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Flüchtlinge
Im Crashkurs zum Asylentscheider

360.000 unbearbeitete Asylanträge liegen im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Die Antragsteller warten lange, in Einzelfällen jahrelang bis zur Entscheidung. Das Bundesamt braucht mehr Personal, um den Stau abzuarbeiten. In achtwöchigen Lehrgängen wurden bereits 2.000 Menschen zu Entscheidern ausgebildet.

Von Judith Dauwalter |
    Der Entscheider Dan-Marvin Frosting (M) spricht am 03.08.2015 in der Außenstelle des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) in Bingen am Rhein (Rheinland-Pfalz) mit einem Asylbewerber aus Syrien (l).
    Viel Zeit bleibt Entscheidern nicht, wenn sie über den Antrag eines Asylbewerbers befinden müssen. (dpa / picture alliance / Fredrik von Erichsen)
    "So, das ist jetzt hier die Klasse, in die wir reinschauen. Die Kolleginnen und Kollegen sind grad damit beschäftigt, echte Bescheide zu erstellen anhand echter Fälle, die dann hinterher vom Ausbildungsentscheider, der hier vorne sitzt, besprochen werden."
    Ausbilder Torsten Wojtalla führt durch den dritten Stock eines roten Backsteinbaus im Nürnberger Süden. Hier ist das "Qualifizierungszentrum" des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge, kurz BaMF, untergebracht. Der PC-Schulungsraum Nummer 5 ist eines von neun Klassenzimmern, die hinter den Türen zu beiden Seiten der Gänge liegen. Die Arbeitstische sind voller Stifte, Notizzettel und Namensschilder. Vor den Computern sitzen rund 15 Lehrgangsteilnehmer, die einzeln oder zu zweit Asylgesuche bearbeiten.
    "Wir haben zwei Aussagen von ihm, einmal: Wenn er zurückkommt, würde er ins Gefängnis müssen. ‚Ich habe dort nichts, ich kann nicht nach Georgien zurück.' Die Verhaftung ist wichtig. Ich überleg nur, wie ich es formuliere."
    Acht Wochen Ausbildung zum Entscheider
    "Das sind Sachen, die wir selber angehört haben mit einem erfahrenen Entscheider. Wir haben jetzt den Fall gekriegt, dass es Mann und Frau war und sie den Mann gemacht hat und ich die Frau. Da machen wir jetzt zusammen den Bescheid. Geht um Georgien. Die Antragsteller wollen beide nach Deutschland, weil sie ein behindertes Kind haben und hier sehen, dass es die bessere Behandlung fürs Kind geben würde." Katrin Mischurke-Krauß und ihre Sitznachbarin sind in Woche vier ihrer achtwöchigen Ausbildung zu Entscheiderinnen des BaMF. Sie haben bereits viel gelernt: Über das Asylrecht, über die Computersysteme der Behörde und darüber, welche Informationsquellen bei der Beurteilung der Fluchtgründe helfen. Sie können beispielsweise über Herkunftsländer die Experten des Auswärtigen Amtes befragen. Mischurke-Krauß und die anderen Lehrgangsteilnehmer sind Teil einer BaMF-Einstellungsoffensive.
    In Zahlen: Gut 2.000 Mitarbeiter hatte das Amt noch vor einem halben Jahr. Aktuell sind es fast 3.500. Und Mitte dieses Jahres sollen dann gut 7.000 Personen beim BaMF arbeiten. Damit wird sich der Personalstand innerhalb eines Jahres mehr als verdreifacht haben. Und das sei dringend nötig, erklärt Amtschef Frank-Jürgen Weise: "Das sieht man an allen Bildern, das sieht man an allen Daten. Die Dauer - wenn Menschen zu uns kommen, bis ihr Anliegen bearbeitet wird - ist viel zu lang. Und sie sehen jetzt ein Element, wie wir diese nicht so gute Sache besser machen wollen. Wir brauchen mehr Personal. Und was wir hier erleben ist, wie so eine Qualifizierung für die verschiedenen Aufgaben dann stattfindet."
    Mehr als 360.000 unbearbeitete Fälle
    Über 2.000 Frauen und Männer - Entscheider und Bürosacharbeiter - wurden bereits im Nürnberger Qualifizierungszentrum ausgebildet, seit es am 1. August die Arbeit aufgenommen hat. Sie werden in der BaMF-Zentrale und in den rund 40 Außenstellen eingesetzt.
