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Flüchtlinge beim BAMF
Kompetenz durch Fluchterfahrung

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge stellt immer öfter ehemalige Flüchtlinge an. Sie helfen übersetzen oder organisieren Anhörungen. Das Amt folgt damit Empfehlungen von Experten. Denn die Mitarbeiter kennen die Nöte der Menschen aus eigener Erfahrung.

Von Judith Dauwalter |
    Bundesamt für Migration und Flüchtlinge
    Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge verfügt über Mitarbeiter aus rund 70 Nationen, viele von ihnen sind ehemalige Flüchtlinge. (Imago | Schöning)
    Die Berliner Außenstelle des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge liegt in Wilmersdorf im Südwesten der Hauptstadt. Im dritten Stock des Eckgebäudes hat Sonja Breljak ihr Büro, eine von rund 300 Mitarbeitern hier. Ans Fenster links neben ihrem Schreibtisch hat sie eine Zierpalme gestellt, vor sich am Computer kontrolliert sie den digitalen Terminkalender, als das Telefon klingelt.
    "Breljak, bitteschön. Ja, natürlich, nepalisch. Bitte senden Sie mir Kontrollbogen und alles."
    Breljak ist Sachbearbeiterin im Asylverfahrenssekretariat. Sie organisiert Videoanhörungen: Heute zum Beispiel ist in der Außenstelle im niedersächsischen Bramsche ein Nepalese zur Anhörung geladen. Dort arbeiten keine Nepali-Dolmetscher für das Bundesamt - in Berlin aber schon. Und so wird ein Berliner Dolmetscher per Video zugeschaltet. Breljak klärt kurz zuvor noch einmal telefonisch die Details mit ihrer Kollegin in Bramsche.
    "Rufen Sie einfach Berlin 21 um 8:30 Uhr, ist das in Ordnung? Bis später dann, Tschüss."
    Eine Bosnierin macht Mut
    Die Behörde, in der Sonja Breljak seit zwei Jahren arbeitet, war 1994 ihr erster Anlaufpunkt in Deutschland. Sie floh damals mit ihrem Mann und den zwei Kleinkindern vor dem Krieg aus Bosnien. Detailliert erzählt sie die Geschichte ihrer Ankunft und der ersten Jahre in Deutschland. In ihrer Stimme mischen sich schwere Erinnerungen mit viel Stolz auf das, was sie geschafft hat.
    "Das, was hab ich gemacht, ohne staatliche Hilfe. Von unten nach oben, in Gesellschaft wieder kommen. Das zeigt: So etwas ist möglich. Das ist eine symbolische, wirklich wichtige Sache. Für Staat und für Flüchtlinge. Das ist auch Mut für die Leute, die hier sind."
    Eigene Fluchterfahrungen helfen bei der Arbeit
    Mit ihrer Geschichte kann sie den heute Geflüchteten ein Vorbild sein, erklärt Sonja Breljak ihre Motivation für die Arbeit im Bundesamt. Außerdem helfen ihr die eigenen Fluchterfahrungen: Sie weiß, wie gut es tut, wenn die Amtsmitarbeiter Interesse zeigen - sie findet aber auch klare Worte dafür, wie wichtig eigene Motivation ist. Das erzählt die 56-jährige Bosnierin. Das Bundesamt schätzt Kompetenzen wie diese: Bei den Stellenausschreibungen spricht man immer wieder explizit "Bewerber aller Nationalitäten" an. Mitarbeiter aus rund 70 Nationen habe man, erklärt Pressesprecher Thomas Ritter.
    "Das Bundesamt begrüßt es also. Weil diese kulturelle Kompetenz kann auch für die Arbeit mit Geflüchteten sehr von Vorteil sein, also auch von Vorteil für das Bundesamt."
    "Großes Wissen über die Verhältnisse"
    Das betont auch der Zusammenschluss bayerischer Integrationsbeiräte Agaby. Durch den Sitz in Nürnberg ist man nah an der Zentrale des Bundesamtes und empfiehlt der Behörde schon seit Jahren, verstärkt Menschen mit Migrations- oder sogar Fluchtgeschichte einzustellen - im Asyl-, aber auch im Integrationsbereich.
    "Also, ich denke, die Geflüchteten haben ein großes Wissen über die Verhältnisse, die Situation, die Verfolgungssituation oder auch die Gefahren im Land. Weshalb wir es insgesamt gut finden, wenn in allen Bereichen, die mit Migration und Integration zu tun haben, diese Menschen mit ihren Kompetenzen präsent sein sollten."
    "Ein streng vertrauliches Gespräch"
    Mitra Sharifi Neystanak ist Agaby-Vorsitzende. Laut ihrer Beobachtung der letzten zehn Jahre hat das Bundesamt tatsächlich verstärkt Menschen mit Migrations- oder gar Fluchtgeschichte eingestellt – Menschen wie Sonja Breljak.
    Es ist 8 Uhr 30 geworden an diesem Morgen in der Berliner Außenstelle. Zeit für die Videoanhörung.
    "Heute ist Bramsche wieder... Bitte rechts, gleiches Zimmer wie letztes Mal."
    Sonja Breljak bringt den für heute einbestellten Nepali-Dolmetscher mit zügigen Schritten in einen Raum schräg gegenüber von ihrem eigenen Büro. Sie setzt sich vor einen Laptop in dem spärlich eingerichteten Zimmer, schaltet die Kamera ein und wählt die Kollegin in Bramsche an.
    "Hallo - schönen guten Morgen - Frau Breljak aus Berlin. Sie haben heute Nepal, oder? Genau."
    Sobald die Verbindung hergestellt ist, verlässt Sonja Breljak den Dolmetscher im Berliner Videoraum. Die bevorstehende Anhörung ist ein streng vertrauliches Gespräch. Sonja Breljak ist ein Musterbeispiel dafür, wie wertvoll Qualifikationen und Erfahrungen von Menschen mit Fluchterfahrung sind für die Flüchtlingsverwaltung.