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Flüchtlingsdrama in Österreich
Vier Verdächtige in Untersuchungshaft

Zwei Tage nach der Entdeckung von 71 toten Flüchtlingen in einem Lkw in Österreich sind vier mutmaßliche Schlepper einem Richter in Ungarn vorgeführt worden. Derweil löste die "Kronen Zeitung" zahlreiche Beschwerden beim Presserat aus. Sie hatte ein unverpixeltes Foto der Toten gezeigt.

    Der Kühl-Lkw an der A4 in Österreich, in dem die Leichen von 71 Flüchtlingen gefunden wurden.
    Der Kühl-Lkw an der A4 in Österreich, in dem die Leichen von 71 Flüchtlingen gefunden wurden. (picture alliance / EPA / Hans Punz)
    Die drei Bulgaren und ein Afghane, die im Zusammenhang mit dem Tod der Flüchtlinge festgenommen wurden, erschienen in Kecskemét etwa 90 Kilometer südlich von Budapest vor Gericht. Die ungarische Staatsanwaltschaft forderte, die Beschuldigten während der Ermittlungen für einen Monat in Untersuchungshaft zu nehmen. Dem gab das Gericht statt. Die Anklage verwies auf die "außergewöhnliche Schwere des Verbrechens", dem die Flüchtlinge zum Opfer gefallen seien und warf den Männern einen "geschäftsmäßig" organisierten Menschenhandel vor. Unter den Festgenommenen sind der Besitzer des Lastwagens und zwei Fahrer.
    Der Kühllastwagen mit ungarischem Kennzeichen und dem Logo eines slowakischen Geflügelhändlers war am Donnerstag in einer Pannenbucht an der Autobahn 4 im Burgenland entdeckt worden. In dem Fahrzeug wurden 71 Leichen von Kindern, Frauen und Männern gefunden. Die Ermittler gehen davon aus, dass es sich um Bürgerkriegsflüchtlinge aus Syrien handelt. Die Toten werden derzeit von der Gerichtsmedizin Wien untersucht. Dies könne einige Tage dauern, heißt es.
    "Die Gesichter der Todesopfer sind nicht zu sehen"
    Die vier festgenommenen Männer sind nach Einschätzung der Polizei Handlanger eines bulgarisch-ungarischen Schlepperrings. Die Staatsanwaltschaft im österreichischen Burgenland kündigte an, sie werde voraussichtlich eine Auslieferung der Verdächtigen beantragen. In Österreich könnte ihnen dann wegen Mordes der Prozess gemacht werden.
    Unterdessen löste die Veröffentlichung eines Fotos toter Flüchtlinge in dem Lastwagen in Österreich Dutzende Beschwerden beim Presserat aus. Die "Kronen Zeitung" hatte zuvor ein unverpixeltes Bild zusammengedrängter Leichen im Laderaum veröffentlicht. "Die Gesichter der Todesopfer sind nicht zu sehen, die Identität somit geschützt. Bei einer Tragödie dieses Ausmaßes muss eine entsprechende Bebilderung möglich sein", sagte Multimedia-Chefredakteur Richard Schmitt der Tageszeitung "Der Standard".
    Beim österreichischen Innenministerium hieß es, es solle geklärt werden, wie das Foto zustande kam. Die Staatsanwaltschaft sei eingeschaltet. Das Foto stamme wohl aus Polizeikreisen.