    Entscheider hören Flüchtlinge an und beurteilen deren Anträge. Bürosachbearbeiter überwachen die Fristen im Verfahren und koordinieren den Einsatz von Dolmetschern. Die Neuen im BaMF sollen den Rückstand mit abarbeiten. Denn dieser Rückstand ist die "nicht so gute Sache", von der Weise spricht: Auf den Amtsschreibtischen stapelten sich Anfang Januar mehr als 360.000 unbearbeitete Asylanträge. Hinzu kommen, schätzt BaMF-Leiter Weise, 300.000 Flüchtlinge, die noch gar keine Anträge gestellt haben.
    Auf ihrer Konferenz Anfang Dezember benannten die Innenminister der Länder den Schuldigen für diesen Antragsstau: "Dieses BaMF ist der Flaschenhals. Es kann nicht sein, dass Menschen Monate warten müssen, bis sie überhaupt einmal einen Anhörungstermin bekommen haben. Solange leben sie in unseren Unterkünften und können nicht integriert werden." Was der Nordrhein-Westfälische Innenminister Ralf Jäger anspricht, daran verzweifeln auch Asylrechtsanwälte wie Hubert Heinhold immer wieder: An bürokratischen Organisationsstrukturen im Amt. Von einem Beispiel berichtet Heinhold, der auch stellvertretender Vorsitzender bei Pro Asyl ist: "Also, sie wissen per Telefon von einem Entscheider: 'Jawohl, ich habe die Entscheidung getroffen."' Und dann warten sie, weil es dann zwei, drei, vier Wochen geht, bis sie die Entscheidung in der Hand haben. Fragen sie nach, heißt es: Ich habe die Entscheidung in die Zustellung gegeben. Entschuldigung - es wird doch wohl möglich sein, dass da beim Bundesamt, wenn die Entscheidung getroffen ist, dass sie am nächsten Tag dann per Post rausgeht."
    Aus jahrzehntelanger Erfahrung mit dem BaMF kennt der Münchner Anwalt Heinhold zahlreiche Probleme. Er zeigt einen 300 Seiten starken Ordner mit Dienstanweisungen für Entscheider, die ihnen kaum Handlungsspielraum ließen. Das mache die Arbeit sehr kompliziert. Außerdem haben die politisch Verantwortlichen dem Amt jahrelang neues Personal verweigert. Der sprunghafte Anstieg der Flüchtlingszahlen auf rund 1,1 Million Menschen im vergangenen Jahr hat die Nürnberger deshalb überfordert. Doch Schuldzuweisungen helfen nichts. Jetzt sind Lösungen gefragt. Und die habe er, beteuert Amtschef Weise: "Ich brauche wirklich für eine Zeit noch das Vertrauen der Politik. Leider werden diese schlimmen Bilder von wartenden Flüchtlingen im ersten Halbjahr noch da sein, Aber, ich habe einen Plan. Ich habe bereits mit den Kolleginnen und Kollegen wesentliche Verbesserungen. Und deshalb kann ich sagen: In 2016 werden wir den Rückstand gut, sorgfältig, aber auch schnell bearbeiten können."
    Alle "Altfälle" bis Ende 2016 abbauen
    Weise muss Erfolge liefern: Sein Vorgänger Manfred Schmidt trat im vergangenen September zurück, der stetig wachsende Antragsberg - heißt es - dürfte ihn das Amt gekostet haben. Und so machte Innenminister Thomas de Maizière Frank-Jürgen Weise zum Doppelfunktionär: Denn die Bundesagentur für Arbeit habe er als Vorsitzender ja auch erfolgreich umgebaut. Weises Plan ist ehrgeizig: Bis Ende 2016 sollen alle Altfälle erledigt sein. Die Durchschnitts-Bearbeitungszeit für Asylanträge im BaMF will er auf drei Monate drücken; aktuell liegt der Schnitt bei 5,2 Monaten.
    Der Hauptschlüssel in seinem Konzept ist dann auch das Personal. 1.400 Mitarbeiter anderer Behörden hat er "ausgeliehen": Bundeswehrsoldaten helfen bei der Registrierung, Zollbeamte sitzen in den Sekretariaten, Angestellte der Arbeitsagentur unterstützen die Pressestelle. Und für die immer zahlreicheren Außenstellen werden die 5.000 neuen Mitarbeiter ausgebildet. Ein bunt durchmischter Personenkreis, wie Torsten Wojtalla erzählt. Einer von vier Ex-Entscheidern, die jetzt im BaMF-Qualifizierungszentrum ausbilden: "Es sind Personen, die einen juristischen Background haben, es sind aber auch Sozialpädagogen dabei und sogar Pädagogen. Personen, die zuvor in einer Ausländerbehörde gearbeitet haben. Manche kommen hierher, weil sie sich einen zusätzlichen Karriereschub versprechen. Andere kommen hierher, weil sie einfach dem Bundesamt bei der Bewältigung dieser hohen Anzahl von Anträgen helfen wollen. Und andere möchten einfach den Flüchtlingen helfen."
