"Also, ich werde jetzt noch bis Freitag hier sein, also noch zwei Tage. - Und dann bin ich im Prinzip nicht mehr da bis zum 5. Januar. - Weil ich dann in Bayern bin."
Dieter Janecek sitzt mit seinem neuen Mitbewohner Mohammed früh am Morgen in seiner Küche in Berlin-Wedding und bespricht mit ihm die Zeit der Weihnachtsfeiertage. Janecek ist Bundestagsabgeordneter der Grünen. Mohammed ist vor dem Krieg aus Syrien geflohen. Seit fünf Monaten ist der 22-Jährige in Deutschland und seit zwei Wochen wohnt er bei Dieter Janecek.
"Aber vielleicht können wir morgen oder so nochmal was gemeinsam machen, morgen kommt auch ein Freund von mir, dann können wir vielleicht - hier gibt's eine ganz coole Bar - um die Ecke gehen."
Mohammed: "Am Freitag?"
Janecek: "Am Donnerstag. Wann sind denn eigentlich deine Kurse, deine Sprachkurse?"
Mohammed: "Jeden Tag von halb zwei bis 16 Uhr. Aber von Freitag bis 4. Januar ist Pause wegen Weihnachten."
Janecek: "Du sprichst schon sehr gut Deutsch. Also wenn ich jetzt in Syrien wäre, wäre ich nicht so schnell."
Mohammed: "Am Freitag?"
Janecek: "Am Donnerstag. Wann sind denn eigentlich deine Kurse, deine Sprachkurse?"
Mohammed: "Jeden Tag von halb zwei bis 16 Uhr. Aber von Freitag bis 4. Januar ist Pause wegen Weihnachten."
Janecek: "Du sprichst schon sehr gut Deutsch. Also wenn ich jetzt in Syrien wäre, wäre ich nicht so schnell."
Der Grünen-Politiker hatte bis zum Sommer noch gemeinsam mit seiner Familie in Berlin gewohnt. Die ist aber wieder nach Bayern gezogen. Janecek hat nun Platz.
"Und zeitgleich natürlich die Flüchtlingskrise, da habe ich mir gedacht, jetzt kannst du es auch verbinden und noch etwas Gutes tun."
Zunächst zog eine syrische Familie ein, zwei Schwestern und ihre vier Kinder, die haben nun eine eigene Bleibe gefunden. Von Mitarbeitern der Grünen-Fraktion erfuhr Janecek dann von Mohammed.
"Das hat sich gut ergeben, dass er jetzt hier einziehen konnte. Und gut, jetzt hat er auch viel Platz, weil ich bin ja auch oft nicht hier."
Häme und Vorwürfe gegen Maschmeyer
Viele Menschen in Deutschland helfen Flüchtlingen nicht nur nach ihrer Ankunft am Bahnhof oder in Heimen, sondern stellen ihnen auch Wohnraum zur Verfügung. Neben einigen Politikern sind darunter auch Prominente. Die Sängerin Sarah Connor gab vor Kurzem bekannt, dass in die Einliegerwohnung in ihrem Haus in Berlin eine Familie aus Syrien eingezogen sei. Carsten Maschmeyer und Veronica Ferres nahmen vorübergehend zwei syrische Familien in ihrer Villa in Hannover auf. Connor wie Maschmeyer und Ferres sagten, sie hätten damit eigentlich nicht an die Öffentlichkeit gehen wollen. Dann seien Medien aber von sich aus darauf aufmerksam geworden.
Vor allem im Fall Maschmeyer und Ferres folgte die Häme auf dem Fuße. Das letzte Mal, als Maschmeyer jemanden bei sich aufgenommen habe, sei es Ex-Bundespräsident Christian Wulff in seiner Villa auf Mallorca gewesen, hieß es in einer Glosse. Es sei jetzt wohl die Aufgabe von Flüchtlingen, saturierten Leuten Erfüllung zu verschaffen. An anderer Stelle gab es den Vorwurf, der Unternehmer wolle vom Streit um sein ehemaliges Finanzdienstleistungsunternehmen AWD ablenken.
