Die EU-Kommission konnte nicht länger im Urlaubsmodus verharren, angesichts der furchtbaren Meldungen und Bilder, die uns täglich aus Griechenland, beispielsweise von der Insel Kos erreichen. Als EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos heute vor die Presse trat, machte er als erstes klar: "Wir haben es mit der schlimmsten Flüchtlingskrise der Welt seit dem Zweiten Weltkrieg zu tun."
Allein im Juli seien in Griechenland 50.000 Flüchtlinge angekommen. Im Juli vor einem Jahr seien es nur 6.000 gewesen, so der Kommissar.
"Ich verstehe, dass Griechenland den EU-Katastrophenschutzmechanismus auslösen wird, um der Insel in der östlichen Ägäis schnelle humanitäre Hilfe liefern zu können. Ich rufe alle Mitgliedsstaaten auf, schnell auf diesen Hilferuf zu reagieren und mit Griechenland Solidarität zu zeigen."
Notfallhilfe für Versorgung der Flüchtlinge
Neben der Katastrophenschutz-Hilfe in Form von Ausrüstung, Hilfsgütern und Experten sollen umgehend 2,7 Millionen Euro an Notfallhilfe nach Griechenland fließen. Langfristig soll Griechenland über verschiedene EU-Programme innerhalb der kommenden fünf Jahre 474 Millionen Euro erhalten, um Flüchtlinge versorgen zu können, aber auch, um seine EU-Außengrenze besser abzuschotten. Das hat die EU-Kommission Anfang des Monats entschieden. Neben Griechenland stehe auch Ungarn vor besonderen Herausforderungen, so Avramopoulos. Hier seien im Juli 35.000 Flüchtlinge angekommen.
"Ungarn gehört nun, neben Griechenland und Italien, auch zu den der Krise am stärksten ausgesetzten Ländern. Gestern haben wir von Ungarn die offizielle Anfrage nach acht Millionen Euro Notfallhilfe erhalten, um damit Aufnahmekapazitäten auszubauen. Die Kommission wird die Anfrage unverzüglich bearbeiten."
Außerdem hätten Österreich und Frankreich Notfallhilfen beantragt. Österreich ist mit seinem Erstaufnahmelager nahe Wien vollkommen überfordert – Amnesty International spricht von Menschenrechtsverletzungen. Auch im französischen Calais ist die Lage dramatisch, weil Flüchtlinge immer wieder versuchen an Bord von LKW durch den Kanal-Tunnel nach England zu gelangen.
"Wir brauchen einen europäischen Ansatz"
Mit Blick auf das bisherige Versagen der EU-Mitgliedsstaaten, sich auf eine fairere Verteilung der Flüchtlinge innerhalb der EU zu einigen, forderte Kommissar Avramopoulos:
"Auf die Herausforderungen der Migration gibt es nicht die eine, einfache Antwort. Kein Mitgliedsstaat kann sich um Migration allein kümmern. Was wir brauchen, ist ganz klar einen neuen, europäischen Ansatz. Wir brauchen den Mut aller, um unsere Verpflichtungen zu erfüllen. Auch wenn sie nicht leicht sind, auch wenn sie nicht beliebt sind."
Im Oktober soll es dann auf Vorschlag Ungarns eine Konferenz geben. Dann soll über die Folgen der Flüchtlingsroute über den Westbalkan diskutiert werden. Für November ist ein Gipfeltreffen zur Flüchtlings-Problematik mit den afrikanischen Staaten geplant.