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Finnland und der Euro
"Fixit" kein Thema mehr

Finnland hat sich vom EU-Vorzeigeland zum Problemfall entwickelt. Angesichts hoher Arbeitslosigkeit und niedrigen Wachstums war sogar ein "Fixit" im Gespräch: der Ausstieg des Landes aus der Eurozone. Doch der scheint vom Tisch.

Von Christoph Kersting |
    Die europäische und finnische Flagge hängen am Flaggenmast
    Das Verhältnis zwischen Finnland und der EU gilt als schwierig. ( AFP / Lehtikuva / Pekka Sakki)
    Die Musikgruppe neben einem Imbiss-Stand legt sich ordentlich ins Zeug auf dem Hakaniemi-Markt im Herzen Helsinkis. Und das ist auch notwendig: Es ist nasskalt und grau, an den Marktständen ist nicht viel los und das, obwohl heute Samstag ist. Bei so einem Mistwetter scheinen auch die Hauptstadtbewohner lieber zu Hause zu bleiben - Sauna statt Shopping.
    Kein Geld für frischen Fisch
    Auch Antti Pasanen reibt sich die kalten Hände. Viel verkauft hat er noch nicht, der meiste frische Seefisch in seinem Verkaufswagen wartet noch auf Kundschaft. Die mache sich aber nicht nur wegen des ungemütlichen Herbstwetters merklich rar, erzählt der 35-jährige Fischverkäufer:
    "Die Leute kaufen weniger, das sagen alle, die hier ihre Stände haben auf dem Markt. Viele Finnen können es sich einfach nicht mehr leisten zum Beispiel frischen Fisch zu kaufen. Die Schere zwischen Arm und Reich in Finnland hat sich in den vergangenen Jahren einfach deutlich mehr geöffnet."
    Warnung aus Brüssel
    Nicht nur Fischverkäufer Antti Pasanen sorgt sich um die wirtschaftliche und soziale Lage in seiner Heimat. Erst in der vergangenen Woche hat Finnlands Finanzminister Petteri Orpo einen alarmierenden Brief aus Brüssel erhalten: Die EU rügt darin das zu hohe Defizit im finnischen Haushaltsplan und bezeichnet die Wirtschaft des Landes als eine der derzeit schwächsten innerhalb der Staaten-Gemeinschaft. Doch auch umgekehrt sei das Verhältnis Finnland-EU in den vergangenen Jahren nicht gerade eine Liebesbeziehung gewesen, erklärt Tuomas Iso-Markku vom Finnischen Institut für Internationale Angelegenheiten in Helsinki:
    "Das Ganze fing eigentlich schon 2009, 2010 an. Das positive Bild, das die Finnen von der EU hatten, hat sich langsam geändert. Dann kam noch die Euro-Krise dazu, und das hat das ganze Thema EU zu einem Politikum gemacht in Finnland."
    Ein EU-Austritt war dabei nie ernsthaft ein Thema; dafür gab es in der jüngeren Vergangenheit immer wieder prominente Stimmen, die den Beitritt zur Euro-Zone als "historischen Fehler" bezeichneten - Paul Krugman etwa, amerikanischer Wirtschaftsnobelpreisträger von der Elite-Uni Princeton. Der ehemalige finnische Außenminister Paavo Väyrynen sammelte im März dieses Jahres sogar 53.000 Stimmen für ein Volksbegehren gegen den Euro, und noch im Juli legte der ehemalige Chef des deutschen ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn, den Finnen einen "Fixit" nahe. Sinns Hauptargument: Finnland könnte seine Probleme in den Griff kriegen, wenn es mit Wiedereinführung der alten Markka seine Währung gegenüber dem Euro einfach abwerte.
    Großbritannien kein Vorbild
    Beim Thema Euro sei es in Finnland aber nie um rein wirtschaftliche Aspekte gegangen, sondern auch um politische und psychologische, betont der Politologe Tuomas Iso-Markku: "Das war auch eine Entscheidung, die deswegen getroffen wurde, weil Finnland damals zu dem inneren Kreis der EU-Mitgliedsstaaten gehören wollte."
    Ein Kreis, den Großbritannien nach seinem Brexit-Votum demnächst verlassen wird. Vor allem der unsichere Blick nach London scheint den Finnen laut Iso-Markku allerdings die Augen geöffnet zu haben: In einer Umfrage nach dem Brexit-Entscheid erteilten die Befragten einem Referendum über einen EU-Austritt und ein Verlassen der Euro-Zone eine deutliche Abfuhr: 68 Prozent sprachen sich dagegen aus - deutlich mehr als nur wenige Monate zuvor.
    Auch Fischverkäufer Antti Pasanen kennt einige Euro-Skeptiker: Das seien aber vor allem alte Leute, die mit allem Neuen, mit Veränderungen sowieso ihre Probleme hätten. Er selbst hält eine Rückkehr zur alten Markka für völligen Quatsch, und so dächten auch die meisten Finnen aus seinem Umfeld.