![Donald Trump sitzt am Schreibtisch im Oval Office und unterzeichnet ein Dekret. Donald Trump sitzt am Schreibtisch im Oval Office und unterzeichnet ein Dekret.](https://bilder.deutschlandfunk.de/f1/2e/84/8a/f12e848a-d569-486e-b7fd-550d0edc5c64/trump-unterzeichnet-dekrete-100-1920x1080.jpg)
Wie geht Trump vor?
Trump hat in den ersten Wochen seiner zweiten Amtszeit so viele Dekrete, Richtlinien und Anordnungen unterzeichnet wie noch kein Präsident vor ihm. Eine kleine Auswahl: Er ordnete den Austritt aus der Weltgesundheitsorganisation und dem Pariser Klimaabkommen an, hob das Verfassungsprinzip des Rechts auf Staatsbürgerschaft durch Geburt auf, schränkte den Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen ein und begnadigte 1.500 verurteilte Gewalttäter, die am Sturm auf das Kapitol beteiligt waren. Zudem beherrschte er mit Vorschlägen zur Umsiedlung von Millionen von Palästinensern aus dem Gazastreifen sowie zu einer möglichen Annektion Grönlands und Kanadas die internationalen Schlagzeilen.
Die Publizistin und Historikerin Annika Brockschmidt spricht von einem "administrativen Staatstreich". Die Beschlüsse erfolgten derart schnell hintereinander, dass die Menschen mit der Verarbeitung gar nicht mehr hinterherkämen, sagte sie im Deutschlandfunk. Ziel von Trumps Regierung sei es, die Bevölkerung und den politischen Gegner zu erschöpfen. "Die Menschen ziehen sich dann aus Überforderung lieber ins Private zurück." Auch die Medien könnten bei der Taktung nicht mithalten und ihre Beobachter- und Kontrollfunktion nicht mehr in Gänze wahrnehmen.
Dass viele der Anordnungen letztlich von Gerichten gestoppt werden könnten, sei einkalkuliert, meint der USA-Korrespondent der ARD, Ralf Borchard. "Erreicht Trump dann am Ende nur einen Teil, verkauft er auch das als Erfolg." Oder er führe es als Beweis für einen angeblich korrupten Rechtsstaat an, so Borchard.
Woher kommt die Taktik "Flood the zone“?
Trumps Methode der Reizüberflutung geht auf seinen früheren Berater Steve Bannon zurück. Dieser beschrieb die Taktik erstmals 2018 in einem Interview als ”Flood the zone with shit”. Gegner seien dabei weniger die Demokraten, sondern die Medien. Diese könnten sich immer nur auf wenige Dinge konzentrieren. 2019 sagte Bannon dem Fernsehsender PBS: "Alles, was wir tun müssen, ist: Den Raum überfluten, jeden Tag. Drei Dinge auf einmal tun. Wenn sie sich an einer Sache festbeißen, erledigen wir schon die nächste.“
Der US-Publizist Jonathan Rauch spricht von einer "Strategie der Desorientierung" durch permanente Desinformationen, Lügen und Provokationen. Das Magazin Vox schrieb 2020, Ziel sei es, Verwirrung zu stiften und das Misstrauen der Bevölkerung in traditionelle Medien weiter zu untergraben. Aus Sicht der "New York Times" wird die Strategie in Trumps zweiter Amtszeit noch viel "größer, umfassender und effizienter" umgesetzt als in seiner ersten. Maßgeblich dafür sei Trumps Wahlkampf-Berater und stellvertretender Stabschef des Weißen Hauses, Miller.
Wie reagieren Demokraten, Menschenrechtler und Medien?
Gegen zahlreiche Dekrete von Trumps haben Bundestaaten, Bürgerrechtler, Gewerkschaften und Einzelpersonen inzwischen Klage eingereicht - mit ersten Erfolgen. So stoppte ein Bundesgericht vorerst den Plan von Trump, das in der Verfassung verankerte Geburtsrecht auf Staatsbürgerschaft abzuschaffen. Ein US-Bundesrichter in Washington hob die Zerschlagung der Entwicklungsbehörde USAID in Teilen auf und setzte die geplante Zwangsfreistellung von 2.200 Mitarbeitern aus.
Der demokratische Kongressabgeordneter Connolly aus Virginia schrieb auf X, die Geschwindigkeit, mit der die Trump-Regierung ihre Beschlüsse fasse, führe zwangsläufig zu Ungenauigkeiten und Fehlern. Die Regierung werde mit einer Vielzahl der Beschlüsse vor Gericht scheitern. Der den Demokraten nahestehende Politikberater Andrew Koneschusky betont: "Der Widerstand in den USA ist nicht verschwunden, er hat sich von der Straße in die Gerichte verlagert." Die Opposition sei heute weniger auffällig als früher, aber nicht unbedingt weniger effektiv.
Aus Sicht der künftigen USA-Korrespondentin des Deutschlandfunks, Anne Raith, gibt es auch für Medien Strategien, um auf Trumps Flut an täglichen ”Sprengsätzen” zu reagieren. So gelte es, seine Rhetorik vom inhaltlichen Kern zu trennen und diesen herausarbeiten. Sie rief Journalisten dazu auf, gewisse Begriffe und Bilder nicht weiter zu transportieren – etwa die "Riviera im Nahen Osten" oder die von Trump angekündigten "millionenfachen" Abschiebungen. Zugleich müsse man sich über eine möglicherweise eintretende "Ermüdung" hinwegsetzen. "Wir können nicht nicht berichten", sagte Raith im Deutschlandfunk. Dazu sei die Fallhöhe von Trumps Entscheidungen und Aussagen zu hoch.
Was ist mit dem US-Kongress?
Der US-Kongress hat die Möglichkeit, präsidiale Dekrete durch ein neues Gesetz zu ersetzen oder Gelder zu dessen Ausführung zu stoppen. Die Republikaner verfügen aktuell allerdings über eine Mehrheit in beiden Kammern. Daran wird sich frühestens nach den Mid-Term-Wahlen im November 2026 etwas ändern. Das Nachrichtenmagazin "Spiegel" weist indes darauf hin, dass der Kongress spätestens im Sommer das Schuldenlimit für den US-Haushalt anheben muss. Trump könnte dann auf die Zustimmung von Demokraten angewiesen sein und von diesen zu Zugeständnissen in anderen Bereichen gezwungen werden.
Diese Nachricht wurde am 08.02.2025 im Programm Deutschlandfunk gesendet.