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Fische ins Weltall

Raumfahrt. - Eigentlich hätten am 19. Juli Fische, Pflanzen und Schnecken im bislang größten Weltraum-Aquarium ins All fliegen sollen. Deutsche Wissenschaftler und Universitäten sowie ein Unternehmen aus Bremen haben ein zwei Millionen Euro teures Ökosystem für den Space Shuttle Flug vorbereitet. Aber der Start musste auf Grund von feinen Rissen im Treibstoffsystem der Raumfähren bis auf weiteres verschoben werden.

    Von Frank Schweikert

    Gerade mal knapp neun Liter Wasser passen in das bisher größte Aquarium, das auf absehbare Zeit ins Weltall reisen wird. Der Unterschied zu herkömmlichen Aquarien: Es ist nach außen nicht durchsichtig und hermetisch in einer Metallbox abgeschlossen - und das sogar doppelt, denn austretendes Wasser würde im Space Shuttle zu einer Katastrophe führen. Das koffergroße Aquarium, das vom deutschen Raumfahrtunternehmen OHB Systems in Bremen in Zusammenarbeit mit zahlreichen Universitäten entwickelt wurde, ist ein technologisches und, wenn man so will, auch ein kleines ökologisches Wunderwerk. Denn das Weltraumaquarium muss, so Projektleiter Klaus Slenzka, mindestens den 16 Tage langen Flug überstehen, ohne dass jemand das Wasser wechselt oder die Fische füttern kann.

    Das ist ein geschlossenes aquatisches Ökosystem, in dem Fische, Pflanzen Bakterien, Schnecken gemeinsam leben. Das System ist komplett abgeschlossen zur Außenwelt, das heißt, es erhält sich selbst, und wir haben darin einen metabolischen Kreislauf.

    Das Aquarium besteht aus zwei Modulen, einem Versorgungsmodul und einer Experimentierkammer mit Kamera und es könnte über 50 Tage stabil bleiben. Nach der Startverschiebung sind im Kennedy Space Center in Florida die 90 Aquarienfische, sogenannten Schwertträger, 200 Schnecken und 400 Gramm Hornblattalgen in 16 Aquarien zwischengeparkt und auf Standby für die nächste Möglichkeit, mit einem Shuttle in den Weltraum zu fliegen.

    Stress für Klaus Slenzka und seine fünf Mitarbeiter, denn niemand weis, wann es nun wirklich losgeht. Acht Wochen Vorbereitungszeit sind notwendig um die Tiere und Pflanzen auf die Experimente in speziellen Kammern vorzubereiten, erzählt Slenzka:

    Die erste Kammer ist für die kleinen Buntbarsche, in der zweiten Kammer schwimmen 16 Schwertträgerfische mit acht Schnecken zusammen und einer Pflanze. Die dritte Kammer ist die so genannte Pflanzenkammer, in sie kommt das Hornblatt, das sogenannte Ceradophyllum hinein, das nachher den Sauerstoff produziert.

    Und damit das Gesamtsystem am Leben erhält. Während des Fluges untersuchen Wissenschaftler der Universität Hohenheim das Wachstum der Schweresteinchen, den sogenannten Otholiten, im Innenohr von kleinen Buntbarschlarven, die dem Gleichgewichtssinn von Menschen sehr ähnlich sind. Damit soll die Ursachen von Gleichgewichtserkrankungen beispielsweise die der Raum- oder Seekrankheit erforscht werden. Slenzka:

    Wenn die Schweresteinchen unterschiedlich schwer sind, reagiert das Gehirn auf der Erde durch kompensatorische Prozesse. Das heißt, man merkt nichts. Ist man nun aber im Weltraum, wiegen diese Schweresteinchen nichts mehr und das Gehirn hat eine Fehlfunktion und somit wird es einem schlecht.

    Die Entwicklung des Gehirns von Aquarienfischen in der Schwerelosigkeit untersucht eine Forschergruppe an der Uni Bochum. Die Uni Düsseldorf erforscht im Aquarium die Auswirkungen der Schwerelosigkeit auf das Immunsystem und auf die Knochen von Fischen.

    Die Raumfähren sind inzwischen wieder repariert und könnten starten. Zwar sind erneut Probleme im amerikanischen Weltraumbahnhof aufgetreten, die jedoch nach Ansicht von Klaus Slenzka zu keiner weiteren Startverzögerung führen. Er rechnet mit einem Start frühestens Ende Oktober und spätestens Ende Januar. Bis dahin kostet die Startverzögerung des zwei Millionen Euro teuren Experiments die DLR monatlich noch einmal rund 100.000 Euro mehr.

    Aber bevor ein Weltraumaquarium vom Space Shuttle Bahnhof in Florida zu seiner Mission abheben darf müssen nicht nur bei den Transportern, sondern auch bei den Wissenschaftlern eine ganze Menge irdischer Probleme aus dem Weg geräumt werden: Klaus Slenzka weiß ein Lied davon zu singen, wie aufwendig es ist dieses Highlight im Leben eines Wissenschaftlers zu erreichen:

    Es kostet schon viel Mühe und Schweiß, zum Schluss hier am Kennedy Space Center zu stehen, und dann den Countdown mitzuerleben. Dann überlegt man sich, sind die Fische drin, sind die Schrauben alle angezogen, und natürlich anschließend die Landung, was kommt zurück, hat alles überlebt? Das kostet schon Nerven, aber das ist schon sehr schön.

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    Im Rahmen des Schulprojekts E.B.O.S. wirken auch Schülerinnen und Schüler der 9. bis 13. Klasse gemeinsam mit den Wissenschaftlern daran mit, die Fische und ihr Ökosystem C.E.B.A.S. endlich ins Weltall zu schicken.