Alex Letchidjio aus Kamerun holt aus einem grünen Metallspind in der Mitte der Halle eine Schutzbrille und einen Armschutz und klettert dann in eine viereinhalb Meter hohe Stahlröhre.
"Das ist mein Arbeitsplatz: Montieren und Schweißen mit der Hand, später mit der Schweißmaschine. Die Maschine macht ganz viel, weißt Du."
Der 33-jährige Kameruner gesellt sich zu einem deutschen Kollegen, der schon in der Röhre kauert, um das Generatorteil für Offshore-Windkraftanlagen von Siemens zusammen zu schweißen. Überall in der gigantischen Halle werden die Röhren montiert, in vier Schichten rund um die Uhr: Die Auftragsbücher sind voll, Weltmarktanteil 17 Prozent. Ausländeranteil der 300 Beschäftigten: 15 Prozent.
"Es wird ja immer schwieriger, in Deutschland auch entsprechende Fachkräfte zu bekommen. Und dann muss man sich überlegen, wie man das dann handeln kann. Und da kommt man halt auch auf andere Ideen. Und warum nicht?"
Flüchtlingen das Schweißen beigebebracht
Gerold Brunken ist der Personalchef von Reuther. Gleich neben der Firma an einer Ausfallstraße am Rand von Fürstenwalde leben knapp 100 Flüchtlinge in einem Asylbewerberheim. 14 von ihnen hat Reuther in einem dreimonatigen Praktikum die Grundlagen der Schweißarbeiten nahe gebracht. Zunächst aus einem Gefühl der gesellschaftlichen Verpflichtung, meint Firmeninhaber Finn Melgaard, der aus Dänemark stammt.
"Das war unsere Unterstützung zur Integration hier in Deutschland, wir können damit auch unseren Beitrag leisten. Wir sahen das jeden Tag auf der Straße vor unserer Tür: Da sind Leute, die haben nichts zu tun das, kann ein Problem sein."
Sie waren erst skeptisch, ob das etwas wird, mit den Flüchtlingen, räumt Personalchef Brunken ein. Schweißen ist schwere Arbeit.
"Bei den Afrikanern wusste man ja auch nicht, ob die das durchhalten. Das war ja auch eine ziemliche Belastung, kommen aus einem anderen Kulturkreis, weiß man nicht. Aber wir waren da ja total überrascht. Also die Leute haben ja eine Einstellung und Motivation gezeigt, das war unglaublich, also komplett anders, als man befürchten konnte."
"Keine Zeit für Parties"
Alex Letchidjio, der in Nordafrika an der spanischen Exklave Melilla über den Zaun nach Europa geklettert ist, lächelt schüchtern. Er sei gekommen, um zu lernen, sagt der EDV-Fachmann, der in Kamerun Computer repariert hat. Letchidjio hat ein festes Ziel vor Augen: Seine Frau, den siebenjährigen Sohn Alan und die dreijährige Tochter Daina nach Deutschland zu holen.
"Nach der Arbeit gehe ich in die Schule. Ich habe keine Zeit, Party oder irgend so etwas zu machen."
Alex Letchidjio ist einer von vier Flüchtlingen, die Reuther nach dem Praktikum übernommen und fest angestellt hat. Anfeindungen habe er nicht erlebt, sagt der Mann mit den kurzen Dreadlocks und dem gestutzten Kinnbart. Weder auf der Straße in Fürstenwalde noch in der Montagehalle.
"Das Arbeitsklima ist sehr gut. Ich habe viel gelernt, weil die Kollegen sehr hilfsbereit sind. Ich lerne auch weiter von Kollegen, weil sie viel wissen. Ja, ich lerne. Ich arbeite auch sehr hart, mein Bestes zu geben."
Verständigungsprobleme
Der Rassismus zeige sich in Fürstenwalde weniger offen auf der Straße als im Schutz der Anonymität des Internets auf Facebook, sagt Gerold Brunken. Natürlich sei auch die große Firma Reuther nicht vor Ressentiments gefeit.
"Das gibt es alles, bin ich fest von überzeugt, auch wenn es nicht groß bei uns ankommt, so verdeckt ist das mit Sicherheit der Fall. Aber man kann ja auch mit guten Beispielen überzeugen."
In der Montagehalle halten sich die deutschen Kollegen mit Bemerkungen zurück. Gefragt, wie es denn so sei, mit den Flüchtlingen, meint ein junger Mann nur:
"Verständigungsprobleme."
Trotzdem, sagt Firmenchef Finn Melgaard: Er sei auf die Ausländer in der Belegschaft angewiesen. Ohne all die Mitarbeiter aus Polen und der Slowakei würde er heute schon die Aufträge nicht mehr schaffen. Und auch die Flüchtlinge seien Reuther willkommen.
"Leute, die ihr Leben aufs Spiel gesetzt haben, gekämpft haben, von weit weg hierhinzukommen, alles verloren haben, die sind doch top motiviert. Und wir brauchen top motivierte Leute."