    Vier Bewerber auf eine Stelle
    Das Interesse war und ist groß: Vier Bewerber gebe es auf jede Stelle, heißt es aus dem BaMF. Entscheider sollen sich für andere Kulturen interessieren und sich in ihr Gegenüber einfühlen können, so heißt es sinngemäß in den Stellenausschreibungen. Es bewerben sich Absolventen der Beamtenhochschulen, aber auch Quereinsteiger mit beliebigen Bachelorabschlüssen. Deren künftige Tätigkeit ist eine verantwortungsvolle. Oft hat ein Flüchtling nur seine Geschichte, jedoch keine Papiere und keine Beweise. Der Entscheider muss ihn anhören, gezielt Fragen stellen, seine Glaubwürdigkeit einschätzen. Doch kann man all das im Crashkurs von acht Wochen lernen? "Altgediente" Mitarbeiter sind da skeptisch - wie diese Person, die lieber anonym bleiben möchte und sich nur zitieren lässt: "Das ist schon sehr mutig, wobei die Ausbilder im Qualifizierungszentrum sehr engagiert sind und ihr Bestes geben, wie man allgemein hört. Noch in den 1990er-Jahren wurden neu eingestellte Beamte sechs Monate lang ausgebildet, bevor sie selbstverantwortlich Asylverfahren entscheiden können."
    Flüchtlingsorganisationen wie Pro Asyl teilen diese Bedenken. Doch Ausbilder Torsten Wojtalla beruhigt: Dort, wo die Neuen anfangen, werden sie von erfahrenen Kollegen betreut und schrittweise fortgebildet. Erleichtert über die Neueinstellungen sind trotzdem alle Mitarbeiter im BaMF. Begrüßt wird auch eine überfällige IT-Reform: So kann das hausinterne Computerprogramm endlich die sprunghaft angestiegene Zahl der Anträge bewältigen. Vor allem stürzt es nicht mehr ab, wenn sich viele Mitarbeiter gleichzeitig einloggen. Nach einem Besuch in Nürnberg Anfang Januar zeigte sich Innenminister de Maizière also zuversichtlich: "Ich war heute mehrere Stunden im BaMF und habe mich davon überzeugt, dass jetzt alle Vorkehrungen getroffen sind, dass es wirklich gelingt im ersten Halbjahr die Altbestände abzubauen. Und die Dinge nehmen jetzt die richtige Richtung und die richtige Fahrt auf. Das brauchen wir. Das BaMF ist allerdings auch angewiesen auf die Zusammenarbeit und Zuarbeit mit den Ländern. Auch das funktioniert jetzt zunehmend besser."
    Verbesserter Datenaustausch
    Und das soll jetzt durch weitere technische Umstellungen noch einfacher werden: Mit dem neuen Datenaustauschverbesserungsgesetz. Weise: "Minister de Maizière hat uns mit dem Gesetz so gute Voraussetzungen geschaffen, dass wir in einem wirklich absolut vertretbaren und auch notwendigen Maß zwischen Bundesbehörden, Ländern Daten bezogen auf die Menschen austauschen dürfen. Das ist für unsere Arbeit eine große Erleichterung."
    Und - wenn es funktioniert - eine erhebliche Beschleunigung: Denn bisher wurden Flüchtlingsdaten mehrmals erfasst, etwa bei der Bundespolizei, in den Computersystemen der Länder, beim BaMF selbst. Bis zum Sommer sollen alle Behörden auf eine zentrale Datenbank zugreifen können - in der Name, Geburtsdatum, Staatsangehörigkeit, Fingerabdrücke, Qualifikation und Gesundheitsdaten des Asylsuchenden einmalig und möglichst sofort nach der Einreise gespeichert werden. Flüchtlingsorganisationen reagieren weitgehend positiv, befürchten aber dass jede Behörde künftig auch die Krankheitsgeschichte eines Flüchtlings nachlesen kann.
