Die ungarische Regierung hat auf die Umsiedlung von Flüchtlingen aus Lagern in Ungarn verzichtet. Von dort sollten ursprünglich 54.000 Menschen auf andere EU-Staaten verteilt werden. In diesem Umfang können nun andere Mitgliedsstaaten als Italien und Griechenland entlastet werden – und zwar dann, wenn dort besonders viele Flüchtlinge aufgenommen wurden. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) sagte, auch Deutschland könne diesen Mechanismus in Anspruch nehmen. "Ob wir das auch tun, ist eine andere Frage". Zunächst werde Deutschland 31.000 Migranten von Italien und Griechenland übernehmen.
Die Frage einer Umverteilung der Flüchtlinge sorgt in der EU seit Monaten für Streit. Die Kommission in Brüssel hatte ursprünglich eine verpflichtende Quote vorgeschlagen. In ihrem Beschluss verzichteten die Innenminister nach Angaben des Ratspräsidenten Jean Asselborn aber jetzt auf das Reizwort Quote. Darüber solle zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal beraten werden. Verbindlich seien die festgelegten Zahlen für die Staaten trotzdem.
EU bleibt entzweit
Es ist selten, dass Entscheidungen dieser Tragweite in der EU nicht im Konsens zustande kommen, sondern mit qualifizierter Mehrheit durchgesetzt werden. "Europa ist geteilt, aber wir befinden uns in einer Notsituation", rechtfertigte Asselborn die Abstimmung. "Wir hätten eine einstimmige Entscheidung vorgezogen."
Tschechien, Ungarn, Rumänien und die Slowakei stimmten gegen die Umverteilung. Der slowakische Ministerpräsident Robert Fico drohte damit, dass es während seiner Regierungszeit keine verpflichtende Verteilung von Flüchtlingen geben werde. Polen gehörte ursprünglich ebenfalls zu den Kritikern, stimmte letztlich aber doch für die Umsiedlung. Nach Angaben des polnischen Europaministers Rafal Trzaskowski wird das Land etwa 4.500 Flüchtlinge aufnehmen.
EU-Sondergipfel zu Fluchtursachen
Nach dem Treffen der Innenminister beraten am Mittwoch die Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten auf einem Sondergipfel in Brüssel. Auch dort wird die Flüchtlingskrise Thema sein. Allerdings wird es vor allem um außenpolitische Aspekte gehen, wie zum Beispiel die Sicherung der EU-Außengrenzen, die Zusammenarbeit mit der Türkei und die Frage, wie die Fluchtursachen bekämpft werden können.
Weiter keine Züge zwischen München und Salzburg
An der deutsch-österreichischen Grenze sind nach Schätzungen der Bundespolizei seit Montag wieder mehrere tausend Flüchtlinge angekommen. Die Deutsche Bahn und die Österreichische Bundesbahn (ÖBB) teilten mit, dass der Zugverkehr zwischen München und Salzburg mindestens bis zum 4. Oktober eingestellt bleibt. Die Züge wurden durch die Grenzkontrollen so lange aufgehalten, dass die Fahrpläne nicht mehr eingehalten werden könnten.
(at/am)