"Wenn ich aber gefragt werde, was der Charakter dieses Landes ist, dann sage ich: Schaut auf die Brandenburgerinnen und Brandenburger und schaut vor allen Dingen darauf, wie sie mit der momentanen Flüchtlingssituation hier in unserem Land umgehen."
"Cottbus will das nicht. Die Leute stehen irgendwann mal auf, das wird zu viel sein, ohne Scheiß. Jeden, den ich getroffen habe, alle reden von dem gleichen Thema - von diesen Leuten hier."
Im dünn besiedelten, rot-rot regierten Brandenburg steht Ministerpräsident Dietmar Woidke vor der Herausforderung, in diesem Jahr 30.000 Flüchtlinge aufnehmen zu müssen. Bei seiner jüngsten Regierungserklärung im Potsdamer Landtag würdigt der SPD-Politiker die Willkommenskultur in seinem Land. Doch es gibt auch andere Stimmen.
O-Ton Frau:
"Jetzt tun sie sich ja noch beschnuppern hier in Deutschland. Und wenn sie dann wirklich hier drin sind, also dann gibt's ... "
O-Ton Mann:
" ... Bürgerkrieg oder wie das heißt. Wenn die richtig locker sind, dann machen die, was sie wollen, das ist das, was sie meint."
Dietmar Woidke: "Mittlerweile gibt es gut 100 Willkommens-Initiativen in Brandenburg. Es gibt Demonstrationen für Toleranz. Es gibt Runde Tische für Integration. Es gibt ungemein engagierte Kirchengemeinden und Sportvereine. Es gibt jede Menge guter Ideen und Projekte im ganzen Land Brandenburg."
O-Ton Mann:
"Ist egal, wo die wohnen, die sind immer treu zu ihrem Land, sozusagen zu ihrem Dingsdabumsda, Hallamahalleie-, Alluhakbar-Scheiße, wissen Sie, was ich meine? Und falls das gesagt wird, dann explodiert hier was."
Volkes Stimme in einem Plattenbauviertel in Cottbus. Brandenburgs zweitgrößte Stadt hat den Abriss leerstehender Platten gestoppt, um Flüchtlinge dort einzuquartieren. Keine Woche später marschieren 400 dieser Wutbürger durch Cottbus, angeführt von einem Dutzend polizeibekannter Rechtsextremer. Erst kurz vor einem Asylbewerberheim kann die Menge gestoppt werden. Für heute Abend ist eine neue Demonstration angemeldet. Wer da mitlaufe, der unterstütze Neonazis und Ausländerfeinde und mache sich mit ihnen gemein, empört sich Ministerpräsident Woidke und weiter: "Das wäre ein Brandenburg, das ich nicht will."
"Und dann ist die Klauerei ganz groß, ganz groß"
Doch Teile der Bevölkerung scheinen überfordert: Gerüchte werden auf Facebook verbreitet, diffuse Ängste greifen um sich, Vorurteile werden offen ausgesprochen.
"Es gibt genug Arbeitslose, warum müssen wir irgendwelche Ausländer aufnehmen? Also die sollten sich lieber erst um die Deutschen kümmern, bevor sie sich um die Ausländer kümmern."
"Wenn sie Tausende Euro bezahlen für Schleuser, also dann kann es den Leuten nicht zu schlecht gehen."
"Reicht denn das nachher noch aus, unser Lebensstandard, wenn die alle kommen?"
"Wie viel Prozent derer, die kommen, sind Flüchtlinge und welche sind bloß Trittbrettfahrer?"
"Und dann ist die Klauerei ganz groß, ganz groß."
Stimmen aus Doberlug-Kirchhain, ein Städtchen mit 9.000 Einwohnern an der Grenze zu Sachsen. Hier sollen in einer ehemaligen Kaserne am Ortsrand bald Hunderte Flüchtlinge beherbergen werden.
"Ja, ich bin jetzt mittlerweile die dritte Wahlperiode im Brandenburgischen Landtag, also über zehn Jahre in der Landespolitik aktiv."
Sylvia Lehmann, die sozialpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion im Potsdamer Landtag.
"Und ich muss ehrlich sagen, dass ich solche Herausforderung, ich will es mal bei dem Wort belassen, auch noch nicht hatte. Für mich ist es ein Stück weit vergleichbar mit der Wende. Noch kurz bevor die DDR zusammengebrochen ist, haben wir es genauso erlebt, dass der Mensch auf der Straße diskutiert hat und die Politik auf der oberen Ebene was ganz anderes gesagt hat. Und diese Diskrepanz zwischen politischer Äußerung und dem, was der Mensch empfindet und wie er vor Ort diskutiert, ob es auf der Straße ist, ob es bei Geburtstagsfeiern ist, egal wie auch immer und wo auch immer, ist anders. Und das macht mir große Sorgen."
