Donnerstag Morgen im Registrierungscamp in Moria. Es regnet in Strömen, der Herbst hat auch auf Lesbos begonnen. Die Flüchtlinge, die nach langem Warten im Innersten des Lagers angekommen sind, können sich unterstellen. Tausende vor den hohen, mit Stacheldraht bewehrten Zäunen, sind dem Wetter dagegen schutzlos ausgeliefert.
Konstantinos Papasoglu, Chef der Polizei im sogenannten Hotspot, kann nichts daran ändern. Mit seinen Männern schafft er es, pro Tag nur etwa 2.000 Flüchtlinge zu registrieren. Bis zu 6.000 Menschen sind in den letzten Tagen jeweils angekommen.
"Unsere Kräfte reichen nicht aus, weil die Flüchtlingszahlen so stark angestiegen sind. Wir haben unser Hauptquartier informiert und warten jetzt darauf, dass sie uns weitere Kollegen schicken."
Dabei hat die Polizei auf Lesbos schon tausend Mann Verstärkung aus ganz Griechenland bekommen.
Im sogenannten Erstaufnahmezentrum arbeiten die griechischen Behörden mit Hilfsorganisationen zusammen. Die "Internationale Organisation für Migration" ist vertreten und "Ärzte der Welt".
"Diese Menschen wollen einfach nur überleben"
Draußen vor den Doppelzäunen herrscht das Chaos, viele Menschen kampieren unter freiem Himmel, wenn überhaupt, nur durch eine Plane geschützt.
Im Hof, zwischen den beigen Containern, ist dagegen alles geordnet. Immer wieder bringen Eltern ihre kranken Kinder. Ein Junge aus Afghanistan hat sich auf der Flucht das Bein gebrochen, die Wunde hat sich entzündet. Jetzt sitzt er mit seinem frisch verbundenen Bein unter dem Vordach eines Containers. Zwei Kinder gehen an der Hand ihrer Mutter, barfuß auf dem nassen Kies. Auch um Schuhe und Kleidung kümmern sich die Hilfsorganisationen.
Anna Panou arbeitet seit zwei Jahren in Moria als Psychologin für "Ärzte der Welt". Die Flüchtlinge, die hier ankommen, stehen unter einem unglaublichen Stress, sagt sie.
"Diese Menschen wollen einfach nur überleben. Und dabei schieben sie ihre Bedürfnisse zur Seite. Die Folge ist, dass viele unter Traumata leiden, mit extremen Stimmungsschwankungen zu kämpfen haben oder Angststörungen entwickeln. Besonders bei Kindern treten Phobien auf."
Besondere Hilfe gibt es hier für Minderjährige, die ohne ihre Eltern auf der Flucht sind. Sie bleiben in der Regel zwei Wochen im Camp, bis ihre Weiterreise organisiert ist - zu Familienangehörigen, die schon einem EU-Land sind oder zu einer Gastfamilie.
Weniger Boote aus der Türkei wegen schlechten Wetters
Spiros Kourtis, der Leiter des Aufnahmezentrums, ist ein ruhiger Mann, aber der Stress der letzten neun Monate ist ihm anzusehen. Es gebe einfach zu wenig Kapazitäten für diese vielen Menschen.
"Das ist eine Arbeit, die alle Energie auffrisst, bei der man sich verausgabt. Das erzeugt totalen Stress. Und im Verhältnis zu den riesigen Aufgaben sind wir nur wenige. Wir brauchen mehr Unterstützung, mehr Infrastruktur, mehr Personal."
Inzwischen hat der Regen für ein paar Stunden aufgehört. Angestellte der Inselverwaltung fegen den Müll vor dem Zaun zusammen. Mustafa ist mit seinen drei Brüdern und seiner Schwester aus Syrien geflogen. Seit Tagen stehen sie hier im Regen und warten, sagt er.
"Es gibt hier große Probleme, heute Morgen haben sie nur ein paar reingelassen, und dann war Schluss. Dabei wäre in fünf Minuten alles erledigt. Aber wir müssen warten."
Die Strapazen für die Flüchtlinge werden nicht abnehmen. Jetzt, wo es Herbst ist auf Lesbos. Aber vielleicht lässt auch der Druck auf das Flüchtlingscamp etwas nach. Wegen des schlechten Wetters kommen weniger Boote aus der Türkei an.