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Flüchtlinge
NATO prüft Einsatz gegen Schlepper

Beteiligt sich die NATO in der Flüchtlingskrise bald am Kampf gegen Schlepper im Seegebiet zwischen Griechenland und der Türkei? Die türkische Seite habe angekündigt, das Thema ansprechen zu wollen, teilte NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg mit. Er habe auch ein Vorgespräch mit Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen geführt.

Von Kai Küster |
    Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg steht vor dem Schriftzug "Nato/Otan"
    Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg bei einer Pressekonferenz nach der Sondersitzung (picture alliance / dpa / Olivier Hoslet)
    Ob die NATO demnächst Jagd auf Menschen-Schmuggler im Mittelmeer machen wird – diese Frage mochte Generalsekretär Stoltenberg noch nicht beantworten. Zu frisch ist noch der deutsch-türkische Vorstoß, das Bündnis könne helfend eingreifen an der Grenze zu Griechenland. Stoltenberg: "Die Flüchtlingskrise bereitet uns allen große Sorgen. Daher werden wir eine Anfrage der Türkei und anderer Verbündeter sehr ernsthaft prüfen, was die NATO unternehmen kann, um mit der Krise fertig zu werden."
    Stoltenberg bekundete, zwei Telefonanrufe erhalten zu haben: einen vom türkischen Verteidigungsminister. Und einen von dessen deutscher Kollegin von der Leyen. Nun werden sich auch die anderen 26 Minister bei ihrem Treffen am Mittwoch in Brüssel erstmals mit der Idee auseinandersetzen, dass die NATO der EU in der Flüchtlingskrise Hilfestellung leisten könnte. "Der türkische Kollege wird uns auf den neuesten Stand bringen bezüglich seiner Anfrage", so der NATO-Generalsekretär. Der sehr genau weiß, dass dieses Thema durchaus für Debatten sorgen dürfte.
    Griechenland ist dagegen
    Griechenlands Regierungschef Tsipras beeilte sich klarzustellen, dass er sich die NATO ausschließlich in türkischen Hoheitsgewässern vorstellen könnte. Aber sicher nicht in griechischen.
    Genug Fähigkeiten, zum Beispiel Schmuggler aufzuspüren, hätte das Bündnis ganz gewiss. Ende letzten Jahres hatte die NATO gleich ein ganzes Paket von Maßnahmen beschlossen, um angesichts des Kriegs in Syrien die Grenzen der Türkei zu sichern. Unter anderem waren zu diesem Zweck mehr Schiffe ins östliche Mittelmeer entsandt worden. Stoltenberg: "Wir haben also all diese Maßnahmen beschlossen, wir haben die Fähigkeiten. Aber es wäre falsch, wenn ich jetzt anfange, darüber zu spekulieren, ob wir Art und Umfang des Einsatzes nun ändern."
    Greift die NATO bald als Bündnis in Syrien ein?
    Völlig unstrittig ist, dass der Krieg in Syrien mit der Flüchtlingskrise ursächlich zusammenhängt. Von Anfang an hat die NATO das russische Eingreifen in den Konflikt als wenig hilfreich kritisiert. Anlässlich der Bombardements in Aleppo, einer Hochburg der Opposition gegen Machthaber Assad, warnt Stoltenberg, die russischen Luftangriffe würden die Friedensbemühungen untergraben: "Sie treiben Zehntausende Menschen an die Grenze zur Türkei. Und machen eine humanitäre Lage, die ohnehin schon zum Verzweifeln ist, nur noch schlimmer."
    Die NATO selbst als Bündnis ist in Syrien nicht aktiv. Fraglich ist noch, ob sich dies bald ändern könnte. Die USA hatten ganz offiziell NATO-AWACS-Aufklärungs-Flugzeuge angefragt. Insbesondere die Deutschen aber haben Bedenken dagegen, dass die Allianz selbst im Kampf gegen den "Islamischen Staat" bald Flagge zeigt. Ein möglicher Kompromiss könnte so aussehen: die NATO-AWACS – die oft eine deutsche Besatzung haben - kommen nicht in Syrien selbst, sondern an weniger brisanten Orten zum Einsatz. Nämlich genau dort, wo sich bereits US-Aufklärungsflieger befinden. Diese US-Maschinen wiederum würden dann für den Kampf gegen den islamischen Staat freiwerden.