Ein junger Mann mit Baseball-Kappe auf dem Kopf und Smartphone in der Hand erzählt in einem Internet-Video von seinem Leben in Deutschland.
"Hier ist es nicht nur gut, hier ist es fantastisch. Hier gibt es essen, trinken, Geld, wir werden umsorgt, hier ist es bequem und - was braucht man mehr?"
Der junge Mann stammt nach eigener Aussage aus dem Irak, er sei im vergangenen Jahr nach Deutschland geflohen. In einem anderen Internetclip behauptet ein Marokkaner, er bekäme jeden Monat 600 Euro. Fürs Nichtstun. Und eine Wohnung. In dem kleinen Film steht er vor einem Bahnhofsgebäude und schwärmt von den paradiesischen Zuständen in Deutschland. 430.000 Mal wurde dieser Film angeklickt. In einem aufwendiger produzierten Video doziert eine Trickfilmfigur in weißem Kaftan über das Schlaraffenland Deutschland, bedankt sich - so wörtlich – bei Mama Merkel und fordert alle Flüchtlinge auf, nach Deutschland zu kommen. In einem weiteren Amateurfilm wird die Silhouette einer Stadt gezeigt und aus dem Off verkündet eine Stimme:
"Ich berichte von meiner Erfahrung, weil ich seit 14 Jahren in Deutschland lebe. Wenn man einen Aufenthaltstitel hat, dann bekommt man hier alles und die Behörden übernehmen die Kosten. Du kannst eine Wohnung kaufen und Möbel, und das hat mit deinem normalen Gehalt nichts zu tun. Man kann hier arbeiten, denn es gibt viele, viele Arbeitsplätze."
"Die meisten denken, dass sie 6.000 Euro als Begrüßungsgeld bekommen"
Videos wie diese werden im Internet millionenfach angesehen, sie verbreiten sich zum Beispiel über Youtube, Facebook oder Whatsapp. Die Frage ist: Wer stellt sie ein? Und kann es sein, dass Flüchtlinge diese Schilderungen tatsächlich glauben?
Ja, sagt Lamá, eine Libanesin, die seit fünf Jahren in Leipzig studiert. Um sich ihr Studium zu finanzieren, jobbt sie als Dolmetscherin, hilft Flüchtlingen und Behörden bei Sprachproblemen, begleitet Migranten bei ihren ersten Schritten in Deutschland. Seit Monaten erlebt sie, mit welchen Erwartungen viele Flüchtlinge nach Deutschland kommen. Erwartungen, die völlig überzogen sind und mit der Wirklichkeit in der Bundesrepublik nichts zu tun haben:
"Die meisten denken, dass sie 6.000 Euro als Begrüßungsgeld bekommen, dass sie schnell eine Wohnung bekommen, dass es im Haus eine große Sporthalle gibt mit Swimmingpool. Es ist sehr einfach, eine Freundin hier zu haben. Eine sehr gute Arbeit mit gutem Geld."
Es sei ein weit verbreiteter Irrglaube, dass jeder Flüchtling 6.000 Euro Begrüßungsgeld bekomme. Oft fragten Flüchtlinge sie, wann sie denn endlich mit ihnen zur Behörde gehe, um das Geld abzuholen. Tolle Autos, gute Jobs, schöne Wohnungen - das Bild von Deutschland lockt offenbar auch Menschen an, die nicht aus Bürgerkriegsgebieten oder den großen Flüchtlingslagern in Afrika und im Nahen Osten kommen.
"Ich habe einmal einen jungen Mann getroffen, der ist Mitte 30, der hatte ein sicheres Leben im Libanon. Er hatte auch eine Arbeit und verdient genug Geld. Aber da er von anderen gehört, dass es in Deutschland eine bessere Lebenschance gibt, hat er alles verlassen und nach Deutschland gekommen. Er ist jetzt enttäuscht, dass er nicht direkt eine Wohnung bekommen hat. Und er darf nicht arbeiten, da er Libanese ist. Also im Libanon gibt es keinen Krieg. Er hat gehört, dass er bald abgeschoben wird."
