Jasper Barenberg: Was schwere Stürme sind und was sie anrichten, das wissen die Menschen auf den Philippinen im Grunde, denn jedes Jahr zwischen September und Dezember rasen sie vom Pazifik aus heran und peitschen dann mit großer Wucht über die Inseln. Taifun Haiyan aber entpuppt sich als so stark und so schnell wie kaum jemals ein Sturm zuvor. Vermutlich mehr als 10.000 Tote, Hunderttausende haben ihre Häuser verloren, Millionen brauchen Hilfe, viele mussten fliehen.
Cebu heißt die Nachbarinsel der am stärksten betroffenen Insel auf den Philippinen, und dort sind wir jetzt per Skype mit Jörg Fischer vom Deutschen Roten Kreuz verbunden. Schönen guten Tag, Herr Fischer.
Jörg Fischer: Guten Tag nach Deutschland.
Barenberg: Herr Fischer, die Situation im Katastrophengebiet, der Chef des philippinischen Roten Kreuzes bezeichnet sie heute als absolutes Chaos. Würden Sie das auch so beurteilen?
Fischer: Wenn man sich vor Augen hält, dass auf der einen Seite viele, viele hilfsbedürftige Menschen auf Hilfe warten, auf der anderen Seite hilfsbereite Kräfte sind und es, als eine schier unmögliche Schwierigkeit erscheint, die Sachen zusammenzubringen, dann kann man von einem Tollhaus sprechen, ja.
Barenberg: Wir hören, Herr Fischer, immer wieder, dass viele Orte entlang der Küste noch immer abgeschnitten sind. Heißt das auch, dass das tatsächliche Ausmaß der Katastrophe erst in Umrissen erkennbar ist, auch für Sie vor Ort?
Fischer: Ja, genau so ist es. Wir haben Luftaufnahmen gesehen von abgelegenen Küstenorten, die bisher noch nicht persönlich aufgesucht wurden, und da ergibt sich ein ähnliches Bild wie in Tacloban, wo die Zerstörung unvorstellbar ist.
Barenberg: Wie wird es Ihnen gelingen, wie versuchen Sie, sich überhaupt vom Deutschen Roten Kreuz jetzt einen Überblick zu verschaffen?
Fischer: Wir unterstützen unsere Kollegen vom philippinischen Roten Kreuz. Wir haben die Operationskosten für zwei Konvois übernommen. Die sind getrennt unterwegs ins Schadensgebiet, einer über den Seeweg, ein anderer über einen kombinierten Land-Seeweg. Wie in Ihrem Beitrag schon dargestellt: Wir haben noch nicht den richtigen Weg gefunden, die Hilfsgüter ins Land zu bringen, weil die gesamte Infrastruktur zerstört ist. Das gilt für den Landweg, das gilt für den Seeweg, in diesem Falle den Hafen von Tacloban und den Flughafen von Tacloban.
Barenberg: Wir haben von vor Ort auch gehört in dem Beitrag eben, dass viele Menschen natürlich auf Hilfe warten, dass sie darüber verzweifeln, dass die Hilfe vorerst so spärlich ankommt. Was glauben Sie, wie viel Zeit wird nötig sein, haben Sie schon einen Eindruck davon, bis wirklich Unterstützung in größerem Ausmaß vor Ort eintreffen wird?
Fischer: Ich gehe davon aus, dass das in den nächsten Tagen geschieht, weil meine letzte Information ist, dass auch eine Straßenverbindung wiederhergestellt ist, sodass es möglich ist, Konvois, Trucks in die Schadensregion zu bringen. Wir haben Hilfsgüter im Land, die müssen in das Katastrophengebiet; wir sind aber auf noch viel mehr Hilfsgüter angewiesen und damit auf internationale Hilfe.
Barenberg: Die Behörden auf den Philippinen haben ja offenbar eine Priorität gesetzt, dass sie gesagt haben, wir müssen erst mal alles unternehmen, um die Straßen frei zu bekommen, damit Hilfe auf den Weg gebracht werden kann. War das die richtige Entscheidung?
Fischer: Das kann ich Ihnen nicht sagen. Ich kann Ihnen nicht sagen, ob es eine bessere Entscheidung gegeben hätte. Aber es war auf jeden Fall eine richtige Entscheidung, die Straßen freizumachen.
