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Flüchtlinge
UNO wirft Griechenland "totales Chaos" vor

Mit ungewohnt deutlichen Worten hat das UNO-Flüchtlingshilfswerk den Umgang mit Flüchtlingen in Griechenland und Frankreich kritisiert. Die Lage auf den griechischen Inseln sei absolut beschämend, erklärte das UNHCR. Und Frankreich müsse endlich die Lage am Eurotunnel nach Großbritannien in den Griff bekommen.

    Flüchtlinge aus Afghanistan liegen auf der griechischen Insel Lesbos auf einer Straße .
    Auf Lesbos müssen Flüchtlinge häufig unter freiem Himmel schlafen. (afp/Bidstrup)
    Das UNO-Flüchtlingswerk UNHCR macht Griechenland schwere Vorwürfe. "Auf den Inseln herrscht das totale Chaos", sagte der Europa-Direktor von UNHCR, Vincent Cochetel, nach Besuchen auf Lesbos, Kos und Chios. Auf den meisten Inseln gebe es überhaupt keine Infrastruktur für die Aufnahme der Menschen. Es fehle an sanitären Einrichtungen, und die meisten Flüchtlinge müssten schutzlos unter freiem Himmel schlafen. Auch wenn sie nach einigen Tagen nach Athen weitergeleitet würden, erwarte sie dort das Nichts.
    "Kein weiteres Calais"
    Die griechischen Behörden müssten etwas unternehmen, anstatt die Verantwortung jeweils immer weiter zu schieben. Cochetel forderte die anderen EU-Staaten auf, Griechenland in der Flüchtlingsproblematik zu entlasten. Vorrangige Aufgabe sei es zu vermeiden, "dass an anderen Stellen in Europa ein weiteres Calais entsteht", sagte der UNHCR-Direktor. In der französischen Hafenstadt versuchen seit Monaten Tausende Flüchtlinge, durch den Kanal-Tunnel nach Großbritannien zu gelangen. Zehn Menschen sind dabei bislang umgekommen.
    Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras räumte ein, den Zustrom Tausender Flüchtlinge aus Ländern wie Syrien oder Afghanistan nicht aus eigener Kraft bewältigen zu können. Sein Land benötige die Hilfe der EU-Partner, sagte Tsipras. "Der Flüchtlingszustrom nach Griechenland geht über das hinaus, was unsere staatliche Infrastruktur zu leisten imstande ist."
    UNHCR dringt auf Notplan
    Auch Frankreich wurde vom UNHCR mit Vorwürfen konfrontiert. Von Paris forderte die Organisation einen zivilen Notfallplan für die Flüchtlingskrise am Eurotunnel bei Calais. Das UNHCR erneuere seinen Aufruf an die französischen Behörden zu einer dringenden, umfassenden und nachhaltigen Antwort auf die Lage vor Ort, erklärte die UNO-Behörde. Frankreich müsse die Situation der rund 3.000 festsitzenden Flüchtlinge als zivilen Notfall betrachten.
    Es sei durchaus machbar, die Lage bei Calais in den Griff zu bekommen, erklärte Vincent Cochetel vom UNHCR, der dort die Europa-Abteilung leitet. Er schlug unter anderem vor, ungenutzte Kasernen im Land zu Aufnahmezentren umzuwandeln. Das UNHCR kritisierte außerdem die fehlende Kooperation seitens Großbritannien. So weigere sich London etwa, Anträge auf eine legale Einreise von Flüchtlingen zu bearbeiten, die Verbindungen nach Großbritannien hätten.
    (fwa/kg)