wunderbar, für den Praktiker ist das aber gar nicht umsetzbar, denn wo wollen Sie denn die Grenze zwischen Altersvorsorge-Produkt und normalem Sparprodukt ziehen, zumal auch viele Altersvorsorge-Produkte im Bereich der fondsgebundenen Versicherungen in normale Publikumsfonds investieren. Da kann man dann gar keine Unterscheidung mehr vornehmen.
    "Diesen pädagogischen Effekt begrüßen wir"
    Reimer: Andere wiederum warnen davor, dass die Finanztransaktionssteuer vor dem Aus stände. Würden Sie das bedauern, wenn sie sowieso nicht viel ausmacht?
    Kleinlein: Die Finanztransaktionssteuer hat ja gewissermaßen einen pädagogischen Effekt für diejenigen, die die Kapitalanlage organisieren. Bei einem gemanagten Fonds wird eine Finanztransaktionssteuer natürlich dazu führen, dass die Fondsmanager sich genauer überlegen, wie oft sie denn tatsächlich umschichten. Diesen pädagogischen Effekt, den begrüßen wir, zumal bei den fondsgebundenen Versicherungen durchaus zum Teil Dachfonds und Ähnliches beteiligt sind, bei denen häufige Umschichtungen zu befürchten sind.
    Reimer: Das war Axel Kleinlein vom Bund der Versicherten zur Finanztransaktionssteuer und danke für das Gespräch trotz heftiger Erkältung. Gute Besserung!
    Kleinlein: Danke sehr.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.