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Flüchtlingspolitik
Ein gefahrloser Weg in die EU

Beim EU-Flüchtlingsgipfel will Italien die Partner von einer Idee überzeugen, die von Hilfsorganisationen stammt: EU-Asylbüros in Niger und im Sudan - also dort, wo wichtige Fluchtrouten verlaufen. Doch der Vorschlag wirft viele Fragen auf.

Von Tilmann Kleinjung |
    Kundgebung unter dem Motto "Südthüringen bleibt bunt" in Suhl im Februar 2015
    Italien schlägt vor, in Afrika einen Korridor Richtung EU einzurichten, damit Flüchtlinge gefahrlos einreisen können. Hier demonstrieren Menschen im thüringischen Suhl für die Aufnahme von mehr Flüchtlingen. (picture alliance / dpa / Foto: Martin Schutt)
    Von diesem Gipfel erwartet sich Italien eine Wende in der europäischen Flüchtlingspolitik. Wenn die EU diesmal keine Antwort finde auf das, was im Mittelmeer geschehe, könne sich ein Unglück wie jenes vom Wochenende jederzeit wiederholen, sagte Ministerpräsident Matteo Renzi im Parlament. Und dann zählte er auf, worin diese Antwort seiner Meinung nach besteht: im Kampf gegen Schlepperbanden, einer stärkeren EU-Präsenz im Mittelmeer und in einem humanitären Korridor durch Afrika.
    Praktisch über Nacht hat sich die italienische Regierung diese Forderung von Flüchtlingsorganisationen zu eigen gemacht. "Internationale Organisationen müssen südlich von Libyen aktiv werden. In diesem Sinn ist unsere Zusammenarbeit mit Niger sehr wichtig", sagte Renzi.
    Niger ist ein südlicher Nachbar Libyens, ein Transitland. Durch diesen Wüstenstaat läuft eine wichtige Fluchtroute in Richtung libysche Küste. Die italienische Regierung hat bereits vor dem schweren Unglück vom Wochenende Innenstaatssekretär Domenico Manzione nach Niger geschickt. Manzione sucht nach Partnerländern in Afrika, in denen Asylanträge gestellt und bearbeitet werden können, ohne dass Flüchtlinge die lebensgefährliche Fahrt über das Mittelmeer antreten müssen.
    Italien schlägt Transitländer vor
    Manzione: "Wenn wir einen legalen Weg nach Europa schaffen wollen, dann brauchen wir einen Ansprechpartner. Aus diesem Grund haben wir an die Transitländer gedacht, an Länder südlich der Sahara. Denn der Ort, von dem die meisten Boote abfahren, nämlich Libyen, verfügt aktuell über keine Regierung, mit der man seriös verhandeln könnte."
    Im Gespräch mit dem ARD-Studio Rom konkretisiert Manzione diesen Vorschlag Italiens, der im Ruf nach mehr Schiffen im Mittelmeer und Einsätzen gegen die Schlepper praktisch untergegangen ist. Italien will in Ländern wie Niger oder dem Sudan europäische Asylbüros einrichten.
    Manzione: "Da müssen große internationale Organisationen beurteilen, ob jemand, der sich an eine solche Stelle wendet, in Europa Asylrecht genießt. Dann müssen wir auch über eine gerechtere Verteilung innerhalb Europas nachdenken."
    Flüchtlingsorganisationen wollen vor allem Menschenleben retten
    Aktuell beherbergen Länder wie Schweden, Deutschland, aber auch Italien die meisten Flüchtlinge. Eine Asylentscheidung außerhalb Europas hätte automatisch zur Folge, dass die EU einen Aufnahmeschlüssel einführen muss: Land X muss 60.000 Menschen aufnehmen, Land Y 100.000 und so weiter.
    Für Flüchtlingsorganisationen ist dieser Aspekt eher nebensächlich. Viel wichtiger, sagt Christopher Hein vom italienischen Flüchtlingsrat, sei der Versuch, Menschen in Not von der lebensgefährlichen und teuren Fahrt über das Mittelmeer abzuhalten:
    "Angesichts der neuen Tragödie müssen alle Anstrengungen unternommen werden, die dazu beitragen zumindest, dass es eine Alternative für die Flüchtlinge dazu gibt, zu der, auf die Schiffe zu steigen, ihr Leben zu riskieren und die Schmuggler zu bezahlen."
    Viele Fragen sind allerdings noch nicht geklärt beziehungsweise bis ins Letzte durchdacht. Mit Büros für die Entscheider allein ist es ja nicht getan. Die Asylbewerber müssen in den Transitländern in Aufnahmelagern untergebracht werden. Was geschieht mit Flüchtlingen, die keinen Anspruch auf Asyl haben? Die großen internationalen Organisationen, die Vereinten Nationen, das Rote Kreuz und die Internationale Organisation für Migration unterstützen dennoch die italienische Initiative. Nun muss Renzi nur noch die europäischen Partner von seiner Idee überzeugen.