Elchen bringt man in Finnland weit weniger Sympathien entgegen als in Deutschland. Hört der Finne das Wort Elch denkt er sogleich an Autounfall. Gibt es zu viele Elche, steigt die Zahl der Verkehrstoten, was die Jäger verhindern sollen. Nach unzähligen Terroranschlägen in Europa will die EU den Waffen-Erwerb erschweren. Der private Besitz von halbautomatischen Gewehren, also genau denen, die bei der Elch-Jagd benutzt werden, soll verboten werden. Ebenso halbautomatische Militärwaffen.
Nicht weit vom Hafen in Helsinki befindet sich das Waffengeschäft von William Wadstein. Es ist kurz vor neun Uhr morgens, der passionierte Schütze mit eigenem Jagd-Revier schließt Vitrinen und Schränke auf:
Jagd ist lebenswichtig
"Die Jagd ist für uns natürlich sehr wichtig in Finnland und wir haben insgesamt über 300.000 Jagdscheine. Das heißt, wir sind weniger Leute als in Deutschland, haben aber die dieselbe Menge. Wenn man von 300.000 Jägern spricht, muss man wissen, dass wir 10 000 Reservisten haben und von diesen 300.000 Jägern hat man 100.000 Elche, Elchwild und Weißwedelwild zu jagen jedes Jahr. Das heißt, jeder dritte Mann muss einen Elch schießen."
Dazu brauche er nicht nur ein Gewehr, sondern auch eine Pistole oder einen Revolver, so Wadstein, denn auf angefahrene Elche ziele ein Jäger nicht mit der Flinte:
"Er gibt vielleicht den Fangschuss oder holt andere Jäger mit ihren Hunden und sie folgen dem Elch die ganze Nacht, weil der Elch nicht immer tot ist, wenn ein Verkehrsunfall ist. Und das bedeutet, da ist eine riesengroße Arbeit für die Jäger."
Verschärfte Gesetze nach Schulmassakern
Den Brüsseler Anlauf für eine erneute Gesetzesverschärfung brauche es nicht, die sei bereits erfolgt, nach den beiden Schulmassakern 2007 und 2008 mit insgesamt 20 Toten. 1,5 Millionen Waffen besitzen die Finnen, die Hälfte sind Sammlerstücke, für die die EU jetzt genauere Dokumente vorschreibt. Wer eine eigene Waffe besitzen möchte, muss nach finnischem Recht jahrelang in einem Verein und nachweislich unter Aufsicht trainiert haben. Dass das EU-Gesetz nichts davon zurückdreht, ist Matti Vanhanen wichtig. Denn ihm oblag damals als Premierminister das Krisenmanagement nach den Anschlägen:
"Die Kriterien bleiben unverändert. Das wurde mir versichert. Ich verfolge die Diskussion sehr genau, mir ist es persönlich wichtig, dass man den Waffenbesitz jetzt nicht wieder vereinfacht."
Jyrki Åland von der Partei der rechtsnationalen Wahren Finnen findet das Waffenrecht schon ohne die neuen EU-Regeln zu restriktiv. Er fühlt sich regelrecht diskriminiert.
"Jagen und Schießsport sind in Finnland verbreitete Hobbys und die Gesetze wurden nach den Attentaten schon verschärft. Gut und richtig ist, dass man jetzt die Waffen zu Hause in einem Schrank wegschließen muss. Die Polizei überwacht das genau. Wer sich neu für dieses Hobby entscheidet, dem wird es mit viel Bürokratie sehr schwer gemacht. Jäger halten sich zurück, sogar in den sozialen Medien, weil man sie genau überwacht. Waffenbesitzer werden inzwischen regelrecht schief angesehen."
William Wadstein:
"Das ist ein typisches Reservisten-Gewehr. Das ist aus finnischer Herstellung, eine Militärwaffe. Aber kein Vollautomat, nur Halbautomat. So wie die normalen Jagdwaffen auch."
"Und das sind jetzt die Waffen, die man eigentlich zu Hause hat, aber nicht mehr haben soll nach dem neuen Gesetz?"
"Ja, das ist eine von denen."
Wehrhaftes Finnland
Das neue EU-Waffengesetz will den finnischen Reservisten die Aufbewahrung der Gewehre zu Hause ganz verbieten. In Wadsteins Augen gefährdet das Finnlands nationale Sicherheit. Denn kein Reservist würde hunderte Kilometer durch das weite Land fahren, um sich seine Waffe von einem zentralen Platz für sein Schießtraining zu holen. Dass die ehemaligen Soldaten mit ihren Gewehren zu Hause auf eigene Kosten üben, sei für die Landesverteidigung nicht zuletzt sogar sehr wirtschaftlich.
Noch ein Jahr bleibt den Finnen, die Brüsseler Neuregelungen umzusetzen, wahrscheinlich jedoch nutzen sie die Zeit, um für sich um Ausnahmen zu kämpfen.