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Fleckenstein (SPD) über Trump
"Gefährlich für das gesamte Europa"

Dass die eigenen Partner nicht hoch im Kurs stehen, aber man jetzt mit dem russischen Präsidenten mal zu Potte kommen wolle, zeige, wes Geistes Kind Trump sei, sagte SPD-Politiker Knut Fleckenstein im Dlf. Das sei am Ende gefährlich für das gesamte Europa, auch für Länder, die nicht in der NATO sind.

Knut Fleckenstein im Gespräch mit Peter Sawicki |
    Knut Fleckenstein, EU-Abgeordneter der SPD
    Knut Fleckenstein, außenpolitischer Sprecher der SPD im Europaparlament, macht sich Sorgen über die Kommunikation zwischen der US-Administration und den europäischen Partnern. (picture alliance/dpa/Markus Scholz)
    Peter Sawicki: Donald Trump und Wladimir Putin sprechen miteinander und sie kommen offensichtlich gut miteinander aus. Ist das für Europa ein Grund zur Freude oder zur Sorge? – Vor der Sendung haben wir darüber mit Knut Fleckenstein gesprochen. Er ist außenpolitischer Sprecher der Sozialdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament. Wir haben ihn in Washington erreicht und ihn zuerst gefragt, ob die Welt heute ein besserer Ort geworden ist.
    Knut Fleckenstein: Na ja. Das kommt darauf an, aus welcher Perspektive man das Ganze sieht. Ich persönlich bin schon der Meinung, dass es richtig ist und einigermaßen gut gelaufen ist sogar. Man wundert sich ja, dass dieses Treffen in Helsinki stattgefunden hat. Da sind wichtige Themen wie SALT-Abkommen und anderes angesprochen worden. Das muss auch geschehen, wenn die Welt besser werden soll. Aber es sind natürlich auch andere Dinge angesprochen worden wie die Einmischung in die Wahlen bei der letzten Präsidentschaftswahl, und da können Sie sich vorstellen, dass meine amerikanischen Gesprächspartner das sehr, sehr kritisch sehen, wie so etwas in dieser Form auf einer Pressekonferenz mit dem russischen Präsidenten erörtert werden kann.
    Präsident "legt auf unsere Nähe nicht sonderlich viel Wert"
    Sawicki: Inhaltlich können wir gleich auf die einzelnen Themen noch mal eingehen. Aber gehen wir noch mal auf das zurück, was Sie gerade gesagt haben. Aus Ihrer Sicht ein positives Zeichen, dass das stattgefunden hat, wie das abgelaufen ist. Würden Sie sagen, miteinander zu reden, ist erst mal eine gute Sache?
    Fleckenstein: Es ist auf jeden Fall eine gute Sache und seit Jahren bemühe ich mich, dass auch in der Europäischen Union das so gesehen wird, dass man miteinander reden muss, wenn man Dinge verbessern will. Aber man muss natürlich auch auf der anderen Seite sehen, wie solche Gespräche vorbereitet werden, und bisher waren wir gewohnt, dass wir mit unseren Alliierten das gemeinsam vorbereiten und dass wir nicht ganz aufgeregt vor dem Fernseher sitzen, was der Präsident der Vereinigten Staaten da so bespricht mit Herrn Putin. Es hat auch gezeigt, dass der amerikanische Präsident auf unsere Nähe nicht sonderlich viel Wert legt, und das macht mir große Sorgen.
    Nicht Partnerschaft, "eher Leviten lesen"
    Sawicki: Inwiefern?
    Fleckenstein: Na ja. Es ist ja so, dass wir nur die letzten Tage Revue passieren lassen müssen. Sein Auftritt beim NATO-Summit, wie er Frau Merkel sich zur Brust genommen hat, und auch der Auftritt in Großbritannien war ja nicht von Partnerschaft in irgendeiner Form geprägt, sondern eher von Leviten lesen. Und das, meine ich, kann in einer gemeinsamen Allianz wie der NATO eigentlich so nicht ablaufen.
    Zumindest Interesse an einem Neustart
    Sawicki: Trump hat ja von positiven Gesprächen, einem Neustart der Beziehungen zu Russland gesprochen. War das auch in einer anderen Atmosphäre nach außen hin heute?
    Fleckenstein: Na ja. Zumindest hatte er vor - und das ist ihm auch zu einem Teil gelungen -, deutlich zu machen nach außen, dass er an einem Neustart Interesse hat. Und es ist so ähnlich wahrscheinlich wie mit den Gesprächen mit Nordkorea. Da hat es auch drei Gespräche der Außenminister und des Präsidenten gegeben, wo jubelnde Überschriften waren, und beim vierten Mal waren dann ganz andere Überschriften da. Da ist man scheinbar dann irgendwann ans Eingemachte gekommen in den Gesprächen. Ob das ein wirklicher Erfolg alles ist, stellt sich ja nur dann heraus, wenn auch ganz konkrete Ergebnisse erzielt werden, und das kann man heute noch gar nicht sagen.
    START-Abkommen "das Wichtigste"
    Sawicki: Was haben Sie denn inhaltlich mitgenommen aus dem, was Sie gehört haben?
    Fleckenstein: Ich halte es für das Wichtigste, dass man über das START-Abkommen sprechen will, das ja 2021 sonst einfach ausläuft.
