EU-Parlamentspräsident Martin Schulz warnte zum Auftakt des EU-Gipfels vor einer Spaltung der Staatengemeinschaft in der Flüchtlingspolitik. Die Kluft zwischen West- und Osteuropa sei bereits unübersehbar, sagte Schulz. Zu wenige EU-Länder seien bereit, Flüchtlinge aufzunehmen. Vor allem osteuropäische Staaten lehnen das derzeit ab.
EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos hat sich dagegen ausgesprochen, dass Länder bestraft werden, wenn sie keine Flüchtlinge aufnehmen wollen. Genau damit hatte der österreichische Bundeskanzler Werner Faymann gedroht. In einem Interview mit der Tageszeitung "Die Welt" hatte er die Idee ins Spiel gebracht, Einzahlungen in den EU-Haushalt zu kürzen.
Bundeskanzlerin Angela Merkel warb bei den EU-Partnern für eine freiwillige Aufnahme von Flüchtlingen aus der Türkei. Sie hatte sich vor dem Gipfel mit Vertretern mehrerer EU-Staaten und dem türkischen Ministerpräsidenten Ahmet Davutoglu getroffen. Man habe vereinbart, eine Arbeitsgruppe einzusetzen, sagte die Kanzlerin. Sie sei zuversichtlich, dass Ankara alles tun werde, um die illegale Migration deutlich zu verringern.
Visumspflicht für Syrer in der Türkei
Wie Davutoglu nach dem Treffen mitteilte, will die Türkei eine Visumspflicht für Syrer einführen und damit die Zahl der Flüchtlinge begrenzen. Die Vorgabe solle ab dem 8. Januar gelten, berichten mehrere Medien. Syrien kündigte seinerseits eine Visumspflicht für türkische Staatsbürger an.
Stärkung von Frontex
Neben der Migrationspolitik wird auf dem Gipfel auch über den Schutz der EU-Außengrenzen beraten. Ratspräsident Donald Tusk warnte vor drastischen Maßnahmen, sollten die Pläne der Kommission zur Stärkung der Grenzschutzagentur Frontex zurückgewiesen werden. Vorgesehen ist, dass Frontex notfalls auch gegen den Willen betroffener Staaten zur Sicherung der Außengrenzen aktiv werden kann.
Die Staats- und Regierungschefs wollten zudem über Forderungen des britischen Premierministers Cameron für eine Reform der Gemeinschaft beraten. Unter anderem will er Zuwanderer aus EU-Ländern vier Jahre lang von Sozialleistungen ausnehmen. Mehrere osteuropäische Staaten lehnen dies ab. In Großbritannien leben und arbeiten hunderttausende Menschen unter anderem aus Polen und Tschechien.
(pr/tj)