Am Eingang zu einer großen Halle im Darmstädter Stadtteil Bessungen spielt ein Flüchtlingskind mit ein paar Plüschtieren. Daneben steht Dina. Sie ist Ende zwanzig und aus Mazedonien geflohen.
In Mazedonien gibt es Probleme mit der Religion, sagt Dina, die ihren Nachnamen nicht nennen will. Es gäbe Ärger zwischen Christen und Muslimen.
Dina gehört zu den mehreren hundert allein reisenden Frauen, die jetzt in Darmstadt einen besonderen Schutz bekommen. Sie werden in einer Kaserne so untergebracht, dass sie nicht von Männern belästigt werden können. Denn in verschiedenen Massenunterkünften gab es bereits Probleme mit Übergriffen durch allein reisende männliche Flüchtlinge. Die Stadt Darmstadt und das Rote Kreuz organisieren nun mit vielen ehrenamtlichen Helfern eine große Kleiderkammer, in der insbesondere Frauen wie Dina mit dem Notwendigsten versorgt werden:
"Also wir haben hier vermehrt Damensachen gesammelt. Kleider, Winterkleider sind natürlich jetzt bei dem bevorstehenden Winter besonders wichtig. Wir haben aber auch sanitäre Sachen etwa Damenbinden gesammelt. Für Kinder haben wir ganz viel Spielzeug bekommen. Alle Altersjahrgangsstufen."
Individuelle Hilfe für alleinstehende Schwangere
Anja Müller ist Grundschullehrerin. Noch hat sie ein paar Tage Schulferien und packt nun ehrenamtlich mit an. Viele der allein reisenden Flüchtlingsfrauen bringen Kinder mit, die sie sofort am Eingang zur Kleiderkammer in Empfang nimmt:
Die Kinder fangen wir hier meist mit einem Spiel- oder Kuscheltier ab. Also sie kommen hier rein und bekommen dann von uns ein Kuscheltier. Und dann ist schon alles nicht mehr so traurig, dann ist das erste Lachen da.
Dina ist nicht so recht zum Lachen zumute. Denn sie weiß: Als Mazedonierin hat sie kaum Chancen, hier bleiben zu dürfen. Was sie tun will, wenn sie wieder in ihr Heimatland zurückgeschickt wird, weiß sie noch nicht so recht, sagt sie.
Der grüne Darmstädter Oberbürgermeister Jochen Partsch geht jedoch davon aus, dass viele der allein reisenden Frauen, die jetzt etwa aus Afghanistan in die Stadt kommen, auch hier bleiben werden. Die Stadt hat Netzwerk von Ärzten, Psychologen und Sozialbetreuern aktiviert, um auch schwangeren Frauen schnellstmöglich individuelle Hilfe zukommen zu lassen.
Mitarbeiterinnen von Pro Familia waren gestern schon vor Ort und haben sich die Situation angeschaut –gemeinsam mit der Frauenbeauftragten. Wir haben Frauen, die Gewalterfahrungen gemacht haben, aber es geht vor allem auch darum Frauen vor neuen Gewalterfahrungen zu schützen.
Gleichzeitig melden sich immer mehr Ehrenamtliche, die spezifische Angebote für Flüchtlingsfrauen mit Kindern machen. Das berichtet die Grundschullehrerin Anja Müller:
Zum Beispiel "Schultüten basteln" für Kinder, man weiß aber noch nicht so genau, ob diese Kinder überhaupt eingeschult werden oder wie. Andererseits gibt es auch Strickgruppen, dann Gebetskreise für muslimische Frauen. All diese Sachen sind natürlich für alle offen, aber explizit für Frauen mit Kindern.
Jedoch auch die große Kleiderkammer in Darmstadt -Bessungen ist für die Flüchtlingsfrauen ein wichtiger Ort, um ein wenig Würde zurückzugewinnen. Mit Bussen werden sie von der Unterkunft am Stadtrand dorthin gefahren. Man müsse ihnen hier allerdings die Zeit geben, die sie brauchen, um sich die richtigen Textilien auszusuchen, fordert ein deutsch-italienischer Helfer:
"Frauen haben die Möglichkeit, hier viele Sachen auszuwählen. Das Problem ist, wie viel Zeit haben diese Personen zur Verfügung, sich was auszusuchen. Die Größe und so – ein bisschen genauer zu gucken. Weil, es ist wichtig, dass sie nach Hause gehen mit dem Gefühl, wir wurden irgendwo nicht gut behandelt."
Doch das passiert an diesem Tag nicht- finden zumindest zwei Frauen, die gerade Kleidung abgeben haben und die sich über die vielen ehrenamtlichen Helfer freuen:
Es ist fantastisch, wie schnell die Menschen hier alles sortiert und geordnet und ab transportierbar gemacht haben.
Reporter: "Es sind etwa 50 oder 60 ehrenamtliche Helfer hier."
Frau: "Die bewundere ich grenzenlos. Und sieh sehen ja: freundlich und hilfsbereit. Und es sieht auch richtig aufgeräumt aus."