Der Marktplatz von Karlsruhe. Ibraimo Alberto steht am Straßenrand und beobachtet die Menschen, die in die Bahn einsteigen. Er hat die Hände hinter dem Rücken gefaltet, er lächelt, wirkt zufrieden. Hin und wieder hebt er den rechten Zeigefinger, deutet auf eine Frau mit dunkler Hautfarbe oder einen Jungen mit asiatischen Wurzeln, als könne er nicht glauben, was er da sehe. Im brandenburgischen Schwedt an der Grenze zu Polen war Alberto Jahre lang der einzige, der anders aussah. Wegen seiner Hautfarbe wurde er wie ein Fremder behandelt. In Karlsruhe ist er nun einer von vielen.
"’Egal, wie du aussiehst, da wird nicht hingeguckt. Seitdem ich hier bin, habe ich nirgendwo gehört, auch nicht in Unterhaltungen, ich sei nur ,der Afrikaner’. Die sagen nicht: der Neger, nein gar nicht. Keiner erschreckt sich. Das schmeckt einfach, sehr schön.’"
Anfang der achtziger Jahre war Ibraimo Alberto aus Mosambik nach Ost-Berlin gereist. Er sehnte sich nach einem besseren Leben und arbeitete hart. Nach dem Mauerfall zog er nach Schwedt, wegen einer Frau - und wegen des Sports. Er wollte ein berühmter Boxer werden.
Alberto kämpfte für Schwedt in der Bundesliga. Das machte ihn bekannt, aber nicht unbesiegbar. Immer wieder wurde er von Neonazis angegriffen, bespuckt, bedroht. Immer wieder spürte er die Abneigung der Menschen im Alltag, im Supermarkt, auf dem Spielplatz, im Kino. Er nahm ihre ausweichenden Blicke zur Kenntnis, ihre unfreundlichen Antworten. Er fragte sich immer mehr: Mache ich etwas falsch?
"’Wie naiv ich war, da ärgere ich mich drüber, wie naiv ich war. Warum habe ich so lange an die falschen Menschen geglaubt, die sagen: ja, wird was, wird was, fast 21 Jahre.’"
Seit 2006 hatte Alberto in Schwedt keinen Job mehr gefunden, doch als ehrenamtlicher Ausländerbeauftragter nahm er allein 2011 an mehr als 50 Veranstaltungen teil. Er sprach auf Integrationsfesten, leitete Diskussionen in Schulen, organisierte Fußballturniere. Alberto boxte sich durch, bis er merkte, dass ein Sieg für ihn gar nicht möglich war. Sein 17 Jahre alter Sohn wurde während eines Fußballspiels als "Negersau" bezeichnet. Alberto schritt ein, wurde als "Negerhurensohn" beschimpft. Unter den Zuschauern wollte niemand helfen. Im Sommer 2011 fasste Alberto den Entschluss, Schwedt zu verlassen.
"’Es ist wie ein Sechser im Lotto, diese Stadt zu erwischen, wirklich.’"
Albertos neue Heimat ist Karlsruhe, hier war er 2009 als Gast auf einem Kongress zum Thema Rechtsextremismus gewesen. Hier hat er einen Job gefunden. Alberto betreut Menschen mit schweren Behinderungen, die auf einen Rollstuhl angewiesen sind. Er bringt sie zum Arzt, begleitet sie zu Behörden, geht mit ihnen ins Kino. Alberto hat mit seiner Familie eine Vierzimmerwohnung bezogen, sein Sohn hat einen Ausbildungsplatz zum Sporttherapeuten erhalten. Nur das lichter werdende Haar deutet darauf hin, dass Alberto bald 50 Jahre alt wird. Er steht jetzt vor dem Karlsruher Schloss und mustert die Fassade. Viel Zeit hat er nicht mehr. Alberto hat eine Sporttasche geschultert, denn ohne Sport geht es nicht.
Die Sporthalle der Gutenbergschule im Westen von Karlsruhe, hier sind die Boxer des Karlsruher Sport-Clubs zu Hause. In den Kellerräumen der Halle bearbeiten die Kämpfer schwere Sandsäcke, es riecht nach Schweiß und mittendrin: Ibraimo Alberto. In Schwedt war er einer der besten Boxer gewesen, Plakate mit seinem Konterfei hingen dort an den Wänden der Halle. In Karlsruhe will Alberto nicht mehr um Titel kämpfen, dafür ist er zu alt. Er möchte sich fit halten, Teil eines sozialen Netzwerks sein.
"’Ich trainiere wie ein Aktiver, auch so wie ich immer engagiert war und motiviere die jungen Leute. Wir haben drei Trainer und die freuen sich immer darüber sehr, dass ich so voll motiviert bin. Ich werde immer so wie ein Aktiver eingeplant.’"
