In einer der zwölf Notunterkünfte an der costa-ricanisch-nicaraguanischen Grenze sitzt Roberto auf dem Boden und träumt von Miami. Dort erwarten ihn Angehörige, die Kuba schon lange vor ihm verlassen haben:
"Ich könnte den amerikanischen Traum schaffen. Wenn ich ankomme, kann ich erst einmal in meinem Beruf arbeiten. Wer weiß, auf jeden Fall habe ich dort viel mehr Möglichkeiten als in Kuba."
Der 30-jährige Buchhalter aus Camagüey will endlich ankommen. Aber seit vier Wochen muss er an der Grenze warten. Anfang November ist er mit seiner Frau und seinem Cousin aufgebrochen, hat seinen Sohn zurückgelassen, weil er ihn keinem Risiko aussetzen wollte. Nach dem Flug nach Ecuador, dem einzigen Land, in das Kubaner bis zum 1. Dezember noch Visa-frei reisen durften, ging es zu Fuß weiter durch Kolumbien, durch den Dschungel, dann mit dem Boot nach Panama.
7.000 Kilometer lange Fluchtroute in die USA
Roberto hat miterlebt, wie ein Kleinkind über Bord ging und ertrank. Er hat die 7.000 Kilometer lange neue Fluchtroute der alten vorgezogen: Die ist nur 144 Kilometer kurz und geht im rostigen Kahn von Kuba direkt nach Florida. Da gilt das Gesetz des "trockenen Fußes": Wer noch auf dem Wasser von der US-Küstenwache erwischt wird, muss zurück. Wer es aber auf US-amerikanischen Boden schafft, der bekommt Asyl. Die Befürchtung, dass die USA diese Sonderregel für Kubaner im Zuge der Annäherung abschaffen könnte, war für Roberto allerdings kein Fluchtgrund:
"Ich bin gegangen, weil ich noch über Ecuador ausreisen konnte. Aber vor allem wegen der schlechten wirtschaftlichen Lage bei uns. Annäherung hin oder her. Ich will nicht mehr warten. Ich habe dort keine Zukunft, obwohl ich studiert habe. Mit meinem Gehalt von 10 US-Dollar im Monat kann ich keine Familie ernähren. Das reicht nicht."
Auch die anderen in Costa Ricas Notunterkunft hatten das Warten auf bessere Zeiten satt. Lieber harren sie an der Grenze aus. Es ist unklar, ob die Regierung Nicaraguas ihre harte Haltung aufgibt und die Kubaner durchreisen lässt. Sie wolle damit zeigen, dass sie die US-Sonderregel für Kubaner ablehne, so die offizielle Begründung.
Costa Rica steht allein mit dem Problem
Washington kommentiert die Flüchtlingskrise lieber nicht, weil man sich auf dünnem diplomatischem Eis bewegt. So fühlt sich Costa Rica mit dem Problem allein gelassen. Präsident Guillermo Solis hat in dieser Woche in Havanna mit Raul Castro gesprochen - ergebnislos:
"Wir bemühen uns diplomatisch weiter, ein Abkommen zu erreichen, das den Kubanern die Weiterreise ermöglicht. Die Präsidenten Mittelamerikas werden sich in den nächsten Tagen treffen, und dann hoffen wir auf gute Neuigkeiten."
Knapp fünf Wochen dauert das Tauziehen schon. Solis hat den Kubanern versprochen, sie nicht zu deportieren. Die kommunistische kubanische Regierung hatte ihnen die Rückkehr angeboten. Darüber schütteln Roberto und seine Mitreisenden aber nur den Kopf. Sie wollten schließlich nur runter von der Insel:
"Sehr viel mehr wollen weg. Ich habe von vielen, die noch da sind, gehört, dass sie jetzt andere Wege suchen. Ecuador lässt sie ja nicht mehr ohne Visum rein. Sie werden es eben wieder mit selbstgebauten Flößen versuchen."
Und ihr Leben auf dem Meer riskieren, oder die Abschiebung durch die US-Küstenwache. Roberto hofft noch, dass er bis Weihnachten in Miami ist. Dann will er die Familienzusammenführung beantragen, damit sein Sohn schnell zu ihm kommen kann. Das wäre sein schönstes Geschenk.