Der Präsident des Städtetags, Ulrich Maly (SPD), nennt es einen Hilferuf. Es gehe "um eine menschenwürdige Unterbringung" von Flüchtlingen. Dabei sehen sich viele Städte und Gemeinden offenbar von Bund und Ländern im Stich gelassen.
Nach Zahlen des Städtetages haben seit Beginn dieses Jahres 100.000 Menschen Asyl in Deutschland beantragt, etwa 60 Prozent mehr als im Vorjahr. Das bereitet in mehreren Bereichen Probleme: Zum einen fehlt es den Ländern und Kommunen an Geld, weswegen die Forderung ihrer Interessensvertretung nach einer schnelleren Erstattung der Kosten nicht verwundert. Nach Meinung des Präsidenten des Hessischen Landkreistags, Erich Pipa, ist bisher mit dem Thema "zu defensiv" umgegangen worden. Neue Quartiere zu schaffen bedeutete zusätzliche Ausgaben, die ohne weitere Finanzhilfen nicht funktionierten. Einige Kommunen bekämen zudem eine höhere Erstattung als andere, hieß es vom Städtetag. So gebe es in Schleswig-Holstein eine 70-prozentige Erstattung für die Kommunen, in Nordrhein-Westfalen seien es dagegen nur 20 Prozent.
Alternativ fordert der Städtetag, dass Flüchtlinge nicht direkt an die Kommunen "weitergereicht" werden, sondern längere Zeit in zentralen Aufnahmeeinrichtungen bleiben können. Die klagen allerdings selbst über Platzmangel klagen.
Städtetag unterstützt Asylpläne der Bundesregierung
Abgesehen von einem höheren Finanzbedarf und Kapazitätsproblemen bedeuten mehr Flüchtlinge auch mehr langwierige Asylverfahren. Um diese abzukürzen, unterstützt der Städtetag die Gesetzespläne der Bundesregierung. Die sehen vor, die Balkanländer Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina zu sogenannten sicheren Herkunftsländern zu erklären. Das bedeutet, dass Asylbewerber von dort künftig schneller abgelehnt werden können. Die Bundesregierung begründet den Schritt damit, dass Asylanträge aus diesen Ländern auch jetzt schon kaum Aussichten auf Erfolg hätten, allerdings Bearbeitungskapazitäten unnötig belasteten.
Allerdings ist derzeit nicht sicher, ob die Pläne der Bundesregierung durchkommen. Zwar hat die Große Koalition den Gesetzentwurf im Bundestag mit Stimmen von Union und SPD beschlossen. Bei der Abstimmung im Bundesrat am kommenden Freitag benötigt sie aber die Zustimmung aus einem der Länder mit einer grünen Regierungsbeteiligung. Danach sieht es derzeit aber nicht aus: Grünen-Chefin Simone Peter lehnte die Regelung zu den sicheren Herkunftsländern heute erneut ab.
Peter äußerte sich, nachdem Menschenrechtsaktivisten die Parteizentrale der Grünen in Berlin besetzt hatten. Die etwa 30 Personen wollten mit ihrer Aktion auf die geplante Änderung des Asylgesetzes aufmerksam machen. Nach einem etwa zweistündigen, friedlichen Protest verließen sie die Parteizentrale wieder. Mehrere Grünen-Politiker äußerten Verständnis für die Aktion.
(pr/sih)