Die Delegationen Finnlands und Tschechiens gaben die Einigung am Nachmittag als erste bekannt. "Der Deal wurde gebilligt", twitterten übereinstimmend die Regierungschefs Tschechiens und Finnlands, Bohuslav Sobotka und Juha Sipilä. Bald darauf gab EU-Ratspräsident Donald Tusk auch die Zustimmung der Türkei bekannt. Zuvor hatte Tusk mit Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, dem niederländischen Ministerpräsidenten Mark Rutte und dem türkischen Regierungschef Ahmet Davutoglu die Details ausgehandelt. Anschließend hatten die 28 EU Staats- und Regierungschefs die Ergebnisse erörtert.
Zugeständnisse an Ankara
Die Türkei nimmt illegal nach Griechenland eingereiste Migranten zurück - und die EU übernimmt im Gegenzug syrische Kriegsflüchtlinge aus der Türkei: Das ist der Kern des Deals. Das Abkommen soll bereits am Sonntag in Kraft treten. Die Türkei wird für ihre Zusammenarbeit belohnt: Laut einem von Tusk verbreiteten Vertrags-Entwurf stellt die Europäische Union unter anderem eine Lockerung der Visa-Pflicht für in die EU einreisende Türken in Aussicht. Auch sollen die Gespräche über einen türkischen EU-Beitritt wiederbelebt werden. Die Türkei hatte auch weitere EU-Finanzhilfen zur Versorgung der vielen Flüchtlinge verlangt.
Dass das Abkommen nun offenbar zustandekommt, ist ein Erfolg für die Bundeskanzlerin. Angela Merkel hatte einseitige Grenzschließungen, wie sie Österreich und die Balkan-Staaten vollzogen, stets abgelehnt und voll auf die Karte Türkei gesetzt.
Kritik von Menschenrechtlern
Menschenrechtler lehnen das Abkommen ab - auch die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Bärbel Kofler, äußerte sich kritisch. Sie sagte dem Hessischen Rundfunk, das individuelle Recht auf Asyl müsse gewahrt bleiben. "Es kann auf keinen Fall sein, dass ganze Gruppen von Menschen aufgrund ihrer Herkunft kein Recht auf Asyl mehr genießen dürfen." Dies gelte "egal, ob man aus Syrien kommt oder aus einem anderen Land". Kofler verwies auch auf die Einschätzung des Menschenrechtskommissars des Europarats, Nils Muiznieks, der die Pläne der EU für illegal hält."
Von einem "beschämenden Ablasshandel" zu Lasten der Flüchtlinge sprach Grünen-Chefin Simone Peter. Es sei "zynisch", den geplanten Deal mit der Türkei "als europäische Lösung der Flüchtlingsfrage zu etikettieren". "Das ist ein bitterer Tag für Flüchtlinge", erklärte der Geschäftsführer der Menschenrechtsorganisation Pro Asyl, Günter Burkhardt. "Die EU verkauft die Menschenrechte von Flüchtlingen an die Türkei." In Griechenland drohten nun "pro forma Verfahren mit anschließender Masseninhaftierung und Massenabschiebung". Dies sei eine "Schande für Europa".
(mg/fwa)