Eine Situation wie derzeit in Calais, wo mittlerweile 6.000 Flüchtlinge unter katastrophalen Bedingungen leben, würde in Deutschland anders diskutiert werden, meint Welter. Die Medien blickten zwar nach Calais, aber nicht in der gleichen Intensität wie deutsche Medien. Auch die Regierung wolle kein Signal senden, dass es sich lohnt, nach Calais zu kommen. Finanzielle Mittel für die Flüchtlingspolitik würden vor allem für die Sicherung der Außengrenzen eingesetzt. In Paris wurden Flüchtlingscamps von der Polizei geräumt, ohne den Menschen eine alternative Unterbringung anzubieten.
Frankreich sei aber auch eher Transit- als Zielland und nehme sehr viel weniger Flüchtlinge auf, so Welter weiter. Über die EU-Quoten werde Frankreich 30.000 Flüchtlinge in den nächsten zwei Jahren aufnehmen. Die Gesellschaft beschreibt sie als ernüchtert: Zwar gebe es eine Hilfsbereitschaft gegenüber Flüchtlingen, gleichzeitig herrsche aber grundsätzlich eine Skepsis gegenüber Einwanderung. Denn: "Frankreichs Einwanderungspolitik ist zu einem Großteil gescheitert. In der Gesellschaft gibt es viele Spannungen zwischen den verschiedenen Gruppierungen." Der französische Premierminister Manuel Valls habe Anfang des Jahres von "sozialer Apartheid" in den Vorstädten gesprochen, das sei zutreffend.
Front National kürzt Sportvereinen Mittel
Auch der Sport sei nur bedingt geeignet, integrierend zu wirken: "Gewinnt beispielsweise die französische Fußballnationalmannschaft, sind die Spieler mit Migrationshintergrund alle Franzosen - wenn sie verlieren, nicht."
Auch die radikalen Kräfte vom Front National versuchten, über den Sport auszugrenzen: So würden in vielen Vereinen, die in vom Front National regierten Regionen liegen, Mittel gekürzt - dabei gelten gerade die Sportvereine als Spiegel der "bunten Gesichter" der Einwanderergesellschaft.
Paris bewirbt sich auch für die Olympischen Spiele 2024 - das Olympische Dorf soll nach Welters Informationen in den Pariser Vorort St. Denis gebaut werden - mitten in einen sozialen Brennpunkt.