    Vor der BaMF-Zentrale in der Nürnberger Südstadt. Ein langgezogener Ziegelbau an der stark befahrenen Frankenstraße. Die Mitarbeiter mussten sich in den letzten Monaten viel Kritik gefallen lassen. Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer etwa forderte, das Personal solle mehr arbeiten, um den Antragsrückstau abzubauen. Die Personalvertreter reagierten empört; auch Amtschef Weise erklärte: die BaMF-Mitarbeiter würden schon lang Überstunden "bis hin zur Belastungsgrenze" leisten. Der Schichtarbeit hat der Personalrat schließlich unter Auflagen auch zugestimmt.
    Schlechte Stimmung im BaMF
    Für Journalisten ist es natürlich nicht möglich, einfach ins BaMF zu gehen und die Mitarbeiter zu befragen. Um also einen Eindruck von der internen Stimmung zu erhalten, müssen Einzeläußerungen reichen. Eine Person aus der Mitarbeiterschaft ist bereit, sich zu äußern. Unter der Auflage, dass der Name nicht genannt wird, schreibt er in einer E-Mail: "Überall hört man, es mache keinen Spaß mehr hier zu arbeiten. Selbst BAMF-Urgesteine, die seit den 1980er-Jahren dabei sind, können sich an keine so schlechte Stimmung erinnern. Schade, dass Sie nicht durch unsere Flure gehen und mit den Mitarbeitern/innen persönlich sprechen können: Nur noch Frust und Resignation!"
    Der Autorin ist die Person bekannt, sie will aber nicht selbst ins Mikrofon sprechen - zu groß ist die Angst vor disziplinar- oder arbeitsrechtlichen Maßnahmen. In einem offenen Brief und einem internen Papier übte der Personalrat bereits Ende des vergangenen Jahres Kritik an Weises interner Informationspolitik. Vor allem an seinem Plan, neuen Mitarbeitern teils nur befristete Verträge anzubieten. Diese Sorge der Personalvertretung ist noch nicht vom Tisch; es kommen neue hinzu, erzählt der Informant: Referatsleiter - behauptet er - sollen künftig bis zu 40 Stunden Mehrarbeit im Monat anordnen können; statt Freizeitausgleich sollen die Mitarbeiter dafür mehr Lohn erhalten. Überhaupt steht wohl eine umfassende Umstrukturierung der Behördenhierarchie an: "Seit Mitte Januar bis Ende Februar tourt unsere Leitung durch die Außenstellen, um darüber zu informieren. Das ist grundsätzlich ja positiv zu bewerten. Soweit mir bekannt hielt sich die Begeisterung aber in Grenzen, manche Teilnehmerinnen und Teilnehmer sprachen von einer Show!"
    Neue Abteilungen, Referate und Gruppen sollen bald schon gebildet werden. Entsprechende Informationen bestätigt ein Pressesprecher des BaMF auf Anfrage: Mit neuen Positionen und einer veränderten Struktur wolle man den "operativen Asylbereich" weiter stärken. Der Sprecher hüllt sich in Schweigen darüber, was das konkret heißt. Auch den Start des Behördenumbaus behält er für sich. Wobei sich unter den Mitarbeitern schon längst die Sorge breit macht, dass die neuen Führungspositionen in erster Linie von Beschäftigte der Bundesagentur für Arbeit, kurz BA, besetzt werden sollen - deren Vorsitzender Weise ja zusätzlich ist. Der Informant: "So scheint es, als festige die BA ihren Einfluss auf das Bundesamt. So ist zum Beispiel einer BaMF-Gruppenleiterin ein zweiter Gruppenleiter aus der BA - als Aufpasser? - zur Seite gestellt worden. Zudem soll angeblich auch unsere Zentralabteilung (Personal, Organisation, Haushalt) ein BA-Mann übernehmen. Die Fremdbestimmung nimmt zu. Einhellige Meinung: Herr Weise baut hier seinen Erbhof auf."
    Der neue Amtschef steht also im Zentrum der Kritik: "Er scheint seine Aufgabe in erster Linie politisch zu sehen. Sehr wichtig scheint ihm seine öffentliche Wahrnehmung zu sein. Wir haben zwar mit Zufriedenheit registriert, dass er sich nicht mehr öffentlich abfällig über das Bundesamt und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter äußert, unsere Herzen wird er aber wohl nicht mehr gewinnen." Und sein Plan, bis zum Jahresende alle 360.000 Altfälle abzubauen, sei kaum umsetzbar. Vor allem nicht, meint der Informant, wenn die Zahl der neuankommenden Flüchtlinge so hoch ist wie 2015.