Auch weil die Brandenburger AfD unter Alexander Gauland fleißig daran arbeitet, die Verunsicherung in Teilen der Bevölkerung für sich zu nutzen. Die Sozialdemokratin Sylvia Lehmann kommt aus dem Landkreis Dahme-Spreewald im Speckgürtel von Berlin. Dort wurde am 11. Oktober der Landrat neu gewählt. Zwar siegte der sozialdemokratische Amtsinhaber, doch auf Platz zwei landete mit 23 Prozent der Stimmen der Kandidat von der rechtspopulistischen AfD. Dennoch glaubt Lehmann an die Kraft der rationalen Argumente.
"Meine Erfahrung ist die: Wenn man sich Zeit nimmt, wenn man die Sorgen und Ängste sich anhört, wenn man sie auch ernst nimmt, wenn man versucht, Akzeptanz zu schaffen, dann kippt insofern die Stimmung, dass die ganz Radikalen keine Chance haben. Jeden Einzelnen werden wir dabei nicht erreichen, aber einige schon. Das ist die einzige Hoffnung, die wir haben. Die müssen wir nutzen."
"Die einfachen Antworten, die haben noch nie geholfen"
Auf Aufklärung setzt auch Ingo Senftleben, der junge neue Landes- und Fraktionsvorsitzende der oppositionellen CDU. Mit warmen Worten allein werde man die Skeptiker aber nicht überzeugen, sagt Senftleben.
"Ich glaube, dass wir gegenüber den Bürgern da auch ehrlicher auftreten müssen. Aber ich erwarte auch von den Bürgern, dass sie sich eben nicht mit den einfachen Antworten zufriedengeben, sondern dass sie sich auch besser darüber informieren. Die einfachen Antworten, die haben noch nie geholfen. Die einfachen und schnellen Antworten, die haben Deutschland in der Geschichte sehr viel Schaden zugefügt. Ich kann einfach nur davor warnen, dass wir jetzt auch als freies Land uns aufgeben, dass wir uns jetzt als Land der Demokratie aufgeben, nur weil wir meinen, dass wir momentan vor einer großen Herausforderung stehen, die wir nicht bewältigen können."
Ingo Senftleben ist keiner von denen in der CDU, die drohen, der Parteivorsitzenden Angela Merkel die Gefolgschaft aufzukündigen, nur weil die Bundeskanzlerin bis heute sagt: "Wir schaffen das". Man könne Deutschland nicht mit Soldaten und Panzern abriegeln, sagt der Potsdamer Christdemokrat, Merkel habe Recht und der interne Streit sei wenig hilfreich.
Im Städtchen Nauen westlich von Potsdam haben Rechtsradikale erst einen Informationsabend gesprengt und Protestmärsche gegen ein geplantes Asylbewerberheim organisiert, dann brannte die dafür vorgesehene Turnhalle ab. Eine Entwicklung, die Manfred Stolpe mit großer Sorge beobachtet, Brandenburgs erster Nachwende-Ministerpräsident von 1990 bis 2002.
"Unsere bisherige Praxis vor der großen Welle war ja auch ein bisschen geprägt durch die schlimmen Erfahrungen, die wir Anfang der 1990er-Jahre gehabt haben: jemand in Eberswalde erschlagen auf offener Straße und immer wieder vor Asylbewerberheimen Zusammenrottungen. Wir haben damals 1991/'92 uns entschlossen, auf die Zivilgesellschaft zuzugehen, also nicht alles per Staatsanwalt und Polizei regeln zu wollen, sondern alle zivilgesellschaftlichen Aktivitäten zu stabilisieren und zu koordinieren."
Das hat bislang auch ganz gut funktioniert: Anders als in Sachsen laufen in Brandenburg nicht Tausende von Menschen Pegida und Co. hinterher. Doch angesichts der vielen Flüchtlinge, die in so kurzer Zeit nach Deutschland kommen, müsse die Politik sehr aufpassen, dass die Neonazis nicht daraus ihr Süppchen kochen, warnt Stolpe wörtlich.
