Absurde Szenen ganz im Norden - jenseits des Polarkreises. Im Niemandsland zwischen Russland und Norwegen strampeln syrische Flüchtlinge - mit Gepäck - auf gerade gekauften Klapprädern über die Grenze. Es ist der nördlichste Übergang in den Schengenraum. Kurze Zeit später im norwegischen Kirkenes angekommen, haben die Fahrräder schon wieder ausgedient. Das hier sind die Fährräder, die die Asylsuchenden zurückgelassen haben, sagt der norwegische Polizist Stein Kristian Hansen, und zeigt auf dutzende, alte, klapprige aber auch neue Räder.
Russische Vorschriften verbieten es, die Grenze zu Fuß zu überqueren, man muss rollen, um legal nach Norwegen zu kommen. Aber auch im Auto dürfen Flüchtlinge nicht mitgenommen werden - es drohen Strafen wegen Schleuserei. "Und da wir mit den Strafen drohen", so Polizist Hansen, "nehmen die Flüchtlinge eben ein Rad". Auch Amir und Ashraf haben den langen Weg von Syrien über Moskau und Murmansk bis an die norwegische Grenze überstanden, und - die letzten Meter auf zwei Rädern zurückgelegt. "Ich hab so viele Ziele, die ich erreichten möchte, aber das ist in Syrien nicht möglich", so Amir, und Ashraf ergänzt: "Es ist schon traurig, aber ich schau nach vorn, es wird besser, hoffentlich."
Von Moskau weiter an die Grenze
Schon mehr als 2000 Flüchtlinge aus Syrien und aus Afghanistan sollen über die Polarroute nach Norwegen eingereist sein. Mit einem Touristen- oder Studentenvisum ging es meist per Flugzeug nach Moskau und dann weiter an die Grenze. Statt der lebensgefährlichen Fahrt übers Mittelmeer, an den Rand der Arktis, bei Schnee und Eis. Auch Fatima und ihr Mann Amir haben - aus Syrien - diesen Weg gewählt: "Es ist schon ganz schön kalt hier - besonders im Winter - und auch dunkel - aber das ist nicht so wichtig, Hauptsache meine Kinder sind in Sicherheit."
Und auch Mahir, ist mit seiner Familie aus dem syrischen Homs geflohen, er war erstaunt über die freundliche Aufnahme in Norwegen. "Die Leute haben gelächelt, alles war so sauber - und dann haben sie gefragt ob wir Asyl beantragen wollen - und sie haben gesagt 'herzlich Willkommen'."
Und so werden sie wohl weiter radeln über die Grenze zwischen Russland und Norwegen – auf der Polar-Route, bei Schnee und Eis. Auch der norwegische Polizist Stein Kristian Hansen glaubt, dass die Zahl der Flüchtlinge – jenseits des Polarkreises - eher noch zunehmen wird. "Wenn jetzt noch mehr Schnee kommt - Temperaturen unter Null - wir werden sehen, aber ich glaube, wir haben das Ende noch nicht erreicht."