    Behörde: 2.000 Entscheidungen pro Tag
    Ein bisschen aber hat sich getan: Mittlerweile fallen - so behauptet es die Behörde - 2.000 Entscheidungen pro Tag. Das seien doppelt so viele wie noch vor vier Monaten. Flüchtlingsorganisationen dagegen vermuten, dass das vor allem an der Priorisierung "einfacher Fälle" liege. Anträge von Bürgerkriegsflüchtlingen, zu den natürlich Syrier zählen, werden schnell positiv entschieden. Albaner dagegen werden selten als Asylsuchende anerkannt, denn sie kommen aus einem sogenannten sicheren Herkunftsland. Ihre Anträge werden priorisiert und in Sonderzentren in Nürnberg, Mannheim, Unna und Berlin bearbeitet. Deshalb vermutet der Münchner Asylanwalt Hubert Heinhold die steigenden Entscheidungszahlen. "Auf die Masse der durchschnittlichen Fälle - und die hat ja unsere Kanzlei - hat sich das noch nicht ausgewirkt. Ich habe noch immer viele Mandanten, die warten, warten und warten."
    Warten - wie (Name der Redaktion bekannt). Die junge Iranerin ist Mandantin von Hubert Heinhold, sitzt ihm gegenüber. Am großen Holzschreibtisch in dessen Münchner Büro, das vollgestellt ist mit Ordnern und juristischen Büchern. Heinhold: "Ich habe für die Mandantin im März 2013 den Asylantrag gestellt. Am Anfang ging es schnell. Noch im April hatte sie die Anhörung. Und dann passierte gar nichts. Am 3. Juli 2014 habe ich gemahnt, die nächste Mahnung datiert vom 6. August 2014." Mahnung folgt Mahnung, ohne Erfolg - der Asylantrag der jungen Iranerin ist bis zum heutigen Tag nicht zustimmend oder abschlägig entschieden. (Name der Redaktion bekannt) ist kein Einzelfall: Von der Antragstellung bis zur Entscheidung dauert es bei Iranern, laut Auskunft des BaMF, im Durchschnitt gut 17 Monate. (Name der Redaktion bekannt) wartet sogar schon seit fast drei Jahren: "Ich habe keine Antwort bekommen. Als ich nach Deutschland gekommen bin, war ich 25. Jetzt habe ich drei Jahre verloren, in denen ich jung bin, in denen ich arbeiten und nützlich sein könnte, in denen ich vielleicht sehr glücklich sein könnte. Ich bin voller Energie - aber jetzt verliere ich diese Energie."
    Leben in der Warteschleife
    In Deutschland führt die junge Frau quasi ein Leben in der Warteschleife: Sie darf nicht arbeiten und nicht in vom Staat finanzierte Deutschkurse. So wie ihr geht es über 360.000 weiteren Antragsstellern - aber sie dürfen jetzt hoffen, dank Strukturreformen und Gesetzesänderungen, dank technischer Verbesserungen und der Neueinstellungen im BaMF. Das sind erste Schritte. Trotzdem ist noch viel zu tun, viele Abläufe im Amt wirken bürokratisch, die Mitarbeiter sind überlastet. Wie auch immer eine Lösung aussieht - sie wird das Arbeitsleben der zukünftigen Entscheider stark beeinflussen. Und sie werden die Zukunft des BaMF beeinflussen, da ist sich Ausbilder Torsten Wojtalla im Nürnberger Qualifizierungszentrum sicher: "Auf jeden Fall. Aber das dauert Zeit. Das passiert nicht von heute auf morgen. Sondern erst müssen die Leute vernünftig eingearbeitet und qualifiziert werden. Dann müssen sie sich vor Ort mit der Tätigkeit vertraut machen und dann erst können sie auch auf schwierigere Herkunftsländer losgelassen werden, deren Bearbeitung natürlich ganz andere Voraussetzungen erfordert, als wir hier vermitteln können. Das wird noch eine Zeit lang dauern, bis die entsprechenden Entlastungseffekte auch durch die neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dann eintreten."
    Noch üben Katrin Mischurke-Krauß und ihre Sitznachbarin im PC-Schulungsraum. Schon in zwei Wochen werden sie den Dienst in der BaMF-Außenstelle im fränkischen Zirndorf antreten, selbstständig Asylbewerber anhören und über ihre Gesuche entscheiden: "Erstens ist es ein ganz interessantes Gebiet, was mich interessiert hat - deswegen hab ich mich ja da beworben. Und ich komm auch aus dem öffentlichen Dienst, hab vorher im zwischen- und überstaatlichen Recht gearbeitet. Familienkasse. Zumindest vom europarechtlichen Charakter her, ist mir da einiges bekannt. Und ja, ich freu mich drauf, schauen wir mal!"