Der Anstieg ist deutlich: 203 Übergriffe auf Asyl- und Flüchtlingsunterkünfte hat es im vergangenen Jahr in Deutschland gegeben. In diesem Jahr hat es bereits 202 Übergriffe gegengeben – aber das nur im ersten Halbjahr 2015. Darunter fallen 22 Gewaltdelikte, wie neue Zahlen des Bundesinnenministeriums belegen.
Die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl führt den starken Anstieg vor allem auf die massiven Kampagnen gegen neu geplante Asylbewerberwohnheime in den letzten zwei Jahren zurück, ebenso auf Pegida. Doch auch die Politik halte sich möglicherweise nicht mehr an ihre vorsichtige Wortwahl, die sie seit dem NSU-Terror lange Zeit gezeigt habe, sagt Bernd Mesovic, stellvertretender Geschäftsführer von Pro Asyl.
Bayerische Landesregierung will Sonderzentren für Bewerber aus bestimmten Regionen
"Wenn ich nach Bayern schaue, habe ich das Gefühl, was da zum Teil geschieht, ist unverantwortlich und sozusagen 'ne Fortsetzung des politischen Stils, den man vergangen glaubte. Nämlich sozusagen der Auffassung zu sein: Rechts von der CSU soll es nichts geben. Bis dahin machen wir alles selbst. Und die Töne dort, die im Moment gegenüber Flüchtlingen angeschlagen werden, sind unverantwortlich. Gerade eben auch in der Zeit, wo Unterkünfte auch brennen."
Die bayrische Landesregierung hatte zu Beginn der Woche beschlossen, Asylbewerber aus Ländern mit hohen Ablehnungsquoten wie den Balkanstaaten, in gesonderten Aufnahmeeinrichtungen unterzubringen.
Auch der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Burkhard Lischka ist der Meinung: Die bayrischen Sonderzentren könnten zusammen mit der Debatte über massenhaften Asylmissbrauch Täter zu Übergriffen motivieren. Lischka forderte die Länder auf, für mehr Polizeipräsenz vor den Unterkünften zu sorgen.
Der innenpolitische Sprecher der Unions-Fraktion im Bundestag, Stephan Mayer, mahnte angesichts der gestiegenen Übergriffszahlen eine schnelle Verfolgung der Täter durch die Sicherheitsbehörden an. Gleichzeitig nahm Mayer den bayrischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer in Schutz: Diesen als "rhetorischen Brandstifter" zu bezeichnen, sei unanständig, so Mayer.
Bundesmigrationsbeauftragte unterstützt CSU-Vorstoß
Unterstützung für den bayrischen Vorstoß signalisierte dagegen die Migrationsbeauftragten des Bundes, Aydan Özoguz. Die SPD-Politikerin sagte im RBB-Inforadio:
"Na ja, diese zentralen Aufnahmestellen sind ja nicht Sache Bayerns, das wird ja zentral organisiert, da ist der Bund ja auch zuständig. Und die haben wir überall. Aber die Frage ist tatsächlich: Sollten wir von Anfang an schon nach Ländern sortieren und sagen, diejenigen, die eben aus bestimmten Regionen kommen, so wie sie eben hinterher auch bearbeitet werden muss man ja sagen, kommen eben in bestimmte Erstaufnahmeeinrichtungen und die anderen in andere. Das ist durchaus eine Idee."
Auch unter den Sozialdemokraten auf Landesebene gibt es Anhänger einer zentralen Aufnahmeeinrichtung. Zum Beispiel mit Olaf Scholz, dem Ersten Bürgermeister der Stadt Hamburg.
Die Bundesmigrationsbeauftragte Özoguz zeigte sich derweil skeptisch gegenüber der bayrischen Forderung, weitere Länder des Balkans als sichere Herkunftsstaaten einzustufen. Das Beispiel Kosovo habe gezeigt, dass vor allem eine schnelle Bearbeitung der Anträge die Zahlen von ins Land kommenden Menschen senke, so Özoguz.
Die Bundesmigrationsbeauftragte Özoguz zeigte sich derweil skeptisch gegenüber der bayrischen Forderung, weitere Länder des Balkans als sichere Herkunftsstaaten einzustufen. Das Beispiel Kosovo habe gezeigt, dass vor allem eine schnelle Bearbeitung der Anträge die Zahlen von ins Land kommenden Menschen senke, so Özoguz.
"Mehr Mitarbeiter, damit mehr Leute wegbleiben, ist falscher Zungenschlag"
Auch der außenpolitische Sprecher der Bundestagsfraktion Die Linke, Stefan Liebich, befürwortet mehr Personal, um rascher über Asylgesuche zu entscheiden. Liebich sagte im Deutschlandfunk:
"Auf der anderen Seite war es ein falscher Weg, für Länder pauschal festzulegen, dass es von dort her keine Flüchtlinge geben darf. Denn man kann nicht abstrakt sagen, dass es in Mazedonien, in den Balkanländern generell, keine Verfolgung gibt. Selbst, wenn die Lage dort besser ist als in anderen Ländern, dann muss man doch immer konkret schauen und individuell. Und diese Entscheidung fand ich nicht richtig, und deswegen, wenn man sagt, mehr Mitarbeiter, damit mehr Leute wegbleiben, dann ist das ein falscher Zungenschlag."
Die Bundesregierung hatte im vergangenen Jahr Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina als "sichere Herkunftsstaaten" eingestuft. Das Bundesinnenministerium hat jedoch inzwischen eingeräumt, dass sie sich durch den Schritt einen stärkeren Rückgang bei den Asylanträgen erhofft hatte.