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Fischfang
Düsterer Ausblick in die Zukunft

In diesem Jahrhundert könnten die Fischereiindustrien vieler Länder zusammenbrechen, warnen Meeresforscher. Mit neuen Modellrechnungen haben sie die Folgen des Klimawandels auf die internationalen Fischbestände genauer untersucht und dabei auch besondere Klimaphänomene wie El Niño mitbedacht.

Von Monika Seynsche |
    Fischer auf dem Greifswalder Bodden
    Droht ein Zusammenbruch der Fischereiindustrie? (picture alliance / dpa / Foto: Jens Büttner)
    "Wir wissen, dass der Klimawandel die Ozeane beeinflusst. Er verändert die Temperaturen, die Meere werden wärmer, gleichzeitig versauern sie und enthalten weniger Sauerstoff. Fischschwärme leiden unter all diesen Veränderungen. Wir sehen, dass sie heute schon ihre angestammten Verbreitungsgebiete verlassen, als Folge der höheren Wassertemperaturen."
    Dadurch könnten die Fischereiindustrien viele Länder zusammenbrechen, sagt William Cheung von der Universität von British Columbia in Vancouver. Deshalb seien gerade politische Entscheidungsträger auf zuverlässige Prognosen angewiesen, die Aussagen über die zukünftige Verbreitung der Fischbestände erlaubten. Solche Abschätzungen gibt es zwar schon, sehr zuverlässig sind sie allerdings nicht, denn sie fußen in der Regel nur auf einzelnen Computermodellen. Das wollte William Cheung ändern:
    "Wir wollten in unserer Studie auch alle Unsicherheiten berücksichtigen, die jeder einzelnen Vorhersage zu eigen sind. Deshalb haben wir drei verschiedene Erdsystemmodelle verwendet, die vom Weltklimarat genutzt werden, um zu untersuchen, wie sich die Ozeane unter verschiedenen Klimawandelszenarien verändern werden. Dazu nahmen wir noch ein Klimamodell, dass Auswirkungen von Klimaphänomenen wie El Niño oder der Pazifischen Dekaden-Oszillation berücksichtigt. Und wir werteten die Ergebnisse von drei verschiedenen Fischbestandsmodellen aus, um zu sehen, wie sich unsere Vorhersagen durch die unterschiedlichen Modelle verändern."
    Verschieden genaue Prognosen für unterschiedliche Regionen
    Durch die Auswertung zahlreicher unterschiedlicher Modelle können die Forscher nun Aussagen zur Wahrscheinlichkeit bestimmter Projektionen machen. Wenn für eine Weltregion etwa alle Modelle zum gleichen Ergebnis kommen, ist diese Aussage verlässlicher, als wenn drei verschiedene Modelle drei verschiedene Ergebnisse liefern. Für einige Weltregionen konnten William Cheung und seine Kollegen auf diese Weise Vorhersagen treffen, die mit einer sehr großen Wahrscheinlichkeit eintreten werden.
    "Wir konnten zeigen, dass die Fischfangzahlen in den Tropen sehr wahrscheinlich weiter einbrechen werden, im laufenden Jahrhundert um etwa 30 Prozent, während die Fangzahlen in der Arktis steigen dürften. Darüber hinaus sehen wir - wenn wir davon ausgehen, dass der Klimawandel ungebremst voranschreitet - einen Rückgang der globalen Fischfangzahlen im 21. Jahrhundert."
    Größere Unsicherheiten bei europäische Gewässer
    Weniger Vertrauen dagegen haben die Forscher in ihre Projektionen für die mittleren Breitengrade, etwa für die europäischen Gewässer, sowie für Regionen in denen kalte Tiefenströmungen an die Oberfläche gelangen, wie es zum Beispiel vor den Westküsten Afrikas und Amerikas der Fall ist. William Cheungs Ergebnisse deuten für diese Regionen auf geringfügige Veränderungen hin - allerdings seien die Projektionen hier mit großen Unsicherheiten behaftet, sagt er. Generell aber werden sich seiner Einschätzung nach die Fischfangzahlen in allen Weltregionen in der zweiten Jahrhunderthälfte immer stärker verändern. Zumindest dann, wenn die Kohlendioxidemissionen weiter stark steigen und der Klimawandel nicht gebremst wird. Cheung:
    "Wenn wir uns dagegen ein Szenario anschauen, mit sinkenden Emissionen, wie es vor wenigen Monaten auf der Weltklimakonferenz in Paris beschlossen wurde, dann dürften die weltweiten Veränderungen der Fischbestände sehr gering sein und von den Unsicherheiten der Projektionen überlagert werden."