Barenberg: Wir hören auch, dass die internationale Hilfe jetzt so langsam angelaufen ist, dass es mehr als 22 Staaten gibt, außerdem die EU, die Unterstützung angeboten haben und leisten wollen. Können Sie uns sagen, was jetzt alles da auf den Weg gebracht wird?
Fischer: Die ersten Lieferungen werden die klassischen Hilfsgüter sein. Es handelt sich da um Trinkwasser, Nahrung, medizinische Versorgung, Notunterkünfte und Hilfsgüter für den täglichen Gebrauch, das heißt Hygiene-Sets, Küchen-Sets und auch Trinkwasserkanister, um das Trinkwasser von den Tankern, die ins Schadensgebiet gebracht werden, nach Hause zu den Betroffenen zu bringen.
Barenberg: Ich habe es gesagt: es sind viele Staaten, die Hilfe angeboten haben. Das Deutsche Rote Kreuz ist mittendrin, Sie sind mittendrin. Wie muss man sich eigentlich vorstellen, wie diese Hilfe koordiniert wird, denn eine Art von Abstimmung, Koordination muss es ja zweifellos geben?
Fischer: Ja selbstverständlich. Da arbeitet die internationale Rotkreuz- und Rot-Halbmond-Gesellschaft ganz eng mit dem philippinischen Roten Kreuz zusammen. Es ist ein Operations-Center in Manila, in der Hauptstadt, eingesetzt, wo ich in den letzten drei Tagen auch dabei war, und alle sind bemüht, sind auf dem Weg. Die Hilfsgüter sind teilweise da. Die Problematik liegt in der Infrastruktur, in der Möglichkeit, zu den hilfsbedürftigen Menschen, den notleidenden Menschen im Katastrophengebiet zu bringen.
Barenberg: Das heißt, diese Hilfe zu koordinieren, abzustimmen, wer was übernimmt, wer was leistet und wer was liefert, das ist gar nicht so eine große Herausforderung, wie man sich das als Laie möglicherweise vorstellt?
Fischer: Innerhalb der Rotkreuz-Gemeinschaften nicht. Es gibt aber auch die sogenannten Cluster, wo alle Hilfsorganisationen sich abstimmen, wie die Hilfe vernünftig ins Land gebracht wird und ohne, dass einige es doppelt erhalten, andere erhalten gar nichts. Da erfolgen Abstimmungen, das ist viel Arbeit, die aber gut gemacht wird.
Barenberg: Wie müssen wir uns Ihre Arbeit für die nächsten Tage, die nächsten Wochen vom Deutschen Roten Kreuz vor Ort vorstellen?
Fischer: Morgen werden wir uns auf die Insel Leyte mit der Provinzhauptstadt Tacloban begeben, uns ein eigenes Bild machen von der Schadenssituation im Katastrophengebiet. Wir wollen verifizieren, dass die Hilfsgüter, die wir bringen, auch die sind, die am nötigsten gebraucht werden. Wir müssen die Anzahl der am stärksten betroffenen feststellen und wir müssen schauen, auf welchen Wegen wir schnell viele Hilfsgüter in die Katastrophenregion bekommen können.
Barenberg: Das sind ja alles zusammengerechnet, Herr Fischer, 21.000 Quadratkilometer, die von den Folgen dieses Sturmes unmittelbar betroffen sind. Wie lange wird es dauern, bis man sagen kann, alle die, die Opfer geworden sind, haben Hilfe bekommen, oder da ist Hilfe auf dem Weg?
Fischer: Das kann ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht absehen. Es sind Assesment-Teams sowohl vom philippinischen Roten Kreuz als auch von der philippinischen Regierung unterwegs, um die Bestandsaufnahme zu machen, um die Betroffenen zu ermitteln, aber auch die haben natürlich in den entlegenen Orten Schwierigkeiten im Zugang. Deswegen kann ich zu diesem Zeitpunkt da keine Aussagen zu machen.
Barenberg: Geben Sie uns bitte zum Schluss noch eine Vorstellung davon, wie lang der Einsatz dauern wird, in dem Sie sich jetzt befinden.
Fischer: Alleine die Nothilfe, gehe ich davon aus, dass wir die nächsten Wochen nur mit Nothilfe beschäftigt sein werden. Da ist an einen Recovery Path noch nicht zu denken, an eine Wiederaufbauphase noch nicht zu denken.
