Während viele Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten sowie die Kanzlerin wieder laut über einen harten Lockdown nachdenken, geht das Saarland seinen ganz eigenen Weg. Landeschef Tobias Hans (CDU) sagt, es müsse nach einem Jahr Pandemie mehr Möglichkeiten geben, als nur zu schließen und beschränken.
Stattdessen werden mit dem "Saarland-Modell" ab Dienstag (13.04.) erste Öffnungsschritte getestet. Das bedeutet: Negativ getestete Saarländer dürfen sich wieder mit bis zu zehn Leuten treffen, Theater, Kinos und Außen-Gastro dürfen wieder aufmachen. Und: Sport treiben ist nicht nur draußen wieder möglich, sondern auch drinnen.
Masken- und Abstandspflicht wird nicht immer eingehalten
Das gilt auch seit letzter Woche schon für die Fitnessstudios. Dort darf man mit tagesaktuellem negativen Corona-Test und Maske trainieren. Außerdem werden die Gäste gebeten, Abstand zueinander zu halten und die genutzten Fitnessgeräte zu desinfizieren.
Birgit Schwarze, Vorsitzende des Arbeitgeberverbandes der deutschen Fitness- und Gesundheitsanlagen (DSSV), begrüßte im Dlf den Vorstoß im Saarland. Die Studios hätten sich monatelang auf diesen Schritt vorbereitet. Unter entsprechenden Hygienemaßnahmen sei das Training an Geräten in Fitnessanlagen genauso sicher wie das Einkaufen. "Wir benutzen ja alle unsere Masken."
Schwarze geht davon aus, dass die Einhaltung der Maßnahmen in den Studios im Saarland auch kontrolliert werde. Das sei Sache der Ordnungsgeber vor Ort. In den Sozialen Medien war Bilder aufgetaucht, auf denen ganz klar gegen die geltenden Regeln verstoßen wurde.
Öffnung der Studios umstritten
Forscher der kalifornischen Berkeley-Universität haben herausgefunden, dass die Wahrscheinlichkeit, das Virus zu übertragen, in geschlossenen Räumen rund 19-mal höher ist als draußen. Das Infektionsrisiko hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie etwa dem Aktivitätsgrad. In Fitnessstudios bewegen sich die Menschen mehr und atmen somit stärker. Das erhöht das Risiko.
Berechnungen von Forschern des Berliner Hermann-Rietschel-Instituts ergeben: Ein Training in einem halbvollen Fitnessstudio ist 3,4 Mal so riskant wie ein Einkauf im fast vollen Supermarkt. Eins zu eins übertragbar auf das tatsächliche Infektionsgeschehen in saarländischen Fitnessstudios sind aber auch diese Zahlen nicht, denn: Corona-Tests und eine Kombination aus Lüftung und Luftreinigung können vermutlich zusätzlich dazu beitragen, die Ansteckungsgefahr zu minimieren.
"Es müssen immer Lüftungskonzepte gegeben sein"
Dass Lüftung und Abstand wichtig sind, betont auch Verbandschefin Schwarze: "Es müssen immer Lüftungskonzepte gegeben sein". Ganz entscheidend seien aber die Abstandsregeln. Befragungen zeigten, dass diese auch eingehalten würden. "Uns ist ganz wenig bekannt, dass es überhaupt zu Coronafällen gekommen ist", sagt Schwarze mit Blick auf das letzte Jahr.
Schwarze nimmt die Politik in die Verantwortung und wirft ihr Versagen vor: "Die Fitnessanlagen können nichts dafür, dass zum Beispiel die Politik nicht in der Lage war, rechtzeitig genügend Impfstoff zu bestellen und die entsprechenden Vorkehrungen dann zu treffen, dass die Menschen schnellstmöglich geimpft werden."
"Massive Fehleinschätzung der Politik"
Experten würden vor den massiven psychischen und gesundheitlichen Schäden der gesamten Bevölkerung warnen. Viele Kunden würden sich an den Verband wenden und wegen gesundheitlicher Probleme um Öffnungen bitten.
"Es ist eine massive Fehleinschätzung der Politik gewesen, sich nicht im Sommer letzten Jahres um den Impfstoff zu kümmern so wie es andere Länder, allen voran die USA, getan haben." Die Betriebe und auch die Bevölkerung "müssen jetzt mit diesen Folgen leben."