Bei unseren Recherchen treffen wir einen syrischen Arzt, der seinen Schilderungen zufolge Jahre lang in Russland gelebt und gearbeitet hatte. Als er im Internet von den vermeintlich paradiesischen Zuständen in Deutschland hörte, habe er sein altes Leben hinter sich gelassen und einen Asylantrag in Deutschland gestellt. Niemand darf wissen, dass er nicht direkt aus Syrien nach Deutschland gekommen ist, nicht vor Bürgerkrieg und Verfolgung geflohen ist, sondern in Russland lebte. Deswegen will er weder seinen Namen nennen noch seine Stimme im Radio hören. So ähnlich hört sich die Geschichte eines anderen Syrers an, ebenfalls ein Arzt. Er erzählt, dass er in der Ukraine eine gute Anstellung hatte. Auch er habe sich zu einem Neuanfang in Deutschland entschlossen. Beide wollen ihre Geschichte nicht ins Mikrofon erzählen. Zu groß ist die Angst, entdeckt zu werden.
"Ich hatte gehört, dass…"
Auch eine junge Syrerin, die wir in Sachsen treffen, will nicht erkannt werden. Sie würde wohl abgeschoben, wenn ihre wahre Geschichte ans Licht käme: Die Frau zeigt uns Bilder aus einem vergleichsweise normalen Leben - Job, Freizeit, Freunde:
"Ich bin in Kuwait geboren und dort aufgewachsen mit meiner Familie. Ich habe Syrien nur zwei Mal für kurze Zeit besucht. Ich kenne Kuwait besser als Syrien. Ich habe in Kuwait studiert und zweieinhalb Jahre als Journalistin gearbeitet."
Krieg und Verfolgung hat die 26-Jährige nicht erlebt. Ihre ganze Familie lebt in Kuwait, alle haben Arbeit und ein Dach über dem Kopf. Niemand muss Zuflucht in einem Flüchtlingslager suchen. Trotzdem wählte die Frau den riskanten Weg übers Mittelmeer, um nach Deutschland zu gelangen und Asyl zu beantragen. Als Syrerin rechnete sie sich gute Chancen aus, hier als Flüchtling anerkannt zu werden. Sie sei fasziniert gewesen von den Berichten über Deutschland, erzählt sie.
"Ich hatte gehört, dass jeder Flüchtling in Deutschland 670 Euro im Monat bekommt, und eine Wohnung. Und wenn man Deutsch spricht, kann man studieren, ohne etwas zu bezahlen oder nur ganz wenig. Und dass während des Studiums die Wohnung vom Staat bezahlt wird."
Die junge Frau will in Deutschland Betriebswirtschaft zu Ende studieren. In Kuwait wäre das Studium wesentlich teurer. Ihr Bild von Deutschland sei nicht nur durch die privaten Videos im Internet geprägt. Es sind auch große Sender wie Al Jazeera, Al Arabia oder der arabische Dienst von Russia Today, die falsche Meldungen über das Leben in der Bundesrepublik verbreiten. So behaupteten Al Arabia und der arabische Dienst von Russia Today beispielsweise, Deutschland zahle jedem Flüchtling 670 Euro im Monat.
"670 Euro - das sind in Kuwait mehr als 200 Dinar. Das ist ein Monatslohn und hier musst du nicht mal dafür arbeiten und kriegst außerdem Essen und eine Wohnung. Wenn man das vergleicht, kommt man sofort hierher, denn das ist ein guter Monatslohn, man kann alles kaufen und ein bisschen sparen und das motiviert die Leute, ihr Land zu verlassen. Webseiten von Al Arabia und Al Jazeera sind sehr bekannt und deshalb glaubt man das sofort."
Für die wenigsten Flüchtlinge sind diese Berichte der ausschlaggebende Grund, nach Deutschland zu fliehen. Die meisten von ihnen suchen Schutz vor Krieg und Verfolgung in ihren Heimatländern. Trotzdem werden auch Menschen aus sicheren Herkunftsländern von völlig falschen Vorstellungen angelockt. Wie viele es sind, dazu gibt es keine verlässlichen Zahlen – doch offenbar sind es keine Einzelfälle.
