Archiv

Flüchtlinge in Griechenland
Hungerstreiks und Gewaltausbrüche

In Griechenland reicht der Platz in den Unterkünften nicht aus, um alle Flüchtlinge menschenwürdig unterzubringen. Es kommt zu Gewaltausbrüchen, manche Migranten sind aus Protest gegen die Verpflegung in einen Hungerstreik getreten. Einige haben versucht, von der Insel Chios aus zurück in die Türkei zu schwimmen, um auf einem anderen Weg nach Europa zu gelangen.

Von Wolfgang Landmesser |
    Auf einem Zelt im Flüchtlingslager Chios in Griechenland steht "Nicht in die Türkei, nicht hier bleiben, lasst uns nach Europa gehen."
    Von griechischen Chios aus sind einige Flüchtlinge Richtung Türkei losgeschwommen, selbst für gute Schwimmer wegen der Strömungen kaum zu schaffen. (AFP / Louisa Gouliamaki)
    Bunte Kuppelzelte auf den Feldern vor der mazedonischen Grenze – im griechischen Fernsehen sind das inzwischen gewohnte Bilder. Die Sender berichten regelmäßig, wenn die Polizei versucht, die von Flüchtlingen besetzte Bahnlinie zu räumen oder – wie am Dienstag – Kinder vor dem Grenzzaun demonstrieren.
    Noch immer harren weit über 9000 Menschen im wilden Camp von Idomeni aus – und hoffen, dass sich die Grenze doch noch öffnen könnte. Bis Ende Mai sollen alle Flüchtlinge in offizielle Lager gebracht werden, hat die griechische Regierung angekündigt. Aber nach wie vor reichten die Plätze nicht aus, um alle Flüchtlinge menschenwürdig unterzubringen, kritisiert Chris Boian, Sprecher des UN-Flüchtlingshilfswerks in Griechenland.
    "Genauso wie auf den Inseln reichen die Kapazitäten auch auf dem Festland nicht aus, um alle Menschen unterzubringen."
    In einigen Lagern ist die Unzufriedenheit groß. Über 3500 Flüchtlinge sind auf dem Gelände des ehemaligen Athener Flughafens Elliniko untergebracht. Hier gibt es immer wieder Beschwerden über das Essen. Shahim aus Afghanistan beschreibt, warum.
    Hunderte Flüchtlinge im Hungerstreik
    "Die meisten hier haben Probleme mit dem Essen. Es ist kein Haltbarkeitsdatum darauf, aber wir können riechen, dass es nicht frisch ist. Das Essen ist nicht warm, es ist nicht essbar. Und es gibt kein Wasser. Wir müssen uns das Wasser in den Waschräumen holen."
    Einige hundert Flüchtlinge in Elliniko sind deswegen in den Hungerstreik getreten. Die griechischen Behörden weisen die Kritik zurück. Die Qualität des Essens sei gut; die Probleme hätten eher damit zu tun, dass die Flüchtlinge aus ihren Ländern anderes Essen gewohnt seien.
    Besonders kompliziert ist die Situation auf den Inseln in der Ostägäis. Rund 8500 Menschen sitzen in den Lagern auf Lesbos, Chios oder Samos fest – und warten. Die meisten haben Asyl beantragt, aber die Verfahren ziehen sich hin. Einige Camps sind überfüllt, die Versorgungslage ist häufig schlecht, sagt Chris Boian vom UNHCR.
    "...insufficient food etc. contributes to tension. When the people living there doubt what the future holds for them and what their options are, how the system works..."
    Hotspots werden endlich geöffnet
    "Wenn die Lager überfüllt sind, wenn die Versorgung mit Wasser, Nahrungsmitteln, sanitären Anlagen unzureichend ist, dann trägt das verständlicherweise zu Spannungen bei."
    Immer wieder kommt zu Gewaltausbrüchen – oft zwischen Flüchtlingen unterschiedlicher Nationalitäten.
    Allerdings verbessere sich die Lage teilweise auch. So bemühten sich die griechischen Behörden, die Camps auf den Inseln zu öffnen. Seit Inkrafttreten des Flüchtlingsabkommens mit der Türkei am 20. März waren die Flüchtlinge in den sogenannten Hotspots praktisch eingesperrt. Aber auf Samos zum Beispiel gibt es gar keine Plätze außerhalb des überfüllten Hotspots, so das UN-Flüchtlingshilfswerk.
    Und so schreibt die Flüchtlingskrise immer neue verzweifelte Geschichten. Mehrere Nordafrikaner versuchten diese Woche von Chios zurück in die Türkei zu schwimmen, um sich von dort auf einem anderen Weg nach Europa durchzuschlagen. 15 Kilometer Luftlinie – eine Strecke, die wegen der starken Strömungen auch für trainierte Schwimmer kaum zu schaffen ist.