Manfred Kloiber: Einst hatte sie das Format einer Kreditkarte, dann schrumpfte sie auf die Größe eines Daumennagels, um danach noch einmal kleiner zu werden. Die Rede ist von der SIM-Karte. SIM steht für "Subscriber Identity Module" und das Kärtchen mit dem eingebauten Chip, heute gerade noch circa 12 mal 9 Millimeter groß, sorgt dafür, dass sich unser Mobiltelefon mit den Basisstationen unserer Mobilfunkanbieter verbinden kann. Dafür stecken in dem Kärtchen ein winziger Prozessor und verschiedene Speicher mit dem gespeicherten Zugangsprofil. Und obwohl die Karte mittlerweile so winzig ist: Sie ist für viele der aktuellen Anwendungsszenarien einfach zu unpraktisch. Die Lösung heißt elektronische SIM, kurz eSIM, die es seit gut vier Jahren gibt und so langsam ins Rollen kommt. Jan Rähm, noch wird ja die eSIM vor allem in hochwertigen Telefonen verbaut. Heißt das, die elektronische SIM wird nicht gut angenommen?
Jan Rähm: Das kann man so nicht sagen. Vor allem im Endkundengeschäft war es Anfangs ein Henne-Ei-Problem: Die passenden Geräte fehlten, entsprechend hatte kaum ein Provider das eSIM im Angebot, so dass die wenigen Kunden, die sie hätten nutzen können, keine bekommen haben. Das hat sich seit spätestens 2018 aber gewandelt. Laut Aussagen der GSMA, dem internationalen Standardisierungsgremium unter anderem für die SIM-Karte, hat vor allem Apple mit seinen iPhones das eSIM-Geschäft in Gang gebracht; und auch Samsung und Huawei. Mittlerweile finden wir die elektronische Karte in Smartphones, Smart Watches und auch in immer mehr Geräten des sogenannten "Internet der Dinge".
Kloiber: Was die eSIM besser und anders macht als die klassische SIM-Karte und welche Möglichkeiten sich mit der elektronischen SIM ergeben, das haben wir im folgenden Beitrag für Sie zusammengefasst:
Jan Rähm: Das kann man so nicht sagen. Vor allem im Endkundengeschäft war es Anfangs ein Henne-Ei-Problem: Die passenden Geräte fehlten, entsprechend hatte kaum ein Provider das eSIM im Angebot, so dass die wenigen Kunden, die sie hätten nutzen können, keine bekommen haben. Das hat sich seit spätestens 2018 aber gewandelt. Laut Aussagen der GSMA, dem internationalen Standardisierungsgremium unter anderem für die SIM-Karte, hat vor allem Apple mit seinen iPhones das eSIM-Geschäft in Gang gebracht; und auch Samsung und Huawei. Mittlerweile finden wir die elektronische Karte in Smartphones, Smart Watches und auch in immer mehr Geräten des sogenannten "Internet der Dinge".
Kloiber: Was die eSIM besser und anders macht als die klassische SIM-Karte und welche Möglichkeiten sich mit der elektronischen SIM ergeben, das haben wir im folgenden Beitrag für Sie zusammengefasst:
Macht man es sich ganz einfach, dann ist das elektronische Subscriber Identity Module eigentlich nichts anderes, als sein Pendant in Form einer Mini-Chip-Karte. Und doch liegen Welten dazwischen, erklärt Jean-Christophe Tisseuil. Er ist SIM-Experte bei der weltweiten Industrievereinigung der Mobilfunkanbieter, kurz GSMA, und für alles zuständig, was mit dem SIM zu tun hat.
"Das eSIM ist ein Stück Hardware, das wie die austauschbare SIM-Karte funktioniert und sich um die Anmeldung bei Ihrem Moibilfunkprovider kümmert: Austausch der Schlüssel, Festlegen der Berechtigungen, das Mobilfunkprofil. Aber: Mit dem eSIM laden Sie sich das Profil einfach herunter. Sie brauchen nicht mehr ins Geschäft oder auf die Post und auf das bisherige Plastikkärtchen zu warten. Die Übermittlung erfolgt aus der Ferne."
"Das eSIM ist ein Stück Hardware, das wie die austauschbare SIM-Karte funktioniert und sich um die Anmeldung bei Ihrem Moibilfunkprovider kümmert: Austausch der Schlüssel, Festlegen der Berechtigungen, das Mobilfunkprofil. Aber: Mit dem eSIM laden Sie sich das Profil einfach herunter. Sie brauchen nicht mehr ins Geschäft oder auf die Post und auf das bisherige Plastikkärtchen zu warten. Die Übermittlung erfolgt aus der Ferne."