    Sawicki: Nukleare Abrüstung.
    Fleckenstein: Ja. …, dass man darüber sprechen möchte, wie man in Syrien auch und gerade zunächst als ersten Schritt die humanitäre Hilfe besser organisieren kann, und dann auch gemeinsam darüber nachzudenken, wie man eine Lösung für die sehr komplizierte Lage dort findet. Ich glaube, das ist ein guter Start für solche Gespräche, dass man sich das vorgenommen hat. Mehr ist es ja nicht.
    Ein bisschen Hoffnung anlässlich der Themen
    Sawicki: Können Sie da wirklich was Greifbares erkennen?
    Fleckenstein: Nein, ich kann da noch gar nichts Greifbares erkennen, in allen Punkten noch nicht. Aber die Tatsache, dass die beiden Männer dort eine Liste aufgemacht haben von Themen, an die sie jetzt herangehen wollen, und dass so ein wichtiges Thema wie die humanitäre Situation in Syrien im Vordergrund dort steht, lässt mich zumindest ein bisschen hoffen. Wenn sie das nicht gemacht hätten, wäre es schwieriger gewesen, sagen wir es so. Ob es ein Erfolg wird, weiß man nicht. Das werden die nächsten Wochen erst zeigen müssen. - Aber es sind andere Sachen nicht passiert, die wir befürchtet haben.
    "Die Krim nicht im Galopp mal eben relativiert"
    Sawicki: Zum Beispiel?
    Fleckenstein: Die Krim ist nicht im Galopp mal eben relativiert worden, sondern ganz offensichtlich hat Herr Trump Herrn Putin seine unveränderte Meinung zur Annektierung der Krim gesagt. Zumindest wurde es so in der Pressekonferenz dargestellt. Das ist für uns Europäer natürlich wichtig, dass man nicht völlig wertlos einfach Deals machen will, und insofern hoffe ich, dass das ein Signal ist, dass jetzt konkret gearbeitet wird, um Probleme zu lösen.
    Nicht zur Aufklärung beigetragen
    Sawicki: Ein großes Thema war ja - das haben Sie auch schon angesprochen - die mutmaßliche Einmischung Russlands in den US-Wahlkampf 2016, dessen mutmaßlicher Nutznießer Donald Trump gewesen sein könnte. Beide, Donald Trump und Wladimir Putin, haben das vehement heute zurückgewiesen. War das für Sie glaubwürdig?
    Fleckenstein: Ich kann es Ihnen nicht sagen. Ich meine, es ist klar: Wenn es das gegeben hat, dann wird es deshalb nicht unglaubwürdiger, nur weil die beiden Präsidenten sich gegenseitig das attestieren sozusagen. Nein, dafür gibt es Gerichte, die das herauskriegen müssen, und die Arbeit des Sonderermittlers in den USA wird ja auch weitergehen. Aber zum Beispiel John McCain, der erkrankte Senator, den wir auch in Deutschland gut kennen, hat dazu gesagt, die heutige Pressekonferenz in Helsinki, das war wohl die einfach schlimmste Performance eines amerikanischen Präsidenten seit Menschengedenken, weil er exakt diese innerpolitische Frage nicht hier in Washington diskutiert hat, oder zur Aufklärung beigetragen hat, sondern weil er da diese Show abgeliefert hat mit Präsident Putin.
    "Lieber selbständig und allein"
    Sawicki: Was sagt das aus über Donald Trump und seine Politik auf internationaler Bühne?
    Fleckenstein: Ich glaube, dass es leider richtig ist, wenn man sagt, dieser Präsident ist nicht berechenbar. Und nur die Tatsache, dass der von uns allen erwartete Schaden nicht eingetreten ist heute, sondern das eine oder andere vielleicht sogar positiv zu bewerten ist, ändert nichts an der Tatsache, dass er ganz offensichtlich auf seine Gesprächspartner und deren Meinung keinen großen Wert legt und dass er lieber selbständig und allein, wie er es als Unternehmer gewohnt ist, von Mann zu Mann im wahrsten Sinne des Wortes Geschäfte macht, auch politische.
    "Für die EU keine gute Neuigkeit"
    Sawicki: Das heißt, für die EU sind das alles keine guten Neuigkeiten?
    Fleckenstein: Nee! Insgesamt gesehen ist das für die westlichen Partner in der Allianz, auch für die EU keine gute Neuigkeit, auch wenn wir am Anfang ja zurecht gesagt haben, miteinander reden muss man auf jeden Fall. Lassen Sie uns sehen, was dabei herauskommt. Die Vorbereitung dieser Gespräche und die Tage davor, wo deutlich gemacht wurde, dass die eigenen Partner nicht hoch im Kurs stehen, aber man jetzt mit dem russischen Präsidenten mal zu Potte kommen will, zeigt, wes Geistes Kind Herr Trump ist, und das ist gefährlich für unsere Partnerschaft und ich glaube am Ende auch gefährlich für das gesamte Europa, auch für Länder, die nicht in der NATO sind.
    Sawicki: Der Europaparlamentarier Knut Fleckenstein heute Abend bei uns im Deutschlandfunk. Wir haben vor der Sendung mit ihm über das Treffen von Donald Trump und Wladimir Putin gesprochen.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.