Es passiert nicht oft im EU-Parlament, dass Abgeordnete fast des gesamten politischen Spektrums, von den rechten EU-Skeptikern bis hin zur Linken auf einer gemeinsamen Pressekonferenz eine gemeinsame Forderung artikulieren. Der monatelange Stillstand bei der Reform der Dublin-Regeln hat nun so solch einer Allianz geführt.
Einig sei man sich in dem Punkt, dass das bisherige System zu chaotischen Zuständen geführt habe und man eine Reform brauche, betont die zuständige Berichterstatterin, die Liberale Schwedin Cecilia Wikström:
"Ich hoffe, dass die Mitgliedsstaaten endlich ihre Differenzen überwinden und sich im Juni auf eine Position einigen, damit wir uns an den Verhandlungstisch setzen können."
Fraktionsübergreifende Einigkeit
Im Parlament ist man sich schon seit vergangenem Jahr einig: Es braucht einen grundlegend anderen Ansatz. Nach schwierigen Debatten konnten sich die Abgeordneten aber fraktionsübergreifend einigen, betont die italienische Konservative Alessandra Mussolini:
"In verschiedenen Staaten, auch in Italien, hört man so viel Negatives über Europa. Mit der Dublin-Reform haben wir wunderbare Arbeit geleistet. Ich hoffe der Rat berücksichtigt das in dieser schwierigen Zeit."
Geht es nach dem Parlament, sollen Flüchtlinge in Zukunft im Land ihrer Ankunft registriert und überprüft werden. Gibt es bereits eine Beziehung zu einem EU-Land, zum Beispiel Verwandte, dann erhalten sie ein Asylverfahren in diesem Land, erklärt die Linke Abgeordnete Cornelia Ernst:
"So dass aus den Anliegerstaaten tatsächlich sehr zeitig die Leute wegkommen."
Im Zweifel werde danach verteilt, welches Land bisher wenige Flüchtlinge aufgenommen habe, so Ernst. Niemand werde also – wie bisher – in das Land seiner Ankunft zurückgeschickt, betont die italienische Sozialdemokratin Elly Schlein:
"Die Menschen hätten keinen Grund mehr, eine Registrierung zu vermeiden. Denn Registrierung hieß bisher, sie stecken in einem Land fest, zu dem sie keine Verbindung haben und das vielleicht gerade am Rand seiner Aufnahmefähigkeit ist, wie es in den vergangenen Jahren passiert ist."
Streichung von EU-Mitteln
Weitere Vorkehrungen sollen einen Missbrauch des Systems und eine überproportionale Belastung einzelner Länder verhindern. Weigert sich ein Land grundlegend, Flüchtlinge aufzunehmen, sollen im Gegenzug EU-Mittel gestrichen werden
Zwar hatten die Abgeordneten der EU-kritischen EFDD-Fraktion, der auch AfD-Mann Jörg Meuthen angehört, unter anderem wegen dieser verpflichtenden Aufnahme von Flüchtlingen gegen das Papier gestimmt. Die italienische EFDD-Abgeordnete Laura Ferrara unterstützte heute trotzdem den Aufruf an die EU-Staaten und erklärte gegenüber der Berichterstatterin Wikström:
"Ich arbeite gern mit Ihnen bei den Verhandlungen mit dem Rat zusammen und wenn Sie eine verpflichtende automatische Umsiedlung von Flüchtlingen fordern, werde ich Sie dabei unterstützen."
Jede Reform sei besser, als der Status Quo, begründete Ferrara ihre Unterstützung.
Die EU-Staaten wollen am kommenden Dienstag erneut über die Dublin-Reform beraten. Bisher war eine Einigung stets an der Frage einer verpflichtenden Flüchtlingsaufnahme gescheitert.