Mobilfunktarif einfach auf das Endgerät laden
Damit ist das eSIM noch flexibler, als die herkömmliche SIM-Karte. Einen Mobilfunktarif lädt sich der Nutzer – wenn alles gut läuft – innerhalb weniger Augenblicke aufs Endgerät. Oder der Anbieter schickt die Konfiguration direkt an Gerät – identifiziert direkt über die ID des digitalen Moduls. Das ist vor allem für industrielle Anwendungen reizvoll. Hunderte, wenn nicht gar tausende der Module, lassen sich vollautomatisiert aus der Ferne mit Tarifen bestücken. Kein Kärtchen mehr, das gewechselt werden müsste. Beispiel Getränkeautomaten: Die meisten von Ihnen haben mittlerweile ein Mobilfunkmodul. Wollte der Betreiber den Mobilfunkanbieter wechseln, müsste er in jedem Automaten die SIM-Karte per Hand austauschen.
Standard-Ausstattung bei neuen Automobilen
Auch beim Auto stellt sich dieses Problem – denn auch hier sind oft mehrere Mobilfunkmodule eingebaut. Jean-Christophe Tisseuil:
"Der Automobilbereich ist eines der Haupteinsatzgebiete des eSIM. Der automatische Notruf eCall ist ja jetzt verpflichtend und das hat den Einsatz des eSIM stark vorangetrieben - genau wie die anderen neuartigen Dienste im Auto. Aber auch auf der Schiene, im Transport ganz allgemein und sogar bei Fahrrädern werden eSIM eingesetzt. Das ist eine riesige Bandbreite von vernetzten, beweglichen Objekten."
Die Palette der industriellen Anwendung reicht noch weiter. Smart Meter werden per Mobilfunk ins Netz gebracht und über Mobilfunk tauschen Maschinen ihre Daten mit der Zentrale aus – um beispielsweise vorausschauende Wartung, die sogenannte "Predictive Maintenance" zu ermöglichen.
"Der Automobilbereich ist eines der Haupteinsatzgebiete des eSIM. Der automatische Notruf eCall ist ja jetzt verpflichtend und das hat den Einsatz des eSIM stark vorangetrieben - genau wie die anderen neuartigen Dienste im Auto. Aber auch auf der Schiene, im Transport ganz allgemein und sogar bei Fahrrädern werden eSIM eingesetzt. Das ist eine riesige Bandbreite von vernetzten, beweglichen Objekten."
Die Palette der industriellen Anwendung reicht noch weiter. Smart Meter werden per Mobilfunk ins Netz gebracht und über Mobilfunk tauschen Maschinen ihre Daten mit der Zentrale aus – um beispielsweise vorausschauende Wartung, die sogenannte "Predictive Maintenance" zu ermöglichen.
Verbraucher bekommen Hoheit über Mobilfunkverträge
Ähnlich vielfältig ist der Einsatz im Endkundenmarkt, erklärt Tim Mois, Geschäftsführer beim Telekommunikationsanbieter sipgate. Denn das eSIM wird meist parallel zum herkömmlichen SIM-Slot verbaut, wodurch die Geräte zwei Mobilanschlüsse gleichzeitig nutzen können.
"Das Spannende daran ist, dass zum ersten Mal seit langer Zeit jetzt die Verbraucher wieder Hoheit über das haben, was sie im Mobilfunk eigentlich machen. Bisher war man darauf angewiesen, mit dem einen Netzbetreiber, der eine SIM geliefert hat, in einem Vertrag alles abzudecken, was nötig war. Jetzt kann man mit dem zweiten Vertrag bestimmte Ergänzungen vornehmen, die bisher nicht gingen, wie zum Beispiel die zweite Rufnummer."
"Das Spannende daran ist, dass zum ersten Mal seit langer Zeit jetzt die Verbraucher wieder Hoheit über das haben, was sie im Mobilfunk eigentlich machen. Bisher war man darauf angewiesen, mit dem einen Netzbetreiber, der eine SIM geliefert hat, in einem Vertrag alles abzudecken, was nötig war. Jetzt kann man mit dem zweiten Vertrag bestimmte Ergänzungen vornehmen, die bisher nicht gingen, wie zum Beispiel die zweite Rufnummer."