"Das ist dann immer so eine Frage: Ist das Inszenierung der Prominenz? Gut, am Ende finde ich es dann allein aufgrund der Botschaft 'Schaut mal her, das funktioniert' richtig, darüber zu reden. Und ich versuche, das ja auch möglichst sachlich und nüchtern zu tun", sagt Grünen-Abgeordneter Dieter Janecek.
Auch sein Bundestagskollege von der CDU, Martin Patzelt, musste sich derlei Vorwürfe anhören. Er hatte im Juni zwei junge Männer aus Eritrea in seinem Haus in seinem Dorf Briesen in Brandenburg aufgenommen und andere dazu aufgefordert, es ihm gleich zu tun.
"Wenn man Gründe findet, die eher weniger respektabel sind oder edel bei anderen, dann kann man leichter sagen, der macht's ja auch nur aus sehr egoistischen, egozentrischen Gründen. Und damit ist man selbst aus dem Schneider."
Außerdem komme es auf die Absicht manchmal gar nicht an:
"Es sind nicht immer die großen, edlen Motive, die unser Zusammenleben sichern, sondern es ist auch ein Großteil egoistisches Bedürfnis. Und das ist auch ganz legitim."
Das sehen Hilfsorganisationen ganz ähnlich. Sie glauben, dass die dezentrale und private Unterbringung außerhalb von Sammelunterkünften Flüchtlingen viel besser helfe, in Deutschland Fuß zu fassen.
Das sehen Hilfsorganisationen ganz ähnlich. Sie glauben, dass die dezentrale und private Unterbringung außerhalb von Sammelunterkünften Flüchtlingen viel besser helfe, in Deutschland Fuß zu fassen.
Außerdem sei sie billiger.
"Wir freuen uns, wenn Prominente das in der Öffentlichkeit erzählen oder eben auch Politiker. Für uns ist es wichtig, dass darüber überhaupt gesprochen wird in der Öffentlichkeit, in den Medien aber auch im privaten Gespräch, weil wir die Erfahrung machen, dass es für alle Seiten positiv ist."
Nicht nur aus Gutmütigkeit aufnehmen
Mareike Geiling ist Mitbegründerin von "Flüchtlinge willkommen", einer preisgekrönten Initiative, die bundesweit Zimmer in Wohngemeinschaften oder etwa bei Familien an alleinstehende Flüchtlinge vermittelt. Geiling gründete "Flüchtlinge willkommen" mit ihrem Mitbewohner. Auch sie hatten in ihrer WG einen jungen Mann aufgenommen, der nach Deutschland geflohen war. Mittlerweile verweist sogar das Lageso, das Berliner Landesamt für Gesundheit und Soziales, auf ihre Website. Geiling will deutlich machen, dass man nicht vermögend sein muss, um Flüchtlinge aufzunehmen. Die Miete werde in der Regel vom Amt erstattet. Wichtig findet sie, dass man Flüchtlinge nicht nur aus Gutmütigkeit kurz Unterschlupf bietet.
"Weil es uns darum geht, dass es ein langfristiges Wohnverhältnis ist, wo die Person auch richtig ankommen kann."
Wie bei Dieter Janecek und Mohammed. Janecek wartet zwar noch darauf, dass das Lageso die Mieterstattung zusagt, aber mit Mohammed würde er gern länger zusammenwohnen.
"Das Ziel ist ja schon - egal, wie schnell das jetzt geht, dass er als Mieter anerkannt werden kann - dass er hier bleibt, also dauerhaft. Klar, wenn er sagt, er hat kein Bock mehr, ist das okay, aber mein Angebot ist das."
Und auch Mohammed will erst einmal ankommen nach seiner Flucht, auf der er fast ertrunken wäre und in Serbien eine Woche im Gefängnis saß. Sein Leben sei jetzt hier, sagt er, während er Dieter Janecek zur Tür bringt. Der muss zur Ausschusssitzung in den Bundestag.
Janecek: "Wirtschaftsausschuss. Dann bis heute Abend wahrscheinlich, ich melde mich."
Mohammed: "Ja okay, vorsichtig sein!"
Janecek: "Ja, du auch."
Mohammed: "Ja okay, vorsichtig sein!"
Janecek: "Ja, du auch."