"Eine Freundin von mir aus Kuwait hatte dort mit ihrem Mann ein gutes Leben. Beide hatten ein Auto und gute Arbeit. Sie haben zwei Kinder und sie ist noch mal schwanger geworden und drei Kinder sind teuer. Deshalb haben sie sich entschieden, Kuwait zu verlassen, damit sie eine sichere Zukunft für ihre Familie haben. Verwandte von ihr sind schon vorher nach Deutschland geflohen - zwei Onkel und ein Neffe, und die haben sie motiviert, auch hierher zu kommen. Sie hat ihren Eltern eine Vollmacht gegeben, mit der sie die Autos und die Wohnung in Kuwait verkaufen können."
Gegen-Kampagnen zur Aufklärung
Den Sog, den die zirkulierenden Falschmeldungen entfalten, nimmt auch das Auswärtige Amt wahr. Eine Interviewanfrage zu dem Thema wurde allerdings abgelehnt. Schriftlich erklärte das Ministerium, dass im August 2015 mit einer systematischen Auswertung und Beobachtung der sozialen und klassischen Medien begonnen wurde und dass es verschiedene Aufklärungskampagnen gebe. Weiter heißt es:
"Die Deutsche Welle führt seit Ende September im Auftrag des Auswärtigen Amts mit dem Projekt "Flucht nach Europa" gezielt interaktive Social-Media-Aktivitäten auf Dari, Paschtu und Urdu für den Bereich Afghanistan und Pakistan durch. In Afghanistan hat das Auswärtige Amt darüber hinaus eine Plakatkampagne initiiert. Entscheidend ist zudem, dass in Deutschland angekommene Flüchtlinge über die sozialen und klassischen Medien ihrer Heimatländer die Wahrheit über die Bedingungen in Deutschland berichten."
Auch beim UNHCR, dem Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen, hat man das Problem erkannt. Hier befasst sich mittlerweile eine ganze Abteilung mit dem übertrieben positiven Image von Europa im Internet. Die sozialen Netzwerke werden systematisch nach Gerüchten und Falschmeldungen durchforstet. Melita Sunjic leitet die Abteilung, die mittlerweile in Wien angesiedelt ist.
"Ja, Europa hat im Moment so einen Mythos, wie es wahrscheinlich Amerika im 19. Jahrhundert hatte. Wir sehen das in den diversen sozialen Medien, die von Syrern, von Afghanen, aber auch diversen afrikanischen Ländern gelesen werden. Wo die schreiben, wenn du nach Europa kommst, wirst du sofort Zugang haben zu Arbeit, zu Unterkunft, zu sozialer Hilfe, du wirst studieren können, du wirst Sicherheit finden. Und das sind Gerüchte, die sich perpetuieren. Die Leute kommen aus Ländern, wo es keine Rechtsstaatlichkeit gibt und dieses komplexe europäische Asylsystem, das Dublin-System, das vielstufige Verfahren, um Asyl zu beantragen und Asyl zu bekommen, das ist ihnen so fremd, dass sie dann wirklich geschockt sind, wenn sie nach Europa kommen und finden, es ist nicht das gelobte Land."
Melita Sunjic und ihre Mitarbeiter wollen darüber aufklären, was die Migranten tatsächlich in Europa erwartet und dass in den Videobotschaften, die im Netz kursieren, falsche Hoffnungen geweckt werden. In einem ersten Schritt hat das UNHCR die Quellen identifiziert, die diese Gerüchte verbreiten.
"Die eine Quelle sind die Schmuggler, die Menschenschmuggler und die Menschenhändler, die natürlich Interesse haben, möglichst viele Leute zu gewinnen, die sie nach Europa bringen können, weil das eine riesige Einkommensquelle ist, ein Milliardengeschäft. Und die andere Informationsquelle, Fehlinformationsquelle sind zum Teil die Leute, die schon in Europa sind. Die stehen unter einem solchen Erfolgszwang, dass sie dann auch das Bild, das sie zurück schicken über Facebook und ihre Kommunikation mit der Familie, viel positiver zeichnen als es tatsächlich ist."