Günstige Auslandstarife oder eine Festnetzrufnummer auf dem Handy: Tim Mois zählt noch viele weitere Beispiele auf. Zusätzlich werde das Geschäft mit vernetzten Geräten im Haushalt stark zunehmen, so seine Prognose:
"Der persönliche Bereich, wo es um den Rasenmäher zuhause geht, vielleicht um ein Fahrrad, das Video streamt oder auch der Entertainment-Teil des Autos: Da sehen wir einen starken Anstieg von SIM-Karten über die nächsten fünf oder zehn Jahre. Es gibt Schätzungen, die davon ausgehen, dass bis zum Ende des Jahrzehnts jeder Deutsche deswegen zehn SIM-Karten haben wird statt heute einer. Das wird sicherlich das Geschäft deutlich verändern."
Wie kommt das Mobilfunk-Profil auf das eSIM?
Die meisten der genannten zehn SIM-Karten werden mit hoher Wahrscheinlichkeit elektronische SIM sein. Allerdings ist das Handling der Mobilfunktarife via eSIM von Netzbetreiber zu Netzbetreiber zum Teil ganz unterschiedlich. Manche schicken noch einen klassischen Brief, andere zeigen QR-Codes, die man mit dem Handy scannt. Wieder andere senden das Profil digital zu, wofür man natürlich irgendwie im Netz sein muss, zum Beispiel per WLAN. Dass diese vielen Wege für Anwender verwirrend sein können, räumt Jean-Christophe Tisseuil von der GSMA ein:
"Ich denke, es ist wichtig, dass es verschiedene Möglichkeiten gibt. Es gibt ja auch verschiedene Szenarien. Aber wir sind auch noch mitten in einem Lernprozess. Sie werden sehen, dass die beste Lösung für die Verbraucher und die beste Kundenerfahrung schon bald zur Verfügung stehen wird."
"Ich denke, es ist wichtig, dass es verschiedene Möglichkeiten gibt. Es gibt ja auch verschiedene Szenarien. Aber wir sind auch noch mitten in einem Lernprozess. Sie werden sehen, dass die beste Lösung für die Verbraucher und die beste Kundenerfahrung schon bald zur Verfügung stehen wird."
Kloiber: Die Mobilfunkindustrie befindet sich also noch im Lernprozess beim eSIM erklärt der Industrie-Vertreter. Potentiell verwirrende Abläufe bei der Nutzung des eSIM – ist das das einzige Problem, Jan?
Rähm: Ich fürchte nein. Vielmehr kommen alte Probleme zurück. Zum Beispiel: Koppelung von Geräten an Provider und andersherum. Da hatten wir jüngst den prominenten Fall, dass Apple seine Smart Watches per Update dazu gebracht hat, nur noch eSIM-Profile von Apples Kooperationspartnern zu akzeptieren. Zahlreiche Kunden von sogenannten Resellern hat das verständlicherweise ziemlich verärgert. Schließlich liefen die Uhren mehr als ein halbes Jahr komplett störungsfrei mit den eigentlich nicht zugelassenen Profilen. Auch ein Problem: ich kann eine SIM-Karte nicht einfach von einem Handy zum nächsten tauschen. Hier brauche ich immer den Anbieter, der mir ein neues eSIM-Profil zur Verfügung stellt. Ein weiteres Problem: gänzlich anonyme Prepaid-SIMs werden mit der eSIM nahezu unmöglich. Und schlussendlich noch ein denkbares Problemchen: als privater Anwender die Übersicht zu wahren, welches digitale Profil mit welchem Tarif bei welchem Anbieter ich in welchem Gerät habe. Hier könnten eSIM-Management-Lösungen helfen, die es so für private Anwender noch nicht gibt.
Kloiber: Und doch überwiegen die Vorteile die Nachteile?
Rähm: Ich denke ganz klar. Das ist natürlich die hohe Flexibilität – sowohl im privaten wie im geschäftlichen bzw. industriellen Einsatz. Zudem spart das eSIM viel Platz ein, laut Branchenbeschreibungen in einer smarten Uhr zum Beispiel rund ein Viertel des vorhandenen Platzes. Auch der Versand der elektronischen Profile ist weniger anfällig für kriminelle Machenschaften. Nicht selten wurden SIM-Karten aus Plastik bereits aktiviert per Post verschickt und abgefangen, was überraschten Kunden Tausende Euro auf die Rechnung brachte. Und durch die Fernprovisionierung, also das Aufspielen der SIM-Profile aus der Ferne, wird der massenhafte Einsatz von IoT erst richtig wirklich gut handhabbar.
