"Take it down", nehmt sie herunter, riefen die Demonstranten in Charleston und meinen damit die Flagge der Konföderation, das Symbol des sklavenhaltenden Südens. Die Ereignisse in Charleston entfachten die Diskussion um die Flagge, die am Regierungssitz von South Carolina weht. Noch vor einer Woche sagte Lindsey Graham, republikanischer Senator des Bundesstaates und Präsidentschaftsbewerber.
"Die Flagge gehört zu unserer Identität."
Gemeint war die Südstaatenidentität, zu der die Trauer um die im Bürgerkrieg gefallenen Soldaten gehört, nicht unbedingt der Stolz auf Sklaverei. Aber die Flagge ist "ein zutiefst anstößiges Symbol aus einer brutalen und bedrückenden Vergangenheit", räumte Nikki Haley, Gouverneurin South Carolinas ein.
Auch Lindsey Graham lernte binnen Tagen, dass Flagge und Rassismus nicht voneinander zu trennen sind. Er stellte sich hinter eine Gesetzesinitiative gegen das Banner. "Gott helfe South Carolina, wenn es uns nicht gelingt, die Flagge zu entfernen", sagte er jetzt.
Andere Staaten folgten. Virginia, Alabama, auch Mississippi haben den Abschied von einem Symbol eingeleitet, dass schon längst nichts mehr in der Öffentlichkeit zu suchen gehabt hätte. Einzelhändler, Online-Plattformen und Computerfirmen nahmen Spielzeug und Fahnen mit dem Südstaatensymbol aus dem Sortiment.
Das war - streng genommen - seit 150 Jahren überfällig. Die Südstaaten führten 1861 bis 1865 Krieg gegen ihr eigenes Land, die Vereinigten Staaten. Ein Verfassungsbruch, der sicherlich auch für die Kriegsflagge gelten müsste. Aber:
"Das ist doch nur eine Erinnerung an die Männer, die wir im Bürgerkrieg verloren haben."
So argumentiert Pat Hines, der Vorsitzende des Traditionsvereins "South Carolina League of the South". Und viele hatten und haben für eine solche Haltung. Konföderiertenflaggen verkaufen sich dieser Tage sehr gut.
Und auch wenn Präsidentschaftskandidat Jeb Bush findet, die Flagge gehöre ins Museum, wenn sich die demokratische Bewerberin Hillary Clinton gegen die Fahne als rassistisches Symbol ausspricht.
Sie wird Stück für Stück aus dem öffentlichen Raum verschwinden, aber gewiss nicht aus den Vorgärten.
Am Freitag hielt Präsident Obama die Trauerrede für eines der Opfer von Charleston, den 41-jährigen Pfarrer Clementa Pinckney. Er fand die bisher deutlichsten Worte seiner 6-jährigen Präsidentschaft zum Thema Rasse und sprach auch über die Flagge.
"Zu lange waren wir blind gegenüber dem Schmerz, den die Flagge der Konföderierten bei zu vielen unserer Mitbürger verursachte. Es stimmt, die Flagge hat nicht diese Morde versursacht. Aber diese Flagge hat immer mehr als nur Stolz auf eine Herkunft bedeutet. Sie zu entfernen, wäre ganz einfach ein Eingeständnis dafür, dass der Grund des Südens zu Kämpfen, das die Sklaverei falsch war."
Obamas Trauerrede in der Emanuel African Methodist Episcopal Church von Charleston wirkte mehr wie eine Predigt, ein Aufbruch, weniger als eine Abrechnung. Wie ehrlich will Amerika mit seinem Erbe umgehen? Wie weit werden diejenigen gehen, die bislang nicht auf das Banner des sklavenhaltenden Südens verzichten wollten. Eine der großen Gefahren besteht nach Obamas Überzeugung dann, "wenn wir wieder in eine komfortable Stille gleiten."
Eine Stille, die beginnt, wenn Kameras und Reporter verschwinden, wenn die gesetzlich verbotene aber an vielen Orten in Amerika gelebte Rassentrennung wieder zum Alltag wird. Das darf nicht passieren, sagen jetzt viele. Die Entfernung der Kriegsflaggen ist ein Anfang.
Was aus fast 2.000 Schulen in den USA wird, die den Namen eines Südstaatengenerals führen, aus den Robert E. Lee und Jefferson Davies-Straßen und Brücken, aus den Denkmälern für die Männer, die für die Sklaverei als wichtige Institution des Landes kämpften - mit diesen Fragen wird sich Amerika ein anderes Mal auseinandersetzen müssen.