Ministerpräsidentin Hannelore Kraft hatte ausgerechnet nach Essen eingeladen – in der Ruhrgebietsstadt gibt es eines von landesweit mehreren Flüchtlingsheimen, in denen Asylbewerber mutmaßlich misshandelt worden sind. Nun greift Nordrhein-Westfalen in seine nicht üppig gefüllten Kassen – und gibt im nächsten Jahr rund 46 Millionen Euro mehr aus als bislang:
"Bei den Kommunen, auch damit haben wir uns beschäftigt, ist natürlich die Frage der Kosten eine relevante Frage."
Vor allem die Kosten für die Unterkunft von Asylbewerbern.
"Das Angebot, was wir heute auf den Tisch obendrauf legen – da wollen wir noch mal 25 Prozent oben drauf legen."
Was bedeutet, dass die Landesregierung die nordrhein-westfälischen Kommunen spürbar entlastet. Daneben will sich das Land einen weiteren, zweiten Posten leisten:
"Wir glauben, dass die Verfahrensberatung, die psychologische und soziale Betreuung verbessert werden muss. Wir werden hier die Mittel, die im Landesetat mit 3,5 Millionen etatisiert sind, verdoppeln auf sieben Millionen."
Außerdem, drittens, trägt Nordrhein-Westfalen drei Millionen Euro bei, um schwerkranke Flüchtlinge zu behandeln – auch dies zahlen bislang die Kommunen. Das Geld kommt aus dem Landeshaushalt – ob dafür an anderer Stelle gekürzt wird, ließ Kraft offen.
Uneinigkeit über Ausgestaltung einer Beschwerdestelle
Bernd Schneider, Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes in NRW, reagierte wohlwollend:
"Das Land hat einen ordentlichen Betrag draufgelegt. Das ist ein Schritt in die richtige Richtung, den wir zu würdigen wissen, Frau Kraft. Das sage ich ausdrücklich."
Die etwa 40 Vertreter aus Politik, von Kirchen und Wohlfahrtsorganisationen waren sich nach dem gut dreistündigen Treffen nicht einig, wie Misshandlungen künftig verhindert werden können. Die Landesregierung will jede Einrichtung von einer, wie sie Hannelore Kraft nennt, Task Force durchleuchten lassen. An ihr sollen sich auch Nichtregierungsorganisationen beteiligen. Die größte Oppositionsfraktion im Landtag, die CDU, hatte einen zentralen Ombudsmann gefordert. Den wird es nicht geben – was Armin Laschet, Fraktionschef im Landtag, leise Kritik üben lässt.
"Frau Ministerpräsidentin setzt mit der Landesregierung auf eine dezentrale Lösung, wo in jeder der 18 Einrichtungen eine Beschwerdestelle eingerichtet wird, an die man herangehen kann. Wir haben da noch die Frage: Wer sitzt denn da, wie wird das denn bearbeitet? Das wird jetzt eine praktische Frage sein. Wir hätten uns eine Ombudsstelle in der Staatskanzlei gewünscht."
Schließlich fällt noch dies auf: Was genau in den Flüchtlingsheimen in Essen oder Burbach falsch gelaufen ist, und wer die politische Verantwortung dafür trägt – das haben die Teilnehmer dieses Gipfels ausgeklammert. Armin Laschet:
"Wir haben ganz bewusst die Versäumnisse der letzten Wochen ausgeklammert und gesagt: Was kann denn jetzt besser werden?"
Diese Frage wird Nordrhein-Westfalen auch übermorgen in Berlin stellen, wenn der Bund mit den Ländern darüber verhandelt, wer was für die zahlreicher gewordenen Flüchtlinge tut und wer was finanziert.