Für Paul Nolte, Professor für Neuere Geschichte an der Freien Universität Berlin, bedeutet Deutsch sein heute, sich in ein Land zu integrieren, sozial anzukommen und verflochten zu sein. Das gehe über die Sprache, und darüber hinaus über Wohnen, Bildung und Arbeit.
Nolte warnt ausdrücklich davor, mit Blick auf die Flüchtlinge zu pauschalisieren. Vielen komme die Situation jetzt vor wie ein diffuser Strom von Menschen. Aber das werde sich ausdifferenzieren. So gebe es etwa Elektromeister oder Akademiker aus Syrien, die rasch und auf ihrer eigenen Qualifikationsstufe arbeiten können müssten.
Bei anderen wiederum fehlten Ausbildung und Integration - und hier müsse man in Deutschland auch die Lehren aus der eigenen Geschichte ziehen. Denn schon bei früheren Einwanderungswellen habe man es versäumt, genau hinzusehen. So habe man etwa einen Teil der türkischen Einwanderer ins Prekariat abrutschen lassen. Hier gebe es also auch ein Verschulden der Aufnahmegesellschaft. Hinzu komme, dass Deutschland sich ohnehin lange schwer getan habe, sich überhaupt als Einwanderungsland zu verstehen.
"Horizont einer ganzen Generation"
Für die Integration der Flüchtlinge wünscht sich Nolte eine "osmotische Zone", also einen Austausch, der beide Seiten betrifft, der ein wechselseitiger Prozess ist. Allerdings könne das sehr lange dauern. Nolte nannte das Jahr 2030 bis 2040. "Das ist der Horizont einer ganzen Generation", betonte er.
Deutschland habe aber auch eine Chance, diese Einwanderung selbst zu gestalten. Das sei sogar unproblematischer als etwa in Frankreich, wo die Einwanderung auch aus den ehemaligen Kolonien herrühre und zu vielen Spannungen geführt habe. Diese Belastung habe Deutschland nicht, hob Nolte hervor.
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