Barenberg: Und das wird dann sicherlich noch sehr viel mehr Zeit in Anspruch nehmen. – Vielen Dank, Jörg Fischer vom Deutschen Roten Kreuz, dass Sie sich die Zeit für uns genommen haben.
Fischer: Sehr gerne und Grüße nach Deutschland.
Barenberg: Danke schön.
Cebu heißt die Nachbarinsel der am stärksten betroffenen Insel auf den Philippinen, und dort sind wir jetzt per Skype mit Jörg Fischer vom Deutschen Roten Kreuz verbunden. Schönen guten Tag, Herr Fischer.
Jörg Fischer: Guten Tag nach Deutschland.
Barenberg: Herr Fischer, die Situation im Katastrophengebiet, der Chef des philippinischen Roten Kreuzes bezeichnet sie heute als absolutes Chaos. Würden Sie das auch so beurteilen?
Fischer: Wenn man sich vor Augen hält, dass auf der einen Seite viele, viele hilfsbedürftige Menschen auf Hilfe warten, auf der anderen Seite hilfsbereite Kräfte sind und es, als eine schier unmögliche Schwierigkeit erscheint, die Sachen zusammenzubringen, dann kann man von einem Tollhaus sprechen, ja.
Barenberg: Wir hören, Herr Fischer, immer wieder, dass viele Orte entlang der Küste noch immer abgeschnitten sind. Heißt das auch, dass das tatsächliche Ausmaß der Katastrophe erst in Umrissen erkennbar ist, auch für Sie vor Ort?
Fischer: Ja, genau so ist es. Wir haben Luftaufnahmen gesehen von abgelegenen Küstenorten, die bisher noch nicht persönlich aufgesucht wurden, und da ergibt sich ein ähnliches Bild wie in Tacloban, wo die Zerstörung unvorstellbar ist.
Barenberg: Wie wird es Ihnen gelingen, wie versuchen Sie, sich überhaupt vom Deutschen Roten Kreuz jetzt einen Überblick zu verschaffen?
Fischer: Wir unterstützen unsere Kollegen vom philippinischen Roten Kreuz. Wir haben die Operationskosten für zwei Konvois übernommen. Die sind getrennt unterwegs ins Schadensgebiet, einer über den Seeweg, ein anderer über einen kombinierten Land-Seeweg. Wie in Ihrem Beitrag schon dargestellt: Wir haben noch nicht den richtigen Weg gefunden, die Hilfsgüter ins Land zu bringen, weil die gesamte Infrastruktur zerstört ist. Das gilt für den Landweg, das gilt für den Seeweg, in diesem Falle den Hafen von Tacloban und den Flughafen von Tacloban.
Barenberg: Wir haben von vor Ort auch gehört in dem Beitrag eben, dass viele Menschen natürlich auf Hilfe warten, dass sie darüber verzweifeln, dass die Hilfe vorerst so spärlich ankommt. Was glauben Sie, wie viel Zeit wird nötig sein, haben Sie schon einen Eindruck davon, bis wirklich Unterstützung in größerem Ausmaß vor Ort eintreffen wird?
Fischer: Ich gehe davon aus, dass das in den nächsten Tagen geschieht, weil meine letzte Information ist, dass auch eine Straßenverbindung wiederhergestellt ist, sodass es möglich ist, Konvois, Trucks in die Schadensregion zu bringen. Wir haben Hilfsgüter im Land, die müssen in das Katastrophengebiet; wir sind aber auf noch viel mehr Hilfsgüter angewiesen und damit auf internationale Hilfe.
Barenberg: Die Behörden auf den Philippinen haben ja offenbar eine Priorität gesetzt, dass sie gesagt haben, wir müssen erst mal alles unternehmen, um die Straßen frei zu bekommen, damit Hilfe auf den Weg gebracht werden kann. War das die richtige Entscheidung?
Fischer: Das kann ich Ihnen nicht sagen. Ich kann Ihnen nicht sagen, ob es eine bessere Entscheidung gegeben hätte. Aber es war auf jeden Fall eine richtige Entscheidung, die Straßen freizumachen.
Barenberg: Wir hören auch, dass die internationale Hilfe jetzt so langsam angelaufen ist, dass es mehr als 22 Staaten gibt, außerdem die EU, die Unterstützung angeboten haben und leisten wollen. Können Sie uns sagen, was jetzt alles da auf den Weg gebracht wird?
