"Helft, bitte", ruft ein junger Afghane in die Mikrofone der Journalisten in Athen, die den verzweifelten Protestzug der Flüchtlinge über Athener Hauptverkehrsstraßen begleiten. Die griechische Regierung hatte den still gelegten, früheren Flughafen Athens eilig zum Notquartier für gestrandete Flüchtlinge erklärt; aber die Flüchtlinge weigerten sich, dort zu bleiben:
Zu Hunderten marschierten sie los, "… Germania"
"Wir wollen nach Deutschland", riefen sie, oder "lasst uns nach Mazedonien", oder einfach "Helft uns"
Ohne Schlaf, ohne Dusche
550 Kilometer weiter nördlich, in der kleinen Stadt Polykastro, ein ähnliches Bild. Seit Tagen harren hier hunderte Flüchtlinge aus. Einer von ihnen ist Adam aus Damaskus. Er ist verzweifelt – wie alle hier:
"Wir sind hier seit vier, fünf Tagen. Ohne Schlaf, wir können nicht duschen, nicht die Kleidung wechseln. Wir können nichts machen hier. Deshalb haben wir entschieden, zur Grenze nach Mazedonien zu laufen."
Etwa 500 Flüchtlinge machten sich gestern auf den 30 Kilometer langen Fußmarsch in Richtung Grenze. Doch dort lagern bereits etwa 4.000 weitere Flüchtlinge. Sie werden notdürftig versorgt von hilfsbereiten Einheimischen und auch von Mitarbeitern des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen, eine von ihnen ist Stella Nanou:
"Immer noch kommen hier viele Leute zu Fuß an, einige wenige auch mit dem Taxi. Sie sind verzweifelt, sie sind erschöpft. Sie sind ängstlich und nervös und sie wissen nicht, was passieren wird."
Tsipras schiebt Kritik von sich
Das weiß derzeit niemand in Griechenland, auch nicht Ministerpräsident Alexis Tsipras. Tsipras wiederholte gestern seine Kritik an den Ländern, die ohne Absprache die Grenzen geschlossen hatten und die Griechenland Vorwürfe machen, es würde die eigenen Grenzen nicht richtig sichern. Alexis Tsipras:
"Ich finde es unfassbar, dass manche Länder, die keinen einzigen Flüchtling aufnehmen, jetzt mit dem Finger auf Länder wie Griechenland zeigen."
Griechenland könne seine Seegrenze nicht absolut dicht machen, betonen griechische Politiker immer wieder. Wenn die griechische Küstenwache Flüchtlinge in Schlauchbooten im Ägäischen Meer entdeckt, müsse sie die Menschen retten und an Land bringen. Sollen wir etwa zusehen, wie die Flüchtlinge ertrinken, fragt ein Mitarbeiter der Küstenwache.
Ministerpräsident Tsipras rief die EU dazu auf, eine gemeinsame Lösung zu finden und die Flüchtlinge gerecht auf alle EU-Länder zu verteilen. Einfach so die Grenzen zu schließen und Griechenland mit den Flüchtlingen im Stich zu lassen, das sei nicht hinnehmbar, heißt es in Athen.