In Karlsruhe erzählt Alberto den jungen Boxern, dass Toleranz keine Selbstverständlichkeit ist. Viele Nachwuchskämpfer können seine Geschichte kaum glauben. In Schwedt dagegen sind sie nicht mehr so gut auf Alberto zu sprechen. Er übertreibe maßlos, heißt es, er tue der Stadt unrecht. Doch haben sich die Schwedter wirklich in seine Situation versetzen können? Alberto macht mit seiner rechten Hand eine wegwerfende Bewegung. Zum ersten Mal seit mehr als dreißig Jahren fühlt er sich in Deutschland nicht mehr fremd.
"’Egal, wie du aussiehst, da wird nicht hingeguckt. Seitdem ich hier bin, habe ich nirgendwo gehört, auch nicht in Unterhaltungen, ich sei nur ,der Afrikaner’. Die sagen nicht: der Neger, nein gar nicht. Keiner erschreckt sich. Das schmeckt einfach, sehr schön.’"
Anfang der achtziger Jahre war Ibraimo Alberto aus Mosambik nach Ost-Berlin gereist. Er sehnte sich nach einem besseren Leben und arbeitete hart. Nach dem Mauerfall zog er nach Schwedt, wegen einer Frau - und wegen des Sports. Er wollte ein berühmter Boxer werden.
Alberto kämpfte für Schwedt in der Bundesliga. Das machte ihn bekannt, aber nicht unbesiegbar. Immer wieder wurde er von Neonazis angegriffen, bespuckt, bedroht. Immer wieder spürte er die Abneigung der Menschen im Alltag, im Supermarkt, auf dem Spielplatz, im Kino. Er nahm ihre ausweichenden Blicke zur Kenntnis, ihre unfreundlichen Antworten. Er fragte sich immer mehr: Mache ich etwas falsch?
"’Wie naiv ich war, da ärgere ich mich drüber, wie naiv ich war. Warum habe ich so lange an die falschen Menschen geglaubt, die sagen: ja, wird was, wird was, fast 21 Jahre.’"
Seit 2006 hatte Alberto in Schwedt keinen Job mehr gefunden, doch als ehrenamtlicher Ausländerbeauftragter nahm er allein 2011 an mehr als 50 Veranstaltungen teil. Er sprach auf Integrationsfesten, leitete Diskussionen in Schulen, organisierte Fußballturniere. Alberto boxte sich durch, bis er merkte, dass ein Sieg für ihn gar nicht möglich war. Sein 17 Jahre alter Sohn wurde während eines Fußballspiels als "Negersau" bezeichnet. Alberto schritt ein, wurde als "Negerhurensohn" beschimpft. Unter den Zuschauern wollte niemand helfen. Im Sommer 2011 fasste Alberto den Entschluss, Schwedt zu verlassen.
"’Es ist wie ein Sechser im Lotto, diese Stadt zu erwischen, wirklich.’"
Albertos neue Heimat ist Karlsruhe, hier war er 2009 als Gast auf einem Kongress zum Thema Rechtsextremismus gewesen. Hier hat er einen Job gefunden. Alberto betreut Menschen mit schweren Behinderungen, die auf einen Rollstuhl angewiesen sind. Er bringt sie zum Arzt, begleitet sie zu Behörden, geht mit ihnen ins Kino. Alberto hat mit seiner Familie eine Vierzimmerwohnung bezogen, sein Sohn hat einen Ausbildungsplatz zum Sporttherapeuten erhalten. Nur das lichter werdende Haar deutet darauf hin, dass Alberto bald 50 Jahre alt wird. Er steht jetzt vor dem Karlsruher Schloss und mustert die Fassade. Viel Zeit hat er nicht mehr. Alberto hat eine Sporttasche geschultert, denn ohne Sport geht es nicht.
Die Sporthalle der Gutenbergschule im Westen von Karlsruhe, hier sind die Boxer des Karlsruher Sport-Clubs zu Hause. In den Kellerräumen der Halle bearbeiten die Kämpfer schwere Sandsäcke, es riecht nach Schweiß und mittendrin: Ibraimo Alberto. In Schwedt war er einer der besten Boxer gewesen, Plakate mit seinem Konterfei hingen dort an den Wänden der Halle. In Karlsruhe will Alberto nicht mehr um Titel kämpfen, dafür ist er zu alt. Er möchte sich fit halten, Teil eines sozialen Netzwerks sein.
"’Ich trainiere wie ein Aktiver, auch so wie ich immer engagiert war und motiviere die jungen Leute. Wir haben drei Trainer und die freuen sich immer darüber sehr, dass ich so voll motiviert bin. Ich werde immer so wie ein Aktiver eingeplant.’"
In Karlsruhe erzählt Alberto den jungen Boxern, dass Toleranz keine Selbstverständlichkeit ist. Viele Nachwuchskämpfer können seine Geschichte kaum glauben. In Schwedt dagegen sind sie nicht mehr so gut auf Alberto zu sprechen. Er übertreibe maßlos, heißt es, er tue der Stadt unrecht. Doch haben sich die Schwedter wirklich in seine Situation versetzen können? Alberto macht mit seiner rechten Hand eine wegwerfende Bewegung. Zum ersten Mal seit mehr als dreißig Jahren fühlt er sich in Deutschland nicht mehr fremd.