"Wir haben jetzt eine Katastrophensituation, wo alle diese zarten Pflänzchen an Zivilgesellschaft, die wir haben, überrollt und zertrampelt werden können. Wir haben nur eine Chance zur Integration und zur menschenwürdigen Betreuung der Leute, wenn die ganze Zivilgesellschaft sich daran beteiligt. Das kann kein Landrat, das kann kein Bürgermeister, das kann kein Ministerpräsident mit der Regierung, sondern die müssen alle mit eingebunden sein. Und ich hoffe darauf, dass das, was wir in den letzten 15 Jahren hier vor Ort erlebt haben, dass Aktionsbündnisse, dass "Tolerantes Brandenburg" sich artikuliert und die Sportvereine dabei sind, die Freiwilligen Feuerwehren, die Kulturgruppen, die Kirchen, Gewerkschaften. Nur dann kann man versuchen, das abzufedern und vielleicht mit etwas Glück eine gelingende Integration erreichen, die wir ja eigentlich brauchen in diesem Land, wo es zum Teil weite Flächen gibt und wo noch viel Platz ist."
Im Landkreis Märkisch-Oderland ist Sozialministerin Diana Golze auf "Asylpolitischer Tour": Seit Wochen ist die Linke unterwegs in den Kommunen, die mit der Unterbringung von immer neuen Flüchtlingen mittlerweile hoffnungslos überfordert sind. Hier in Müncheberg sind rund 100 Männer aus 14 Nationen in einem Plattenbau am Stadtrand einquartiert. Kein Problem, erzählt Heimleiterin Marina Kullus: Alle würden sich gut vertragen, alle lernen eifrig Deutsch. Und Anfeindungen gebe es in Müncheberg auch nicht.
"Die Leute begegnen uns freundlich. Die Leute kommen auf uns zu, egal wo wir sind, und sprechen uns an, welche Probleme es gibt, wo sie helfen können, ob sie Deutschkurse anbieten, ob sie Familien einladen dürfen. Und das finde ich eigentlich sehr, sehr schön. Also alles in allem sehr positiv."
Hoffnungszeichen in schwierigen Zeiten. Auch Sozialministerin Diana Golze zieht eine positive Bilanz ihrer "asylpolitischen Tour" durch die Gemeinden:
"Ich stelle fest, dass im ganzen Land Brandenburg es sehr, sehr viele engagierte Menschen gibt. Also ich bin sehr angetan von den vielen guten Eindrücken, die ich gesammelt habe, dass sich wirklich vieles im Stillen abspielt. Das sind nicht diejenigen, die laut werden und die auf der Straße stehen und Parolen verbreiten, sondern das sind die Menschen, die im Stillen eine ganz, ganz wichtige Arbeit leisten, für die ich auch sehr dankbar bin."
Sie wolle die Situation nicht schönreden, sagt Golze, die Lage sei angespannt. Aber die Ministerin fügt hinzu: Wer ganz bewusst Fehlinformationen und Gerüchte streue, um die Stimmung noch weiter anzuheizen, der spiele mit dem Feuer.
"Ich finde das verantwortungslos, wenn man zurückschaut, was wir Mitte der 1990er schon mal erlebt haben. Und ich möchte diese Zustände nicht noch mal haben und hoffe, dass die Zivilgesellschaft heute stärker ist und sich gegen solche Parolen auch behaupten kann."
Lebach ist eine Kleinstadt mitten im Saarland. Aber Lebach ist noch viel mehr. Es ist ein Synonym für den Umgang mit Flüchtlingen im kleinen Bundesland. Denn alle Menschen, die im Saarland um Asyl nachsuchen, kommen zunächst einmal in die saarländische Erstaufnahmestelle – eben nach Lebach. Das ist seit fast 60 Jahren so. Und im Moment sind es Tausende Flüchtlinge, die hier durchgeschleust werden.
Trotz allem hat die Aufnahmestelle ihren offenen Charakter immer bewahrt. Sie liegt zwischen einer Kaserne, einem Wohnviertel und einem Schulzentrum. Es gibt weder Zäune noch Kontrollen. Eine Art friedliche Koexistenz mit Bevölkerung, sagt Bürgermeister Hanspeter Brill.
"Die Landesaufnahmestelle ist bereits seit Ende der 1950er-Jahre hier etabliert. Es sind sehr viele Menschen, die ursprünglich auch mal ihren Weg aus ihren Ursprungsländern heraus gesucht haben, hier in Lebach sesshaft geworden sind. Und da ist natürlich ein ganz anderes Verständnis auch innerhalb der Bevölkerung - wie das vielleicht in anderen Wohngegenden oder Bundesländern nicht der Fall ist, wo diese Flüchtlingslager aus dem Boden gestampft wurden."
