Wenn es um Flüchtlinge geht, dreht sich die hitzige Debatte fast nur um die Kosten der Unterbringung, nie aber geht es um Menschen. Eine Logik, die in der Öffentlichkeit zunehmend auf Unbehagen stößt. In der Integrationsdebatte muss das Thema Geld aus den Köpfen raus, sagt daher auch Sachsen-Anhalts CDU-Innenminister Holger Stahlknecht. Und wirft nun die Idee von ehrenamtlichen Integrationslotsen in die Debatte. Sie sollen sich um Asylbewerber kümmern, Kontakte zu Behörden und Vereinen herstellen, ihnen bei der Eingliederung praktisch zur Hilfe zu stehen. Stahlknecht: "Natürlich ist es eine Aufgabe, wenn man das mal allgemein nimmt, dass die mit denen, die da zu uns kommen, auch zum Sportverein gehen, dass sie mal in den Seniorenclub gehen, dass die mit denen mal zum Arzt gehen, zum Amt gehen. Um ihnen den Einstieg in unsere Gesellschaft zu erleichtern. Das ist eigentlich das Ziel."
Mit den Flüchtlingspaten will Innenminister Stahlknecht die Willkommenskultur stärken, sein Steckenpferd wenn man so will. Seit Jahren setzt sich der Italien-Liebhaber für ein tolerantes und weltoffenes Sachsen-Anhalt ein. Schnell kommt er dabei auf das - in seiner Partei nicht unumstrittene - fehlende Zuwanderungsgesetz zu sprechen, das gerade Ländern wie Sachsen-Anhalt mit einem schrumpfenden Bevölkerungsanteil immens helfen würde, wie er nicht müde wird zu betonen: "Ich halte es schon für wichtig, dass wir hier eine gute Willkommenskultur, eine gute Willkommensstrategie haben. Damit wir nicht nur alleine aus humanitären Gründen, sondern eben auch aus wirtschaftlichen Gründen zukunftsfähig bleiben werden."
Mediatoren für die Einheimischen
Die Integrationslotsen, die direkt bei den Kommunen angesiedelt sein werden, sollen aber nicht nur für Asylbewerber, sondern auch als Ansprechpartner für die Bevölkerung da sein. Mediatoren gewissermaßen, die auch den Einheimischen mental unter die Arme greifen, ihnen die Sorgen vor den Fremden nehmen sollen. Stahlknecht: "Also die sind jetzt nicht dafür gedacht, dass sie die Alleinunterhaltung für die übernehmen, die zu uns kommen. Sondern sie sind als Relaisfunktion gedacht, als Vermittler zwischen denen, die da geboren sind und denen, die zu uns kommen."
Selbst von der Opposition kommt Lob für die Idee der Integrationslotsen. Der Magdeburger Grünen-Politiker Sören Herbst kritisiert aber, dass der Staat seine Verantwortung für eine erfolgreiche Integration nicht verleugnen dürfe: "Daran hapert es zum Beispiel, wenn Geflüchtete irgendwo im Wald in Massenunterkünften untergebracht werden. Daran hapert es, wenn Arbeitsgenehmigungen nicht erteilt werden. Daran hapert es, wenn Deutschkurse nicht bezahlt werden. Und diese Hausaufgaben müssen erledigt werden. Erst dann kann dieses zivilgesellschaftliche Engagement wirklich fruchten."
Erstattung der Unterbringungskosten
Erst Anfang der Woche hat Sachsen-Anhalts CDU-Innenminister Holger Stahlknecht, den Kommunen zugesichert, dass das Land Sachsen-Anhalt alle zusätzlichen Kosten für die Versorgung von Asylbewerbern erstatten werde. Im Gegensatz zu den meisten Bundesländern, in denen es überwiegend nur Pauschalen gibt, will Sachsen-Anhalt die tatsächlichen Kosten übernehmen. Stahlknecht: "Es ist klar, dass wir das zahlen werden, zu denen die Landkreise tatsächlich auch verpflichtet sind. Da sind wir uns auch mit dem Finanzministerium einig."
Eine Entscheidung, für die die Magdeburger Landesregierung auch vom Städte-und Gemeindebund Beifall bekommt. 48 Millionen Euro stehen im Haushalt für die Unterbringung und Versorgung der Flüchtlinge bereit. Zu wenig, sagt Innenminister Stahlknecht und schätzt, dass man bei den ständig wachsenden Flüchtlingszahlen 30 Millionen Euro mehr brauche. Geld, das man nun bereitstellen werde. Damit geht Sachsen-Anhalt in Vorleistung, will die Mittel aber später vom Bund zurückfordern. Auch der über die Grenzen hinaus bekannte Magdeburger Rechtsextremismus-Experte David Begrich findet die Idee der Integrationslotsen gut, mahnt allerdings an, dass man Ehrenamtler nicht überfordern dürfe: "Also Flüchtlinge brauchen ja nicht nur ein Tisch, ein Stuhl, ein Bett. Wenn sie hierherkommen, traumatisierte Gewalterfahrung und Leid hinter sich haben, brauchen sie psychosoziale Beratung und Begleitung. Dafür braucht es gestärkte professionelle Strukturen. Und da sieht es doch noch relativ schwach aufgestellt aus. Da ist man noch auf dem Stand vor den steigenden Flüchtlingszahlen. Da hat sich nichts geändert, da gibt es keine Aufstockung der Mittel."
Zudem hat das Land Sachsen-Anhalt eine Task Force gebildet, eine wöchentlich tagende interministerielle Arbeitsgruppe. Sie soll den Kommunen bei den alltäglichen Problemen der Flüchtlingsunterbringung helfen. Unmissverständlich macht Sachsen-Anhalts Innenminister Stahlknecht aber auch klar, wessen Asylbegehren abgelehnt wurde, der müsse - ohne Wenn und Aber - abgeschoben werden.