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Flüchtlingsunterkünfte
Container-Großmacht Tschechien

Tschechien ist einer der Hauptproduzenten von Containern für Not-Unterkünfte. Und das Geschäft läuft gut in der Flüchtlingskrise. 90 Prozent der Produktion geht ins Ausland, vor allem nach Deutschland - denn Tschechien selbst hat keinen Bedarf.

Von Stefan Heinlein |
    Sieben Tage die Woche - im Drei-Schicht-Betrieb rund um die Uhr wird gehämmert, gesägt und geflext. Musik in den Ohren von Direktor Jan Petr. Die Auftragsbücher seiner Firma Touax sind voll. Fast die gesamte Produktion geht nach Deutschland. Die beiden größten Aufträge der Firmengeschichte kommen aus Hamburg und München:
    "Die Flüchtlingswelle hat zu einer riesigen Nachfrage von deutschen Behörden und Städten geführt. Sie brauchen schnelle Lösungen für die Unterkunft der Menschen. Seit dem Sommer können wir uns vor Aufträgen kaum mehr retten."
    300 Angestellte arbeiten für die Firma Touax in der nordböhmischen Gemeinde Supikovice. Mindestens 70 weitere sollen in den kommenden Wochen neu angestellt werden. Doch auch die Ausweitung der aktuellen Produktion von jährlich rund 5.000 Wohneinheiten reicht nicht aus. Die deutschen Kunden stehen oft vergeblich Schlange:
    "Wir müssen Aufträge ablehnen. Jetzt im Winter wissen die deutschen Städte nicht wohin mit den Flüchtlingen. Aber wir sind restlos ausgebucht. Auch die anderen tschechischen Hersteller können bis Mitte 2016 keine neuen Aufträge mehr annehmen."
    Knapp 300 Menschen erhielten 2015 in Tschechien dauerhaft Asyl
    In Tschechien selbst dagegen gibt es keinen Bedarf für Flüchtlingsunterkünfte. Das Land ist eine Insel in der europäischen Flüchtlingskrise. Nur knapp 300 Menschen erhielten 2015 dauerhaft Asyl. Die Mitte-Links-Regierung ist ein entschiedener Gegner der Brüsseler Quoten. Im kommenden Jahr will Tschechien lediglich 153 ausgewählte irakische Christen freiwillig aufnehmen. Die schon bestehenden Notunterkünfte reichen problemlos, um die Familien unterzubringen.
    "Das ist schon paradox. Tschechien ist eine europäische Container-Großmacht. Wir sind Experten bei der Herstellung von Not-Unterkünften. Aber es gibt hier einfach kaum Nachfrage. 90 Prozent der tschechischen Produktion gehen in den Export."
    Die wenigen Container die im Land bleiben werden gebraucht als preiswerte Zwischenlösungen für Kindergärten, Schulen und Behörden.