Cuxhaven, alter Fischereihafen. Etwa 50 Kutter schaukeln auf dem Wasser. Die Elbfischer werden sich gleich auf den Weg machen. In einem Konvoi wollen sie Richtung Hamburg aufbrechen, um gegen die geplante Elbvertiefung zu protestieren. Zuvor versammeln sie sich an Land zu einer Kundgebung.
Niedersachsen hat im April den Weg freigemacht für das umstrittene Projekt der Stadt Hamburg und des Bundes. Schon sechs Mal wurde die Elbe vertieft, jetzt soll sie noch einmal ausgebaggert werden, damit auch Containerschiffe mit einem Tiefgang von 14,5 Metern den Hamburger Hafen anlaufen können. Deshalb sind die Menschen hier sauer auf ihren Ministerpräsidenten David McAllister. Der Landkreis Cuxhaven ist sein Wahlkreis, in seiner Heimatregion an der Elbe hat auch er lange gegen die Vertiefung gekämpft. Doch am Ende knickte der CDU-Politiker ein. Fischer Walter Zeeck steht im blauweiß gestreiften Baumwollhemd vor seinem Kutter und versteht die Welt nicht mehr.
"Wir haben mit McAllister auf dem Deich gestanden und die Fackeln in den Wind gehalten gegen die Elbvertiefung und, nachher kam gar nichts mehr. Das hat uns sehr enttäuscht. "
Die Elbfischer sorgen sich um ihre Existenz. Sie befürchten, dass sie keine Krabben und keinen Fisch mehr fangen, denn je tiefer der Fluss, desto tiefer tummelt sich auch ihre Beute. Außerdem werde die Strömung der Elbe schneller und gefährlicher, schimpft Hans-Robert Hinners, der Vorsitzende der Interessengemeinschaft der Elbe-Weser-Fischer.
""Wenn ein Fanggeschirr am Boden hakt, macht der Kutter einen Purzelbaum."
Zu den Behörden haben sie nur noch wenig Vertrauen, denn erst spät wurde den Planfeststellungsunterlagen ein Gutachten beigefügt. Was darin steht, verheißt nichts Gutes: Die Fischer müssen während der Baggerarbeiten wohl mit Gewinneinbußen von 22 Prozent rechnen. Das wäre das Aus für viele Fischer, warnt Hinners.
"Es ist immer proklamiert worden: Die Menschen müssen hinter dem Deich geschützt werden, es hat niemand daran gedacht, dass die vor dem Deich auch geschützt werden müssen. Nämlich die, die mit der Elbe, auf der Elbe ihr Geld verdienen. Das sind die Fischer."
Die Fischer fühlen sich übergangen. Im Gegensatz zu den Obstbauern im Alten Land, denen aus Steuergeldern ein neues millionenschweres Bewässerungssystem finanziert wird. Und Hans-Robert Hinners, CDU-Mitglied und im Ortsrat engagiert, hat natürlich schon darüber nachgedacht, welche Konsequenzen er nun persönlich zieht.
"Ob ich aus der Partei austrete oder nicht?"
Nein, so weit wird es wohl nicht kommen. Ob er bei der Landtagswahl im kommenden Januar McAllister noch wählen wird? Das will er nicht verraten. Auch Walter Rademacher kämpft seit vielen Jahren gegen die Elbvertiefung. Er ist Sprecher einer Bürgerinitiative und hat sich eingehend mit Planungsunterlagen und Gutachten beschäftigt. Dass das Land Niedersachsen zugestimmt hat, schockierte ihn.
"Man hat darauf gesetzt, dass das eine Gültigkeit hat, was in der Otterndorfer Erklärung abgesegnet worden ist."
Diese sogenannte Otterndorfer Erklärung wurde am 9. Januar 2008 von allen Abgeordneten und Landtagskandidaten unterzeichnet. Damals stand in Niedersachsen ebenfalls eine Landtagswahl an. Und lange bevor er Ministerpräsident wurde, hat auch David McAllister das Papier unterschrieben. Und damit weitere unabhängige Gutachten zu Deichsicherheit und Naturschutz gefordert. Doch diese Gegengutachten wurden nie in Auftrag gegeben. Elbfischer Zeeck schüttelt resigniert mit dem Kopf.
"Es ist nicht die norddeutsche Art, weil Herr McAllister aus unserem Wahlkreis kommt und ich kenne ihn auch sehr gut persönlich. Ich hab nix von ihm gehört. Wir sind schockiert und enttäuscht."
Auf der Kutter-Demo lässt sich auch Thiemo Röhler blicken. Er ist CDU-Fraktionsvorsitzender im Stadtrat Cuxhaven, außerdem Kandidat für die Landtagswahl im Januar. Er hat Verständnis für die Sorgen der Fischer, ist dieser Tage aber oft mit der Wut der Cuxhavener konfrontiert. Röhler muss nun die Entscheidung seines Parteivorsitzenden rechtfertigen und für McAllister den Kopf hinhalten. Eigentlich eine undankbare Aufgabe.
