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Flüchtlinge auf Lesbos
Zwischen "Rückführung" und Lagerkoller

Die ersten Flüchtlinge sind von der Insel Lesbos zurück in die Türkei gebracht worden. Gleichzeitig kamen neue Flüchtlinge auf der Insel an. Im dortigen Flüchtlingslager Moria ist die Lage angespannt: Die Versorgung ist schlecht, die Helfer überlastet.

Von Wolfgang Landmesser |
    Griechenland hat mit der Rückführung von Flüchtlingen in die Türkei begonnen.
    Griechenland hat mit der Rückführung von Flüchtlingen in die Türkei begonnen. (dpa/picture-alliance/Alexia Angelopoulou)
    Während im Hafen von Lesbos die ersten Flüchtlinge zurück in die Türkei gebracht wurden, kamen gleichzeitig Menschen neu auf der Insel an. 173 Flüchtlinge, darunter kleine Kinder und alte Menschen, rettete die griechische Küstenwache auf offener See. Er habe bisher nicht gehört, dass Syrer zurück in die Türkei geschickt werden, sagt Firaz Kassem aus dem syrischen Hasakah, nachdem er an Land gegangen ist.
    "I have not heard that they are sending Syrians back to Turkey. I heard that maybe Iranians, Persians, Afghanis but I didn't heard they are taking Syrians back to Turkey."
    Vielleicht Iraner und Afghanen, aber keine Syrer.
    Am frühen Morgen waren rund 130 Menschen aus dem Lager Moria, etwa zehn Kilometer von der Inselhauptstadt entfernt, mit Bussen zum Hafen gebracht worden – begleitet von einem starken Aufgebot an Beamten der EU-Grenzschutzagentur Frontex. Zwei Schiffe brachten die Flüchtlinge zum türkischen Hafen Dikili – direkt gegenüber von Lesbos.
    Angespannte Stimmung
    Die Neuangekommen wurden mit Bussen ebenfalls nach Moria gebracht. Auch wenn die ersten Abschiebungen relativ ruhig vonstatten gingen: Die Stimmung dort sei äußerst angespannt, sagt Boris Cheshirkov, Sprecher der UN-Flüchtlingshilfeorganisation auf Lesbos.
    "Wir beobachten, dass das Lager überfüllt ist, dass Leute im freien schlafen müssen, es gibt Mangel an Essen, wachsende Spannungen und Verwirrung. Die Menschen wissen einfach nicht, was auf sie zukommt. Sie brauchen ausreichend Informationen in einer Sprache, die sie verstehen."
    Seit dem Deal mit der Türkei haben sich einige Nichtregierungsorganisationen aus Protest zurückgezogen. Ihre Hilfe fehle jetzt, sagt Steven Hunratty, der für eine christliche Hilfsorganisation im Lager von Moria arbeitet.
    "Wir sind 24 Stunden, sieben Tage die Woche da, aber wir haben nicht genügend Freiwillige. Der UNHCR beobachtet nur noch, es würde helfen, wenn sie keine politische Sache daraus machen würden. Diese Leute brauchen einfach Hilfe."
    Griechisches Asylsystem ist vollkommen überfordert
    Die meisten der inzwischen rund 2800 Menschen in Moria haben einen Asylantrag gestellt. Das griechische Asylsystem ist damit vollkommen überfordert, so der UNHCR-Sprecher. Zumal auch mehr und mehr der über 50.000 Flüchtlinge, die sich auf dem griechischen Festland aufhalten, Asyl beantragen.
    Boris Cheshirkov: "Die Menschen haben Probleme, Zugang zum Asylverfahren zu bekommen, weil das System völlig überlastet ist. Das griechische Asylsystem muss dringend verstärkt werden. Wir brauchen den vollen Einsatz der EU. Dieses Thema betrifft nicht nur Griechenland, es betrifft alle EU-Mitgliedsstaaten."
    Die EU hat zugesagt, über tausend Asylexperten nach Griechenland zu schicken, um die Verfahren zu beschleunigen. Aber selbst, wenn die Fachleute jetzt schnell eintreffen, werde es mehrere Wochen dauern, bis sich die Zusammenarbeit eingespielt hat, meint Angelos Syrigos, Professor für internationales Recht an der Athener Panteion-Universität:
    "Da sind diese einfachen Sachen, die mit Logistik zu tun haben. Logistik ist sehr wichtig, weil wir es mit einer großen Zahl an Asylbewerbern zu tun haben. 1000 Anträge pro Tag ist eine große Zahl. Wenn Sie effizient sein wollen, müssen sie 1000 Anträge in drei oder vier Tagen bewältigen."
    Auch Firaz Kassem, der gestern Morgen auf Lesbos angekommen ist, wird im Lager von Moria wohl Asyl beantragen. Zurück in die Türkei will er jedenfalls auf keinen Fall.
    "Wir haben da sehr leiden müssen. Überall ist es besser als in der Türkei. Wir haben genug davon."
    Wenn in den nächsten Wochen die ersten Asylanträge abgelehnt sind, werden aber wohl auch Syrer wieder zurück müssen – so sieht es der Flüchtlingsdeal zwischen der EU und der Türkei vor.