"Ich weiß, wie es ist, wenn man auf der Flucht ist"
Im Zentrum der Stadt leben knapp 6.000 Einwohner und zeitweilig waren in der Aufnahmeeinrichtung bis zu 4.000 Flüchtlinge untergebracht. Die Hälfte davon in festen Häusern, andere mussten bis zum Abschluss ihres Asylverfahrens in Großraumzelten ausharren. Denn nur wer über ein Bleiberecht verfügt, wird im Saarland auf die Kommunen verteilt. Doch der Ansturm von Menschen hat auch in Lebach das Stadtbild verändert, manche Einheimische sorgen sich:
"Wie soll das weitergehen? Ich sehe das jeden Tag, so etwas haben wir noch nicht gehabt."
"Ich merke sie weniger, nur wenn ich einkaufen gehe, sie sind teils sehr freundlich und auch ordentlich. Es sind viele, manchmal ganze Scharen, die einem begegnen. Ich bin selbst zwei Mal geflüchtet als Kind. Ich weiß, wie es ist, wenn man auf der Flucht ist und muss unterwegs Quartier suchen, ich kann mit den Leuten mitfühlen."
"Ich hab' Angst, das da irgendetwas kommt. Es sind einfach zu viele Menschen auf engem Raum. Und jetzt kommt der Winter."
Der saarländische Innenminister Klaus Bouillon ist erst kurze Zeit im Amt. Zuvor war er 30 Jahre lang Bürgermeister von St. Wendel. Der CDU-Politiker ist nah dran an den Problemen, die im Zusammenhang mit der Flüchtlingswelle von Städten und Gemeinden gelöst werden müssen. Und er ist nah dran an den Leuten.
"Ich denke, die Stimmung ist entgegen der Euphorie von vor einigen Monaten deutlich gesunken. Es gibt Ängste und Nöte und hier muss man einmal deutlich sagen, nicht jeder Deutsche, der Angst und Sorgen hat – auch ich habe Angst und Sorgen gehabt, die hab' ich heute noch, bei dem was kommt, nur wir müssen es lösen. Aber man wird ja von vielen dann sofort in eine rechte Ecke gerückt, das halte ich für falsch. Wenn Menschen berechtigte Ängste und Sorgen haben, dann müssen wir sie ernst nehmen und den Menschen sagen, es ist machbar."
Bouillon, der manchmal etwas hemdärmelig daher kommt, fackelt nicht lange: er handelt. Ohne dass ein Aufschrei durchs Land ging, hat der Innenminister bekannt gegeben, dass eine zweite Aufnahmestelle für Flüchtlinge eingerichtet wird. Bis Weihnachten sollen leer stehende Verwaltungs- und Industriegebäude in der Nähe von Saarbrücken bezugsfähig sein. Bouillon nennt es eine Dependance. Damit schlägt er zwei Fliegen mit einer Klappe: Die Außenstelle wird von der Bevölkerung als zusätzliche Option, nicht als endgültige Einrichtung wahrgenommen und Lebach wird entlastet.
"Lebach wird dem Druck noch lange Stand halten, weil wir ja den Druck vom Kessel genommen haben. "
Mit Koffern und Taschen bewegt sich eine Gruppe von etwa 20 Flüchtlingen schweigend zum Lebacher Bahnhof.
"Es ist alles in Ordnung, wir sind auf dem Weg nach Karlsruhe - schwieriges Wort."
Jeden Tag verlassen Menschen wie Omar Katib die Erstaufnahmestelle in Richtung anderer Bundesländer. Allein im September hat das Saarland etwa 5.700 Menschen aufgenommen, das sind 1.700 mehr als es nach dem Königsteiner-Schlüssel, dem internen Verteilsystem der Länder, aufnehmen musste. Warum es seine Quote weit übererfüllt hat, begründet der Innenminister so:
" Wir sind - zugegebenermaßen, das haben wir bewusst gemacht, weil wir Bayern geholfen haben - weit über dem Königsteiner-Schlüssel. Aber seit einigen Tagen werden diese Personen, die wir mehr haben, angerechnet bei jeder Verteilung. Das heißt in einigen Wochen werden wir wieder beim Königsteiner-Schlüssel sein, haben aber anderen aus der Patsche geholfen."
Vieles kann der CDU-Politiker aber gar nicht steuern. Unter den Flüchtlingen hat sich längt herumgesprochen, dass es sich lohnt - sobald man Deutschland erreicht hat - zunächst ins saarländische Lebach zu gehen. Der Syrer Omar Katib gehört dazu.
