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Flirten in der Bibliothek

Eine Universitätsbibliothek ist eigentlich nicht gut für einen Flirt geeignet. Es muss Ruhe herrschen und die meisten Studentinnen und Studenten sind im Lernstress. Dennoch wird derzeit an deutschen Unibibliotheken ordentlich gebaggert. Grund dafür ist ein neues Internet-Portal namens Bibflirt.

Von Nadine Diehl |
    "An die große, gutaussehende, blonde Studentin mit dem überaus entzückenden und farbenfrohen, Blümchenschal: Ich war eben einfach nur wehrlos gegen deine überragend blauen Augen, sodass ich es glatt versäumt habe, dich anzusprechen."

    Das ist eine von rund 1.700 Nachrichten, die seit Anfang Januar auf Bibflirt gepostet wurden. Geschrieben hat sie der 25-jährige Ivo Ebert. Er studiert Verfahrenstechnik an der Hochschule Mannheim und war eigentlich in die Bibliothek gekommen, um für seine anstehenden Klausuren zu lernen. Doch dann passierte etwas, auf das er nicht vorbereitet war.

    "Ich war unten Eine rauchen und beim wieder Hochlaufen kam mir dann die besagte Person entgegen. Ich war in dem Moment baff und gelähmt, sodass ich da gar nicht reagiert habe. Dann ging mir es den ganzen Tag auch nicht mehr aus dem Kopf. Ich habe dann abends gedacht, man kann es ja mal probieren, vielleicht funktioniert es."

    Und es hat funktioniert: Zwei Tage später antwortete ihm die Studentin. Erinnern konnte sie sich nicht an Ivo, doch das Facebook-Profil des gutaussehenden jungen Mannes, der in seiner Freizeit Rennrad fährt, gefiel ihr. Seitdem treffen sich die beiden regelmäßig. Ohne Bibflirt wäre das nicht so einfach gewesen, glaubt Ivo Ebert.

    "Ich hätte die ganzen Semesterferien hier wahrscheinlich in der Bibliothek verbracht und auf sie gewartet. Ich hab jetzt dadurch die Möglichkeit gehabt, eine Frau kennen zu lernen, die ich wahrscheinlich nicht mehr gesehen hätte. Ich habe eigentlich keine Schwierigkeiten auf Frauen zuzugehen, nur bei DER Frau war ich einfach überrascht und konnte auch nicht reagieren."

    Und genau das ist das Bibflirt-Prinzip. Gegründet haben die Seite vier Studenten aus Heidelberg. Einer von ihnen ist der Politikstudent Nik Myftari. Er selbst hat seine Freundin in der Bibliothek kennengelernt und kennt Ivos Problem. Er hat sie erst nach einer langen Suche wiedergefunden. Denn in der Bib zu flirten, ist gar nicht so einfach, weiß Nik.

    "Viele Studenten flirten gerne. Das Problem ist nur, dass sie in der Bib einfach nicht die Möglichkeit dazu haben. Sie verpassen entweder den richtigen Moment, diejenige Person dann anzusprechen. Man darf nicht reden und man ist mit dem Lernen gestresst. Was wir machen können ist, den ersten Kontakt zu vereinfachen – also diesem Zufall eine zweite Chance zu geben."

    Mittlerweile nutzen laut Nik Myftari pro Tag bundesweit rund hundert Studenten diese zweite Chance und posten eine Flirtbotschaft. In den Unis in Heidelberg, Kiel, Göttingen und Bremen werden die meisten Nachrichten abgeschickt. Jede vierte werde sogar beantwortet. Zwei Drittel der Nachrichten stammen von Frauen. Diese Quote überrascht auch Bibflirt-Gründer Nik Myftari. Er glaubt, die Gründe zu kennen.

    "Ich glaube, erstens weil sich Frauen wahrscheinlich weniger trauen, ihren Schwarm in der Bib oder Vorlesung anzusprechen. Und zweitens wollen wahrscheinlich auch viele über Bibflirt angesprochen werden. Also wir hätten nie damit gerechnet, dass so viele Frauen Bibflirt mögen und das Ganze auch süß finden."

    Weil Bibflirt so beliebt ist, wollen Nik Myftari und seine Kommilitonen jetzt sogar expandieren – mit dem internationalen Portal "Spotted University". Das Konzept, den Traummann oder die Traumfrau, über eine Flirtbotschaft im Netz wiederzufinden, ist nicht neu. So genannte "Spotted"-Facebookseiten gibt es schon seit vergangenem Dezember. Mit ihnen versucht Bibflirt nun zu kooperieren. Angefangen hat der Hype im angelsächsischen Raum und schwappte dann nach Deutschland. Den Bibliotheksalltag an deutschen Universitäten haben diese Seiten schon jetzt verändert, finden die Studenten.

    "Seit es Spotted gibt, sind die Menschen auf einmal hübscher in der Bib. Also ich hab auch schon von Leuten gehört, die nicht mehr hingehen wollen, weil das ihnen zu stressig ist."

    "So ein Knistern liegt in der Luft und man achtet viel mehr auf Blicke und man interpretiert sie teilweise auch falsch."

    "Die ersten Tage als ich in der Bibliothek war, fand ich es schon ein komisches Gefühl, als man dann wusste, dass vielleicht Leute schauen. Ich fühle mich irgendwie teilweise beobachtet. Es kann ja jederzeit passieren, dass irgendjemand irgendwas schreibt."

    Für Ivo Ebert hat es sich gelohnt, etwas auf Bibflirt zu schreiben. Denn ohne das Portal hätte er den Valentinstag wahrscheinlich alleine verbracht.