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Flüchtlinge
Seehofer bleibt skeptisch

Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer traut den Vereinbarungen von Brüssel nicht. Er fordert weiterhin eine Obergrenze. Strikt wendet sich die CSU auch gegen mögliche Zugeständnisse für die Türkei bei Visa-Regelungen oder EU-Mitgliedschaft - und ist sich in diesem Punkt mit den Grünen einig.

Von Frank Capellan |
    Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) auf einer Pressekonferenz.
    Seehofer bleibt skeptisch bei den Vereinbarungen von Brüssel. (picture alliance / dpa / Peter Kneffel)
    Horst Seehofer bleibt skeptisch. Der CSU-Vorsitzende traut den Vereinbarungen von Brüssel nicht. Seine Sorge: Deutschland könnte wieder die Hauptlast bei der Aufnahme der Flüchtlinge tragen. Es geht zunächst um ein Kontingent von 72.000 Menschen, Syrer, die der Türkei abgenommen werden sollen, deren Verteilung innerhalb der Europäischen Union allerdings noch nicht klar ist. Seehofer setzt darauf, dass die Kanzlerin standhaft bleibt und Deutschland bei der weiteren Flüchtlingsaufnahme nicht zu sehr in Vorleistung geht:
    "Ich hoffe, dass sie Erfolg hat und dass das Prinzip Leistung und Gegenleistung stimmt."
    Bayerns Ministerpräsident hält an der von ihm definierten Obergrenze fest. Mehr als 200.000 Flüchtlinge im Jahr hält Seehofer für nicht vertretbar. Und schließlich würden alle Länder mit Ausnahme Deutschlands inzwischen eine solche Obergrenze anwenden, betont er heute gegenüber "Bild am Sonntag".
    Und von der Kanzlerin scheint er sich mehr Ehrlichkeit zu wünschen: Angela Merkel hat ihre Politik komplett geändert, gibt ihr größter Kritiker zu Protokoll, auch wenn sie das nicht zugibt. Trotz der Bilder von der griechisch-mazedonischen Grenze sage keiner mehr: Grenze auf, lasst alle nach Deutschland reisen. Schleichend ist es in den Augen Seehofers zur Abkehr von der bedingungslosen Willkommenskultur gekommen. In diesem Sinne seien die Vereinbarungen von Brüssel kein Durchbruch, aber ein Zwischenschritt auf dem Weg zu einer nachhaltigen europäischen Lösung. Innenminister Thomas de Maiziere hatte dagegen gestern von einem Erfolg der Bundeskanzlerin gesprochen, für den Christdemokraten ...
    "... ist das jetzt die europäische Lösung, auf die wir lange hingearbeitet haben. Aber damit ist die Arbeit nicht erledigt. Das muss jetzt umgesetzt werden, das ist eine große Aufgabe, Deutschland wird dabei auch helfen."
    Seehofer fordert Parlamentsabstimmung
    Horst Seehofer möchte das Brüsseler Verhandlungsergebnis allerdings vom Bundestag absegnen lassen. Das Flüchtlingsthema gehöre in die Parlamente, dann könnte es wieder mehr Vertrauen der Bevölkerung geben. Und mit Blick auf die Türkei zeigt er noch einmal die roten Linien seiner CSU auf: "Eine Vollmitgliedschaft in der EU und die komplette Visa-Freiheit wird es mit uns nicht geben-" In diesem Punkt finden die Christsozialen sogar Gehör bei den Grünen. Fraktionschefin Kathrin Göring Eckardt:
    "Was nicht geht, ist alles abzuschieben auf die Türkei, auf ein Land, in dem die Menschenrechte nicht eingehalten werden. Auf ein Land, in dem gegen die Kurden Bürgerkrieg geführt wird. Auch ein Land, von dem wir wissen, dass es in vielen vielen Bereichen instabil ist. Insofern ja, die Türkei muss Geld bekommen dafür, dass sie so viele Menschen aufnimmt, wie sie das bereits schon tut. Und zugleich haben die Europäer natürlich auch die Verpflichtung, Menschen hier in Europa aufzunehmen!"
    Grünen wollen Flüchtlinge aus Idomeni nach Deutschland holen
    Anders als Seehofer fordern die Grünen allerdings die Bundesregierung dazu auf, die Flüchtlinge aus dem griechischen Idomeni nach Deutschland zu holen. "Die haben Schreckliches durchgemacht, wir haben die moralische Pflicht, ihnen eine Perspektive zu bieten", meint die Parteivorsitzende Simone Peter. Der Innenminister dürfte da allerdings kaum mit sich reden lassen. Thomas de Maiziere hofft, dass die Flüchtlingszahlen weiter zurückgehen, auch alternative Routen müssten versperrt bleiben.
    "Die Zahlen im ganzen März sind sehr niedrig. Es sind ungefähr ein Zehntel der Zahlen vom Herbst. Und wir wollen, dass sie so niedrig bleiben und darauf richten sich jetzt unsere Anstrengungen."
    Viele Flüchtlingsunterkünfte in Deutschland stehen mittlerweile zur Hälfte leer. Nach Recherchen der "Welt am Sonntag" sind sie meist nur noch zur Hälfte belegt, in Ostdeutschland sogar nur zu 20 Prozent. Die Stadtstaaten Berlin, Bremen und Hamburg kämpfen allerdings nach wie vor mit überbelegten Unterkünften.