"Also uns kam zu Ohren, dass Lebach in allem sehr schnell ist ... "
Auch Merzat Senaldin wurde durch diese Mundpropaganda auf das Saarland aufmerksam.
"Die Leute kommen gern hierher, weil mit den Dokumenten und der Aufenthaltserlaubnis - das geht alles so schnell hier; nicht wie woanders in Deutschland, da geht es viel langsamer. Erzählt haben uns das die, die schon hier waren."
Offiziellen Angaben des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge zufolge lag die durchschnittliche Verfahrensdauer syrischer Flüchtlinge in Deutschland in diesem Jahr bei 3,9 Monaten. Die Bearbeitungszeit im Saarland sei mit 3,6 Monaten etwas geringer ausgefallen. Doch seitdem die Anerkennung aus humanitären Gründen bei den Syrern ohne Anhörung im schriftlichen Verfahren erledigt werden kann, hat sich für sie die Bearbeitungszeit inzwischen erheblich verkürzt, weiß der Syrer Karim Ashidi zu berichten:
"Es geht wirklich schnell. In einem Monat bist du hier mit allem durch, es geht wirklich schnell."
Der anhaltende Zuspruch für seine Erstaufnahmeeinrichtung löst beim saarländischen Innenminister zwar keinen Jubel aus, aber noch sieht Klaus Bouillon die Situation positiv.
"Ja, es ist der Fluch der guten Tat, aber wir nehmen das gerne auf uns, weil wir mit einem fantastischen Team gut organisiert sind."
Bouillon hat die ehrenamtlichen Helfer, die seit August die Hauptlast der Organisation in Lebach trugen, sukzessive durch professionelle Strukturen entlastet. Er hat nach anfänglichen Widerständen beispielsweise die Bundeswehr ins Boot geholt. Die Soldaten fahren diejenigen Flüchtlinge, die über ein Bleiberecht verfügen, mit Bussen in die aufnehmenden Städte und Dörfer im Saarland. Darüber hinaus ist in der Landesaufnahmestelle eine Arztpraxis angesiedelt. Und um Schwangere, Mütter und die Kinder kümmert sich ein Pool von Hebammen und Kinderärzten.
Verfügbarer Wohnraum wird im Saarland knapp
Das Saarland hatte in den vergangen Wochen zum einen den Vorteil, dass es die notwendige Infrastruktur zur Betreuung der Flüchtlinge an einem Ort konzentrieren konnte. Zum anderen gibt es Regeln, die nicht in Frage gestellt werden, wie etwa die Schulpflicht für alle Kinder; auch für diejenigen, deren Asylverfahren noch nicht abgeschlossen sind. Das Bundesland wird deshalb - trotz Schuldenbremse - bis Februar 130 zusätzliche Lehrer einstellen. Beschwerden der Eltern, die um das schulische Fortkommen ihres eigenen Nachwuchses bangen, weil er mit immer mehr nicht deutschsprachigen Kindern die Schulbank drückt, gäbe es kaum, sagt der parteilose Lebacher Bürgermeister Klaus Brill.
"Das hält sich sehr, sehr in Grenzen. Da sind bislang vielleicht ein bis zwei Fälle auf mich zugekommen, die diese Befürchtungen haben."
Im Saarland tut die Politik alles Mögliche, um den Ängsten der einheimischen Bevölkerung entgegenzutreten. Bereits vor einem Jahr hat der Innenminister Bouillon ein Wohnungsbauprogramm gestartet, das private wie städtische Investoren ermuntern soll, leer stehende Immobilien zu renovieren, damit sie an Flüchtlinge vermietet werden können. Es funktioniert vielerorts, aber nicht überall. Verfügbarer Wohnraum wird deshalb auch im Saarland knapp. Und auch der Minister weiß nicht, wie viele Menschen aus den Krisengebieten im Rahmen der Familienzusammenführung nach Deutschland nachziehen werden.
"Wir haben schon 20 Prozent Anträge."
Knapp 8.000 Menschen hat das Saarland bislang dauerhaft aufgenommen. Bis Ende Dezember rechnen die Behörden mit plus /minus 10.000 Flüchtlingen. Das sei machbar, eine Alternative gäbe es ohnehin nicht, sagt der Innenminister der CDU.
"Es muss gelingen, wir haben gar keine andere Wahl. Ansonsten spaltet sich die Gesellschaft."