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Flüssige Batterien für erneuerbare Energie

Technologie.- Um zu verhindern, dass das Licht ausgeht, wenn Wolken Schatten auf Solarkraftwerke werfen oder wenn Windräder stillsehen, wären preiswerte Batterien hilfreich, die überschüssige Elektrizität speichern, bis sie gebraucht wird. Ein millionenschweres US-Projekt setzt auf kochend heiße Flüssigkeitsbatterien, um dieses Ziel zu erreichen.

Von Ralf Krauter | 16.04.2012
    Der Chemie-Professor Donald Sadoway vom Massachusetts Institut of Technology will Batterien bauen, die möglichst groß und möglichst billig sind. So billig, dass Energieversorger sie einsetzen können, um mal eben den täglichen Strombedarf einer Kleinstadt zwischenzuspeichern.

    "Batterien sind der Schlüssel für den Siegeszug erneuerbarer Energien. Mit ihrer Hilfe könnten wir Strom von der Sonne sogar dann nutzen, wenn sie nicht scheint. Die Flüssigmetallbatterie macht genau das möglich. Sie ist ein neuartiger Energiespeicher, den ich und mein Team erfunden haben."

    Lithium-Ionen-Akkus, die Handys mit Strom versorgen und Elektroautos antreiben, taugen nicht für Stromspeicher im industriellen Maßstab. Zu kompliziert, zu teuer, zu geringe Lebensdauer. Weil ihr Elektrodenmaterial bei jedem Ladezyklus angegriffen wird, verlieren sie im täglichen Betrieb rasch an Speicherkapazität. Bei der Flüssigmetallbatterie aus dem MIT-Labor dagegen sind die Elektroden flüssig – und damit Tag für Tag wie neu, erklärt Donald Sadoways Mitarbeiter Dr. Hojong Kim.

    "Wir verwenden flüssige Metalle als Elektroden. Das verspricht eine lange Lebensdauer, viele Ladezyklen ohne Kapazitätsverlust und hohe Stromstärken. Das sind die großen Vorteile von Flüssigmetallbatterien."

    Der koreanische Forscher steht in einem großen Laborraum. In den Plexiglasboxen hinter ihm befüllen seine Kollegen Stahlzylinder verschiedener Größe mit den Zutaten einer Flüssigmetallbatterie. Beim aktuellen Standardrezept kommt zunächst Antimon in die Stahlhülse, dann etwas Magnesium-Chlorid-Salz, gefolgt von Magnesium. Weil diese Substanzen an Luft sofort oxidieren oder feucht werden, sind die Glasboxen mit Argongas gefüllt. Um darin zu hantieren, muss man die Arme durch zwei Löcher stecken an denen lange Gummihandschuhe befestigt sind.

    "Alle chemischen Zutaten sind in diesen Handschuhboxen. Wenn wir die Zellen befüllt haben, versiegeln wir sie, holen sie heraus und testen sie."

    Aus einer Tüte holt Hojong Kim eine der fertigen kleineren Batterien. Sie hat Filmdosenformat, eine Ausgangsspannung von einem Volt und eine Kapazität von einer Amperestunde. Allerdings erst wenn sie in einem speziellen Ofen auf ihre Betriebstemperatur von 700 Grad Celsius erhitzt wird, sodass sich ihr Innenleben verflüssigt. Die unterschiedliche Dichte der Zutaten führt dann dazu, dass sie in drei Phasen übereinander schwimmen. Unten das Schwermetall Antimon, die flüssige Kathode. In der Mitte das Salzgemisch, das als Elektrolyt fungiert. Und ganz oben das Leichtmetall Magnesium, die Anode der Batterie.

    Hojong Kims französischer Kollege Dr. Briece Chung arbeitet für den Mineralölkonzern TOTAL, der die Entwicklung der Flüssigmetallbatterien fördert. In einem weiteren Labor, einen Stock tiefer, testet er in einem Ofen gerade Zellen mit 20 Amperestunden Speicherkapazität.

    Die Stahlzylinder sind mehrere Kilogramm schwer, groß wie Hockey-Pucks und haben oben silberne Kontakte. 100 Zyklen halten sie schon durch und lassen sich zehnmal schneller laden als Lithium-Ionen-Akkus. Für Professor Donald Sadoway ist das erst der Anfang. Er hat eine Firma gegründet, um die heißen Stromspeicher auf den Markt zu bringen. Das erste Produkt, eine Ein-Kilowattstunden-Flüssigmetallbatterie, sei nur der erste Schritt, sagt er.

    "Diese Batterietechnologie ist skalierbar. Wir haben eine Variante, groß wie ein Frachtcontainer, im Blick. Die könnte zwei Megawattstunden speichern – genug, um 200 Haushalte einen Tag lang mit Strom zu versorgen."