Diejenigen, die es nach Europa geschafft haben, beschreiben ihren Familien in der Heimat in den seltensten Fällen ihr tatsächliches Leben in den Massenunterkünften, das monatelange Warten auf die Bearbeitung ihres Asylantrages und die Erlaubnis zu arbeiten.
Sie zeichnen ein ganz anderes, ein viel verlockenderes Bild. Das habe mit der Kultur in den Herkunftsländern zu tun, sagt Melita Sunjic.
"Bei den Somalis und den Eritreern haben wir festgestellt, dass es irgendwie eine Schande für die ganze Familie wäre zuzugeben, dass man gescheitert ist und die Leute empfinden es als persönliches Scheitern, wenn sie dann nicht sofort irgendwie einen Job haben oder eine Wohnung, wenn es ihnen nicht sofort gut geht. Und zum Teil hat die ganze Familie gezahlt für ihre Reise und sie müssen zurückmelden, dass alles in Ordnung ist. Bei den Afghanen ist es so, dass es eine Kultur gibt, die anderen nicht zu beunruhigen. Also die jungen Burschen, die da 13-, 14-, 15-Jährig oft alleine unterwegs sind, die wollen, wenn sie mal mit der Familie telefonieren können, die Eltern zu Hause nicht beunruhigen und sagen, 'ja es ist alles in Ordnung'."
Das verzerrte Bild von Europa und von Deutschland wird bestärkt eben durch jene Videos, in denen behauptet wird, hierzulande bekämen die Neuankömmlinge alles – Wohnungen, Jobs, Autos. Ein Video sticht besonders hervor. Es stammt von dem Syrer Adam Kadoura, der vor einem Audi umherspringt und den Eindruck erweckt, in Deutschland bekäme jeder Flüchtling einen solchen Wagen geschenkt.
"Sie haben mir einen Audi gegeben, ich mag aber Mercedes. Aber sie haben mir keinen Mercedes gegeben, sondern einen Audi von 2010."
Dann steigt er in den Audi, winkt dem Zuschauer zu und fährt davon. Adam Kadoura lebt in Kiel, er ist seit vier Jahren in Deutschland. Er stammt aus Syrien und arbeitet als Dolmetscher. In seiner kleinen Wohnung stehen ein Computer und eine kleine Kamera, mit dem er seine kurzen Videos aufnimmt und produziert. Hunderttausende folgen ihm auf facebook, seine Videos werden im arabischen Raum millionenfach geklickt. Die Geschichte mit dem Auto sei eine Satire gewesen, eine Überspitzung, erzählt er. Aber: Adam Kadoura hat durchaus eine Mission.
"Auf jeden Fall, ich empfehle den Leuten, hierher nach Deutschland zu kommen. Also, hier kannst du dein Leben genießen, deine Zukunft aufbauen und in anderen Ländern, arabischen Ländern, kannst du nichts machen. Ich empfehle den Leuten, all meinen Herkunftslandsleuten, irakische Leute, hierher nach Deutschland zu kommen. Aber die Kultur zu integrieren und respektieren."
Dass seine Videos falsche Erwartungen und Hoffnungen wecken, lässt er nicht gelten. In einigen Foren wird er von seinen Landsleuten deswegen auch kritisiert. In einem Video beschwert sich ein Mann, dass Adam Kadoura die Unwahrheit über Deutschland verbreite. Der Mann filmt sich selbst vor einem Zelt, in dem er seit drei Wochen wohnt. Von einer eigenen Wohnung oder einem Auto ist nichts zu sehen.Adam Kadoura ficht das nicht an.
"Ich wollte den Leuten zeigen, wenn du hart arbeitest, dann kriegst du alles, was du willst, aber wenn nicht, dann kriegst du nichts. Also es war in diesem Video ein Mann beschwert sich. Er ist hier seit zwei oder drei Wochen in einem Zelt und er beschwert sich. Er sagt, es gibt kein genug Essen, die geben uns kein Geld und ich dachte, ich bekomme hier eine Wohnung oder ein Auto."