Kloiber: Damit ist das eSIM Treiber für das IoT und andersherum. Kann man also sagen: Das elektronische SIM ist die Spitze der SIM-Karten-Evolution?
Rähm: Mitnichten: das eSIM hat sich noch gar nicht richtig durchgesetzt und schon steht die nächste Weiterentwicklung vor der Tür – das iSIM. iSIM steht für "Integrated SIM". Daher: das SIM braucht keine eigene Hardware mehr, sondern wird direkt im Chipsatz des Platinenherstellers untergebracht – das kann direkt im Modem-Chipsatz sein oder auch auf der Hauptplatine. Man spricht von einem sogenannten System on Chip, kurz SoC. Die Vorteile: Es wird nochmal weniger Platz gebraucht und das iSIM soll beim Energiesparen helfen, weil eben kein zusätzlicher Chip Energie braucht. Sie sehen also, die Entwicklung der SIM-Karte schreitet weiter voran. Die Tage der Plastik-SIM jedoch, die scheinen gezählt.
Rähm: Ich fürchte nein. Vielmehr kommen alte Probleme zurück. Zum Beispiel: Koppelung von Geräten an Provider und andersherum. Da hatten wir jüngst den prominenten Fall, dass Apple seine Smart Watches per Update dazu gebracht hat, nur noch eSIM-Profile von Apples Kooperationspartnern zu akzeptieren. Zahlreiche Kunden von sogenannten Resellern hat das verständlicherweise ziemlich verärgert. Schließlich liefen die Uhren mehr als ein halbes Jahr komplett störungsfrei mit den eigentlich nicht zugelassenen Profilen. Auch ein Problem: ich kann eine SIM-Karte nicht einfach von einem Handy zum nächsten tauschen. Hier brauche ich immer den Anbieter, der mir ein neues eSIM-Profil zur Verfügung stellt. Ein weiteres Problem: gänzlich anonyme Prepaid-SIMs werden mit der eSIM nahezu unmöglich. Und schlussendlich noch ein denkbares Problemchen: als privater Anwender die Übersicht zu wahren, welches digitale Profil mit welchem Tarif bei welchem Anbieter ich in welchem Gerät habe. Hier könnten eSIM-Management-Lösungen helfen, die es so für private Anwender noch nicht gibt.
Kloiber: Und doch überwiegen die Vorteile die Nachteile?
Rähm: Ich denke ganz klar. Das ist natürlich die hohe Flexibilität – sowohl im privaten wie im geschäftlichen bzw. industriellen Einsatz. Zudem spart das eSIM viel Platz ein, laut Branchenbeschreibungen in einer smarten Uhr zum Beispiel rund ein Viertel des vorhandenen Platzes. Auch der Versand der elektronischen Profile ist weniger anfällig für kriminelle Machenschaften. Nicht selten wurden SIM-Karten aus Plastik bereits aktiviert per Post verschickt und abgefangen, was überraschten Kunden Tausende Euro auf die Rechnung brachte. Und durch die Fernprovisionierung, also das Aufspielen der SIM-Profile aus der Ferne, wird der massenhafte Einsatz von IoT erst richtig wirklich gut handhabbar.
Kloiber: Damit ist das eSIM Treiber für das IoT und andersherum. Kann man also sagen: Das elektronische SIM ist die Spitze der SIM-Karten-Evolution?
Rähm: Mitnichten: das eSIM hat sich noch gar nicht richtig durchgesetzt und schon steht die nächste Weiterentwicklung vor der Tür – das iSIM. iSIM steht für "Integrated SIM". Daher: das SIM braucht keine eigene Hardware mehr, sondern wird direkt im Chipsatz des Platinenherstellers untergebracht – das kann direkt im Modem-Chipsatz sein oder auch auf der Hauptplatine. Man spricht von einem sogenannten System on Chip, kurz SoC. Die Vorteile: Es wird nochmal weniger Platz gebraucht und das iSIM soll beim Energiesparen helfen, weil eben kein zusätzlicher Chip Energie braucht. Sie sehen also, die Entwicklung der SIM-Karte schreitet weiter voran. Die Tage der Plastik-SIM jedoch, die scheinen gezählt.