"Finde ich überhaupt nicht, ich fühle mich auch nicht in einer undankbaren Situation. Weil der Ministerpräsident, wenn man ihn persönlich nach seiner Meinung fragt, das natürlich so kritisch betrachtet wie ich auch. Man muss aber auch unterscheiden zwischen dem, was man beruflich tut und dem, was man persönlich meint. Wie bei Lehrern, die dürfen auch nicht sagen, was sie privat denken."
"So machen sie das! Da muss ich schon wieder sagen, das ist clever! Wer keine Ausreden weiß, der hat verloren."
Reiner Gutberlet lacht. Was für eine merkwürdige Erklärung. Ein Ministerpräsident mit einer Meinung qua Amt und einer anderen privat. So etwas habe er ja noch nie gehört. Der Mann steht mit seiner Lebensgefährtin am Alten Fischereihafen und schaut der Kutter-Demo zu.
"Und wenn ich das sehe, wie der McAllister sich dreht und windet im Bezug auf Elbvertiefung."
Geschlagen gibt man sich in McAllisters Heimat noch lange nicht. Während die Hamburger zur Eile drängen und die Bagger lieber heute als morgen rollen lassen würden, prüfen elbnahe Kommunen wie Jork, Lühe und Land Hadeln und auch Umweltverbände, ob sie vor dem Bundesverwaltungsgericht Leipzig gegen den Planfeststellungsbeschluss klagen. Auch die Elbfischer überlegen, ob sie vor Gericht ziehen werden. Noch hoffen sie, mit ihrem Kutter-Protest erfolgreich zu sein. Auch Walter Zeeck glaubt daran, dass Hamburg wenigstens eine Entschädigung zahlt.
"Es ist ja noch nicht abgeschlossen, das hoffe ich. Vielleicht kriegen wir ja noch Unterstützung."
Doch bis heute hat sich der Ministerpräsident bei den Fischern nicht blicken lassen. Ihre ablehnende Haltung zur Elbvertiefung kennt er ja. Wahrscheinlich will David McAllister nicht daran erinnert werden, dass er früher mal ihrer Meinung war. Spätestens aber, wenn der CDU-Politiker mit seinem Wahlkampf beginnt, wird er sich vor einem Gespräch mit den Fischern nicht mehr drücken können. Schließlich ist er hier zur Hause.
Niedersachsen hat im April den Weg freigemacht für das umstrittene Projekt der Stadt Hamburg und des Bundes. Schon sechs Mal wurde die Elbe vertieft, jetzt soll sie noch einmal ausgebaggert werden, damit auch Containerschiffe mit einem Tiefgang von 14,5 Metern den Hamburger Hafen anlaufen können. Deshalb sind die Menschen hier sauer auf ihren Ministerpräsidenten David McAllister. Der Landkreis Cuxhaven ist sein Wahlkreis, in seiner Heimatregion an der Elbe hat auch er lange gegen die Vertiefung gekämpft. Doch am Ende knickte der CDU-Politiker ein. Fischer Walter Zeeck steht im blauweiß gestreiften Baumwollhemd vor seinem Kutter und versteht die Welt nicht mehr.
"Wir haben mit McAllister auf dem Deich gestanden und die Fackeln in den Wind gehalten gegen die Elbvertiefung und, nachher kam gar nichts mehr. Das hat uns sehr enttäuscht. "
Die Elbfischer sorgen sich um ihre Existenz. Sie befürchten, dass sie keine Krabben und keinen Fisch mehr fangen, denn je tiefer der Fluss, desto tiefer tummelt sich auch ihre Beute. Außerdem werde die Strömung der Elbe schneller und gefährlicher, schimpft Hans-Robert Hinners, der Vorsitzende der Interessengemeinschaft der Elbe-Weser-Fischer.
""Wenn ein Fanggeschirr am Boden hakt, macht der Kutter einen Purzelbaum."
Zu den Behörden haben sie nur noch wenig Vertrauen, denn erst spät wurde den Planfeststellungsunterlagen ein Gutachten beigefügt. Was darin steht, verheißt nichts Gutes: Die Fischer müssen während der Baggerarbeiten wohl mit Gewinneinbußen von 22 Prozent rechnen. Das wäre das Aus für viele Fischer, warnt Hinners.
"Es ist immer proklamiert worden: Die Menschen müssen hinter dem Deich geschützt werden, es hat niemand daran gedacht, dass die vor dem Deich auch geschützt werden müssen. Nämlich die, die mit der Elbe, auf der Elbe ihr Geld verdienen. Das sind die Fischer."