Adam Kadoura macht sich in einem anderen Video lustig über den Mann vor dem Zelt, der enttäuscht ist, dass Deutschland nicht so ist, wie er sich das vorgestellt hat und wie Adam Kadoura es in seinen Videos beschreibt. Von harter Arbeit ist in diesen Clips nichts zu sehen und nichts zu hören. Auch nicht von Massenunterkünften und monatelangen Wartezeiten auf den ersten Deutschkurs. Was hängen bleibt ist: In Deutschland bekommst du ein Auto geschenkt.
Gegen diese Botschaft anzukämpfen und ein realistisches Bild vom Leben in Europa zu zeichnen, ist die Aufgabe der Abteilung von Melita Sunjic beim UNHCR. Am Anfang stand eine wissenschaftliche Untersuchung. Es ging in einem ersten Schritt darum, herauszufinden, welche Medien von den verschiedenen Bevölkerungsgruppen genutzt werden und vor allem, welchen Medien die Menschen glauben. Iraker und Syrer vertrauen vor allem auf die sozialen Netzwerke, während in Afghanistan das Radio das bestimmende Medium ist. Dort gibt es in vielen Regionen noch kein Internet. In Eritrea und Somalia wiederum seien die mündlichen Überlieferungen besonders wichtig, berichtet Melita Sunjic
"Das heißt man glaubt dem, den man kennt, oder der, der aus dem eigenen Clan kommt. Zu Leuten, ich weiß nicht, wenn ich mich jetzt hinstelle, UNHCR sich hinstellt und eine Plakatkampagne macht und sagt, so und so ist die Lage tatsächlich, dann wird uns kein Glauben geschenkt. Wir haben daher eine Webseite gestaltet, wo wir Testimonials sammeln. Von Eritreern und von Somalis auf der Reise und in Europa, die erzählen, was sie erlebt haben. Und diese Testimonials sind meistens kurze Filme, aber es sind auch Leute, die Briefe einschicken, es gibt Leute die Audiofiles einschicken, die werden auf dieser Webseite alle aufgeladen und wir haben Teams in den Camps in Sudan und in Äthiopien, wo wir also die Sekundärmigration etwas in den Griff bekommen möchten, die diese Materialien, diese Testimonials verwenden, in Schulen, in Meetings, über die lokalen Radios, damit die Leute von ihren eigenen Landsleuten hören, wie die Lage tatsächlich."
Dass die Lage in Deutschland völlig anders ist, als sie in den sozialen Netzwerken und in einigen arabischen Medien dargestellt wird, hat auch die junge Syrerin längst festgestellt, die aus Kuwait nach Sachsen gekommen ist. Sie bekommt keine 600 Euro pro Monat, sondern den Hartz-IV-Satz, also rund die Hälfte. Trotzdem findet sie das Leben in Deutschland besser als in Kuwait. Zurück will sie nicht. Im Gegenteil: Jetzt möchte sie auch ihre Familie nachholen.
"Am Anfang wollten meine Eltern nicht nach Deutschland kommen. Aber als ich ihnen erzählt habe, wie man hier lebt, haben sie es sich überlegt und jetzt wollen sie doch kommen."
Ihre Eltern leben noch in Kuwait und werden sich wohl früher oder später auf den Weg nach Deutschland machen. Melita Sunjic vom UNHCR betont, dass es nicht ihre Aufgabe ist, Menschen von der Flucht abzuhalten. Vielmehr gehe es um Aufklärung, Informationen darüber, was Migranten in Europa erwartet. Potenzielle Flüchtlinge sollen anhand realistischer Auskünfte entscheiden, ob sie das Risiko einer Flucht auf sich nehmen. Doch bei denen, die wirklich nach Europa kommen wollen, stößt das oft auf taube Ohren.
"Bei den Irakern und Syrern sehen wir auch immer mehr negative Rückmeldungen, wahre Rückmeldungen, wo die Leute sagen, es ist nicht so, wie du dir das vorstellst, dass sie ihren Leuten raten nicht zu kommen, weil es nicht das ist, was sie eigentlich erwartet haben. Die haben aber auch das Problem, dass die Leute ihnen zu Hause nicht glauben. Die sagen ja, du bist schon in Europa, du hast es gut und nun willst du nicht, dass es mir auch gut geht. Also, dieser Mythos Europa, der ist sehr, sehr schwer zu erschüttern."