"Jetzt habe ich hier ein großes Metallteil, ein Stück Stahlkabel, was noch ummantelt ist und Fischernetze."
Kurz hält Nils Möllemann vom NABU ein grauschwarzes Netzstück hoch. Die Teilnehmer der NABU-Kutterfahrt vor Stralsund sehen Tang hängen, Mini-Muscheln, etwas verklebten Sand. Im Rahmen des "Fishing for Litter"-Projektes des NABU sollen die Ostsee-Fischer mit BigBags, großen Taschen, ausgestattet werden.
"Was wir mit "Fishing for Litter" wollen, ist, es geht um eine einzige Entscheidung in dem Moment, also der Müll ist sowieso im Netz, und in dem Moment, wo der Fischer den hohl rauszieht und den Müll in der Hand hat zu entscheiden, ich stecke ihn in den BigBag anstelle etwas anderes damit zu machen."
Täglich ziehen die Fischer mit den Fischen altes Netzmaterial aus dem Wasser. Bei Stürmen abgerissene, an Steinen oder Wracks hängen gebliebene Netze, sogenannte Geisternetze, sind nicht nur in der Ostsee ein Problem. Weltweit, schätzt die FAO, die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen, machen sie rund zehn Prozent des globalen Meeresmülls aus, das sind circa 640.000 Tonnen. Doch dass diese Netze weiter fischen, ohne dass ihr Fang geborgen wird, ist nicht ihre einzige Gefahr. Thomas Köster vom Deutschen Meeresmuseum in Stralsund.
"Fischernetze aus Kunststoffen werden seit etwa 40 Jahren verwendet. Und diese Netze sind natürlich seit 40 Jahren verloren gegangen, sie reichern sich am Grund an. Es gelangen immer mehr Netze in die Meere, die teilweise frei treiben, die sich teilweise an Wracks verfangen, und diese Netze zersetzen sich aber. Teilweise werden sie mechanisch aufgearbeitet, dass aus diesen Netzen Mikromüll wird, der von den Fischen aufgenommen wird, dadurch wieder auf unserem Tisch landet. Beziehungsweise es entweichen auch Giftstoffe aus den Netzen, verschiedene Weichmacher."
Geisternetze sind ein Problem moderner Zeit. Früher bestanden Fischernetze aus Sisal oder anderen Naturstoffen, die sich, wenn sie abrissen, nach rund 5 Jahren vollständig im Meer zersetzen. Um allein in der Ostsee die geschätzten 10 000 Netze aus dem Wasser zu bekommen, hat der WWF sogar extra ein Gerät dafür konstruiert. Jochen Lamp vom WWF.
"Wie eine Egge kann man sich das vorstellen, so einen Haken, dir dann über Grund geschleppt wird. Und wo vorsichtig geguckt wird, hängen da Netze ran, auf den Flächen, wo wir wissen, da ist mehr los am Boden an Netzen, und die werden dann mit der Winde an Bord geholt."
Man weiß, wo die Netze sind, denn auf sogenannten Hackerkarten haben die Fischer ihre Stellorte verzeichnet. Zudem hat das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrografie alle Wrackstandorte kartografiert.
"Und dann gibt's für die Wracks zum Bergen eine Aktion, wo man die gezielt anfährt mit Forschungstauchern, Bergungstauchern, abschneidet und dann mit einem Kran an Bord hievt, an Land bringt."
Die Exkursion des NABU-Kutters vor Stralsund endet langsam. Zu den Geisternetzen wird es ab dem 26. Juni im Stralsunder Deutschen Meeresmuseum eine Sonderausstellung geben. Dabei geht es nicht nur um die Aufklärung und Darstellung des Themas. Ein wichtiger Teil der Schau widmet sich dem Recycling der Geisternetze. Das wird viele verwundern, denn die Netze müssen nicht verbrannt oder sonst wie entsorgt werden.
"Es gibt inzwischen weltweit zwei Industrieunternehmen, die Netze zusammen mit Teppichbodenunterseiten recyceln, und damit wieder Kunststoff draus machen. Es gibt auch namhafte Produzenten, die produzieren Rucksäcke, manche machen Socken draus."