Die Fischer fühlen sich übergangen. Im Gegensatz zu den Obstbauern im Alten Land, denen aus Steuergeldern ein neues millionenschweres Bewässerungssystem finanziert wird. Und Hans-Robert Hinners, CDU-Mitglied und im Ortsrat engagiert, hat natürlich schon darüber nachgedacht, welche Konsequenzen er nun persönlich zieht.
"Ob ich aus der Partei austrete oder nicht?"
Nein, so weit wird es wohl nicht kommen. Ob er bei der Landtagswahl im kommenden Januar McAllister noch wählen wird? Das will er nicht verraten. Auch Walter Rademacher kämpft seit vielen Jahren gegen die Elbvertiefung. Er ist Sprecher einer Bürgerinitiative und hat sich eingehend mit Planungsunterlagen und Gutachten beschäftigt. Dass das Land Niedersachsen zugestimmt hat, schockierte ihn.
"Man hat darauf gesetzt, dass das eine Gültigkeit hat, was in der Otterndorfer Erklärung abgesegnet worden ist."
Diese sogenannte Otterndorfer Erklärung wurde am 9. Januar 2008 von allen Abgeordneten und Landtagskandidaten unterzeichnet. Damals stand in Niedersachsen ebenfalls eine Landtagswahl an. Und lange bevor er Ministerpräsident wurde, hat auch David McAllister das Papier unterschrieben. Und damit weitere unabhängige Gutachten zu Deichsicherheit und Naturschutz gefordert. Doch diese Gegengutachten wurden nie in Auftrag gegeben. Elbfischer Zeeck schüttelt resigniert mit dem Kopf.
"Es ist nicht die norddeutsche Art, weil Herr McAllister aus unserem Wahlkreis kommt und ich kenne ihn auch sehr gut persönlich. Ich hab nix von ihm gehört. Wir sind schockiert und enttäuscht."
Auf der Kutter-Demo lässt sich auch Thiemo Röhler blicken. Er ist CDU-Fraktionsvorsitzender im Stadtrat Cuxhaven, außerdem Kandidat für die Landtagswahl im Januar. Er hat Verständnis für die Sorgen der Fischer, ist dieser Tage aber oft mit der Wut der Cuxhavener konfrontiert. Röhler muss nun die Entscheidung seines Parteivorsitzenden rechtfertigen und für McAllister den Kopf hinhalten. Eigentlich eine undankbare Aufgabe.
"Finde ich überhaupt nicht, ich fühle mich auch nicht in einer undankbaren Situation. Weil der Ministerpräsident, wenn man ihn persönlich nach seiner Meinung fragt, das natürlich so kritisch betrachtet wie ich auch. Man muss aber auch unterscheiden zwischen dem, was man beruflich tut und dem, was man persönlich meint. Wie bei Lehrern, die dürfen auch nicht sagen, was sie privat denken."
"So machen sie das! Da muss ich schon wieder sagen, das ist clever! Wer keine Ausreden weiß, der hat verloren."
Reiner Gutberlet lacht. Was für eine merkwürdige Erklärung. Ein Ministerpräsident mit einer Meinung qua Amt und einer anderen privat. So etwas habe er ja noch nie gehört. Der Mann steht mit seiner Lebensgefährtin am Alten Fischereihafen und schaut der Kutter-Demo zu.
"Und wenn ich das sehe, wie der McAllister sich dreht und windet im Bezug auf Elbvertiefung."
Geschlagen gibt man sich in McAllisters Heimat noch lange nicht. Während die Hamburger zur Eile drängen und die Bagger lieber heute als morgen rollen lassen würden, prüfen elbnahe Kommunen wie Jork, Lühe und Land Hadeln und auch Umweltverbände, ob sie vor dem Bundesverwaltungsgericht Leipzig gegen den Planfeststellungsbeschluss klagen. Auch die Elbfischer überlegen, ob sie vor Gericht ziehen werden. Noch hoffen sie, mit ihrem Kutter-Protest erfolgreich zu sein. Auch Walter Zeeck glaubt daran, dass Hamburg wenigstens eine Entschädigung zahlt.
"Es ist ja noch nicht abgeschlossen, das hoffe ich. Vielleicht kriegen wir ja noch Unterstützung."
Doch bis heute hat sich der Ministerpräsident bei den Fischern nicht blicken lassen. Ihre ablehnende Haltung zur Elbvertiefung kennt er ja. Wahrscheinlich will David McAllister nicht daran erinnert werden, dass er früher mal ihrer Meinung war. Spätestens aber, wenn der CDU-Politiker mit seinem Wahlkampf beginnt, wird er sich vor einem Gespräch mit den Fischern nicht mehr drücken können. Schließlich ist er hier zur Hause.