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Flüchtlingskinder in Griechenland
Kritik an Habecks Forderung nach Soforthilfe

Deutschland müsse mindestens den 4.000 Kindern in griechischen Flüchtlingslagern helfen, forderte Grünen-Chef Robert Habeck. Sie sollten auch dann aufgenommen werden, wenn andere in der EU nicht mitmachen. Die Unionsparteien und die FDP sehen das kritisch, SPD und die Linke unterstützen die Idee.

Von Frank Capellan |
Robert Habeck, Bundesvorsitzender von Bündnis 90 / Die Grünen
Grünen-Chef Robert Habeck fordert sofortige Unterstützung mindestens für die Flüchtlingskinder in griechischen Lagern (dpa / Robert B. Fishman)
"Den Kinder kann und muss am wirksamsten vor Ort geholfen werden!" Entwicklungsminister Gerd Müller hält nichts davon, Flüchtlinge von Griechenland nach Deutschland zu bringen. "Ich verstehe die Hilflosigkeit der griechischen und europäischen Behörden mit Blick auf die Zustände in den Flüchtlingslagern nicht", betont der CSU-Minister in der "Passauer Neuen Presse".
07.04.2018, Baden-Württemberg, Schwetzingen: Alexander Mitsch, Bundesvorsitzender der "WerteUnion", steht vor der Jahrestagung des konservativen CDU-Flügels "WerteUnion" am Palais Hirsch. 
CDU-Politiker Alexander Mitsch: "Wir würden wieder eine Ausnahmesituation schaffen"
Alexander Mitsch von der konservativen Werteunion hält nichts vom Vorschlag des Grünen-Chefs Robert Habeck noch vor Weihnachten 4.000 Kinder aus griechischen Flüchtlingslagern nach Deutschland zu holen. Es solle keine weitere ungeregelte Migration nach Deutschland geben, sagte Mitsch im Dlf.
In seinen Augen müsse die Europäische Union reagieren, schließlich sei die Situation in afrikanischen Flüchtlingscamps besser als in Griechenland. Dort werde mit den Kinderhilfswerken der Vereinten Nationen schneller und effektiver aktiv. "Wir haben unhaltbare, inhumane Zustände mitten in Europa", bekräftigt Müller, doch auch sein Parteifreund Stefan Meyer, Staatssekretär im Innenministerium, hält nichts davon, dass Deutschland nun im Alleingang handelt:
"Wir dürfen die anderen EU-Länder nicht aus ihrer Verantwortung entlassen. Es geht jetzt gerade bei der Bewältigung der Migrationskrise auf den griechischen Inseln um eine gemeinsame europäische Lösung, und wir werden in den nächsten Wochen und Monaten nichts unversucht lassen, um hier möglichst viele EU-Mitgliedsländer dazu zu bringen, sich beispielsweise an der Aufnahme von unbegleiteten Minderjährigen aus den Hotspots zu beteiligen."
Habeck fordert Soforthilfe für 4.000 Kinder
"Holt als erstes die Kinder raus", hatte Grünen-Chef Robert Habeck am Wochenende gefordert. Und Habeck hält nichts davon, angesichts der Not in den Flüchtlingslagern Griechenlands eine Höchstgrenze für die Zahl der Flüchtlinge zu nennen, die nach Deutschland kommen könnten. "Deutschland muss handeln, wenn andere in der EU nicht mitmachen", fordert Habeck:
"Die Lage dort spottet jeder Beschreibung, die Zelten sind nass, Hunderte von Menschen teilen sich eine Toilette, wir hören Berichte von den Kindern, dass sie suizidgefährdet sind, dass sie traumatisiert sind. Neulich ist ein Säugling dehydriert, also gestorben daran, und deswegen ist jetzt die Forderung, eine Art Soforthilfeprogramm aufzulegen, die Kinder dort rauszuholen. Das sind etwa 4.000. Wenn Deutschland sich ein bisschen beteiligt, werden andere europäische Länder uns helfen, aber wir können bei allem, was zu tun ist, die Kinder dort nicht lassen!"
Kritik von CDU und FDP
Von einer PR-Aktion in eigener Sache kurz vor Weihnachten spricht FDP-Generalsekretärin Linda Teuteberg. "Was ist denn mit den Kindern in türkischen, jordanischen oder libyschen Lagern", fragt FDP-Vize Wolfgang Kubicki und der CDU-Abgeordnete Christoph de Vries warnt: "Wir dürfen unter keinen Umständen zulassen, dass erneut Fehlanreize geschaffen werden, die neue Migrationswellen nach Deutschland auslösen!"
Anders Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow von der Linkspartei im ARD-Fernsehen. Er sieht durchaus Möglichkeiten, insbesondere unbegleitete Minderjährige schnell nach Deutschland zu holen:
"Wir sind gut vorbereitet! Seit 2015 haben wir die ganzen Dinge gut geordnet und wir sind in der Lage, wirksam und zwar richtig wirksam, schultechnisch und berufsschultechnisch, berufsmäßig mit den jungen Leuten Perspektiven zu eröffnen."
Auch Boris Pistorius, Innenminister in Niedersachsen, der die Flüchtlingspolitik der Länder für die SPD Seite koordiniert, kann sich schnelle Hilfe vorstellen: "Wenn alle immer warten, dass alle mitmachen, macht am Ende keiner was."
SPD und Linke unterstützen die Forderung
Es gehe darum, als Zeichen der Humanität "nicht Tausende, aber einige hundert" Kinder nach Deutschland zu holen, meint Pistorius gegenüber der Zeitung "Die Welt". Robert Habeck verweist auf bereits erfolgte Zusagen einzelner Bundesländer:
"Thüringen, Berlin, Baden-Württemberg beispielsweise. Wir haben ja in den Aufnahmeeinrichtungen Kapazitäten aufgebaut, die sind jetzt teilweise nicht genutzt. Das wissen die Bundesländer selber, was sie leisten können, was sie betreuen können. Der Bundesinnenminister muss nur die Hilfsbereitschaft der Länder erlauben und ich denke, das ist das Mindeste."