Fischer: Die ersten Lieferungen werden die klassischen Hilfsgüter sein. Es handelt sich da um Trinkwasser, Nahrung, medizinische Versorgung, Notunterkünfte und Hilfsgüter für den täglichen Gebrauch, das heißt Hygiene-Sets, Küchen-Sets und auch Trinkwasserkanister, um das Trinkwasser von den Tankern, die ins Schadensgebiet gebracht werden, nach Hause zu den Betroffenen zu bringen.
Barenberg: Ich habe es gesagt: es sind viele Staaten, die Hilfe angeboten haben. Das Deutsche Rote Kreuz ist mittendrin, Sie sind mittendrin. Wie muss man sich eigentlich vorstellen, wie diese Hilfe koordiniert wird, denn eine Art von Abstimmung, Koordination muss es ja zweifellos geben?
Fischer: Ja selbstverständlich. Da arbeitet die internationale Rotkreuz- und Rot-Halbmond-Gesellschaft ganz eng mit dem philippinischen Roten Kreuz zusammen. Es ist ein Operations-Center in Manila, in der Hauptstadt, eingesetzt, wo ich in den letzten drei Tagen auch dabei war, und alle sind bemüht, sind auf dem Weg. Die Hilfsgüter sind teilweise da. Die Problematik liegt in der Infrastruktur, in der Möglichkeit, zu den hilfsbedürftigen Menschen, den notleidenden Menschen im Katastrophengebiet zu bringen.
Barenberg: Das heißt, diese Hilfe zu koordinieren, abzustimmen, wer was übernimmt, wer was leistet und wer was liefert, das ist gar nicht so eine große Herausforderung, wie man sich das als Laie möglicherweise vorstellt?
Fischer: Innerhalb der Rotkreuz-Gemeinschaften nicht. Es gibt aber auch die sogenannten Cluster, wo alle Hilfsorganisationen sich abstimmen, wie die Hilfe vernünftig ins Land gebracht wird und ohne, dass einige es doppelt erhalten, andere erhalten gar nichts. Da erfolgen Abstimmungen, das ist viel Arbeit, die aber gut gemacht wird.
Barenberg: Wie müssen wir uns Ihre Arbeit für die nächsten Tage, die nächsten Wochen vom Deutschen Roten Kreuz vor Ort vorstellen?
Fischer: Morgen werden wir uns auf die Insel Leyte mit der Provinzhauptstadt Tacloban begeben, uns ein eigenes Bild machen von der Schadenssituation im Katastrophengebiet. Wir wollen verifizieren, dass die Hilfsgüter, die wir bringen, auch die sind, die am nötigsten gebraucht werden. Wir müssen die Anzahl der am stärksten betroffenen feststellen und wir müssen schauen, auf welchen Wegen wir schnell viele Hilfsgüter in die Katastrophenregion bekommen können.
Barenberg: Das sind ja alles zusammengerechnet, Herr Fischer, 21.000 Quadratkilometer, die von den Folgen dieses Sturmes unmittelbar betroffen sind. Wie lange wird es dauern, bis man sagen kann, alle die, die Opfer geworden sind, haben Hilfe bekommen, oder da ist Hilfe auf dem Weg?
Fischer: Das kann ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht absehen. Es sind Assesment-Teams sowohl vom philippinischen Roten Kreuz als auch von der philippinischen Regierung unterwegs, um die Bestandsaufnahme zu machen, um die Betroffenen zu ermitteln, aber auch die haben natürlich in den entlegenen Orten Schwierigkeiten im Zugang. Deswegen kann ich zu diesem Zeitpunkt da keine Aussagen zu machen.
Barenberg: Geben Sie uns bitte zum Schluss noch eine Vorstellung davon, wie lang der Einsatz dauern wird, in dem Sie sich jetzt befinden.
Fischer: Alleine die Nothilfe, gehe ich davon aus, dass wir die nächsten Wochen nur mit Nothilfe beschäftigt sein werden. Da ist an einen Recovery Path noch nicht zu denken, an eine Wiederaufbauphase noch nicht zu denken.
Barenberg: Und das wird dann sicherlich noch sehr viel mehr Zeit in Anspruch nehmen. – Vielen Dank, Jörg Fischer vom Deutschen Roten Kreuz, dass Sie sich die Zeit für uns genommen haben.
Fischer: Sehr gerne und Grüße nach Deutschland.
Barenberg: Danke schön.