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Flughafen BER
"Das ist ein schlechter Witz"

Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) könnte heute wieder zum Aufsichtsratsvorsitzenden des pannengeplagten Flughafens BER gewählt werden. Eine solche Entscheidung würde von Ideen- und Alternativlosigkeit zeugen, kritisiert der Vertreter der Berliner Piraten, Martin Delius, im DLF-Interview.

13.12.2013
    Thielko Grieß: Am Telefon ist Martin Delius, Pirat im Berliner Abgeordnetenhaus und außerdem Vorsitzender des Untersuchungsausschusses zum Flughafen BER. Guten Tag, Herr Delius.
    Martin Delius: Guten Tag, Herr Grieß!
    Grieß: Merken Sie eigentlich, dass der Aufsichtsrat zurzeit nur einen kommissarischen Vorsitzenden hat?
    Delius: Nein. Es ist ja so, wie ich Anfang des Jahres schon gesagt habe: Es ändert sich im Prinzip mit dem Weggang von Klaus Wowereit nichts. Es hat sich auch nicht viel geändert. Man muss ja jetzt im Nachhinein sagen, dass Klaus Wowereit eine kurze Auszeit genommen hat vom Amt des Vorsitzenden. Er ist ja schon lange auch wieder kommissarischer Vorsitzender und insofern hat sich da nicht viel geändert im Vorgehen.
    Grieß: Ist das in Ordnung, wenn er von kommissarisch wieder zu permanent wechselt als Aufsichtsratsvorsitzender?
    Delius: Nein, das ist ein schlechter Witz, das muss man ganz ehrlich sagen. Weil sein Rücktritt vom Aufsichtsratsvorsitzenden war ja die Notlösung, die am Ende verhindert hat, dass er ein schlechtes Ergebnis bei dem Misstrauensvotum, das wir im Berliner Abgeordnetenhaus beantragt haben, bekommen hat. Jetzt ihn wieder einzusetzen, zeugt einfach nur von Ideenlosigkeit, von Alternativlosigkeit. Allerdings muss man auch sagen, dass es natürlich ein Stück weit verständlich ist, dass niemand mehr für dieses Projekt den Kopf hinhalten will.
    "Wichtig, dass die Aufsicht an sich gestärkt wird"
    Grieß: Wen würden Sie denn am liebsten dort sehen?
    Delius: Es ist immer wieder die Rede von Experten. Ich glaube, das ist auch nur die halbe Antwort. Ich kann Ihnen jetzt natürlich auch keinen Namen nennen. Im Zweifel bin ich auch nicht dafür verantwortlich, jemand zu suchen. Allerdings ist es wichtig, dass die Kontrolle, die Aufsicht an sich gestärkt wird, das heißt, mehr Zuarbeit für den auch gerade Aufsichtsratsvorsitzenden existiert. Ob das nun Klaus Wowereit ist, oder ein Experte für Flughafenbau, ist eigentlich dabei egal, wenn die Mittel zur Verfügung stehen, die Geschäftsführung auch vernünftig zu kontrollieren. Das ist in der Vergangenheit einfach nicht geschehen.
    Grieß: Nun könnte man ja zugunsten von Klaus Wowereit unterstellen, dass er gelernt hat. Er hat wahrscheinlich in seinem Leben noch nicht so viele Flughäfen gebaut und dies ist nun der erste und nun hat er sich eine Auszeit genommen, kommt wieder und steht ja im Stoff. Das ist doch ganz ordentlich.
    Delius: Er hatte ja bis 2013 schon 17 Jahre Zeit zu lernen und das Debakel nahm ja seinen Lauf dann auch nach 17 Jahren erst. Insofern zieht das Argument nicht. Gleichzeitig muss man auch sagen, dass Klaus Wowereit ja keinen Lernprozess erkennen lässt. Er bewirbt sich ja nicht mit maßgeblichen Veränderungen an seinem eigenen Handeln und Wirken. Er sagt nicht, er wird die Hintergrundgespräche mit der Geschäftsführung in Zukunft dokumentieren und auch vernünftig darüber berichten. Er sagt nicht, dass er seine eigenen Kontrollfunktionen im Bereich Senatskanzlei, seine eigene Zuarbeit aufstocken wird, auch externe Gutachten einholen wird, um da Dinge zu beschleunigen und mehr Expertise reinzuholen. All das stellt er nicht in Aussicht. Insofern kann ich da keinen Lernprozess sehen.
    Grieß: Das heißt, Sie erwarten von einem Klaus Wowereit an der Spitze des Aufsichtsrats, dass wir auch künftig nicht ganz genau wissen werden, wann der Flughafen in Betrieb geht und wie teuer er wird?
    Delius: Nein, nein. Das erwarte ich auf keinen Fall. Das ist auch kongruent und konsistent mit den Aussagen, die er selbst als zuständiger Senator und Regierungschef im Abgeordnetenhaus trifft. Auch da werden gerade die Oppositionsanfragen, aber auch die Anfragen der Regierungsparteien auf die lange Bank geschoben. Man weiß es noch nicht, man kann für den jetzt gerade beschlossenen Haushalt auch noch nicht sagen, wie viel es möglicherweise kostet, wie viel schon abgerufen wurde. Das ist immer wieder ein Hin und Her. Das wird sich nicht ändern mit Klaus Wowereit, so sieht es leider im Moment aus.
    Grieß: Wäre der Job etwas für Sie?
    Delius: Ich glaube, dafür verstehe ich nicht genug von Aufsichtsratstätigkeiten.
    Appell an den Bund, sich einzubringen
    Grieß: Aber möglicherweise gibt es in Brandenburg noch Kandidaten. Wir haben bisher auf die Berliner Politik geschaut, aber das Ganze ist ja ein Projekt von zwei Bundesländern. Die Brandenburger – was ist mit denen? Haben Sie den Eindruck, die drücken sich?
    Delius: Brandenburg hat zuerst mal das Vorschlagsrecht für den Aufsichtsratsvorsitzenden und zumindest für das neue Mitglied, das dort für Herrn Platzeck gekommen ist. Auch Herr Brettschneider ist ja nicht unbedingt gesetzt. Auch in Brandenburg sehe ich nicht, dass dort ein erfahrener Flughafenmensch zu finden ist, der auch das Standing hat, den Aufsichtsrat zu führen. Ich glaube, wenn wir nach einer Antwort aus dem Bereich suchen wollen, dann müssen wir in den Bund gucken. Dann muss sich der Bund dort auch mal näher einbringen. Vielleicht ist es auch gar nicht schlecht, wenn die beiden teilweise ja Streithähne, Berlin und Brandenburg, durch so einen Mittler aus einer anderen Ebene dann mal zur Räson gebracht werden.
    Grieß: Aber Sie erwarten nicht, dass die beiden Parteien noch ein wenig länger warten, bis es im Bund eine neue Regierung gibt?
    Delius: Ich denke nicht. Ich meine, wir wissen alle nicht, was heute rauskommt. Ich muss leider attestieren, dass es wahrscheinlicher ist, dass Klaus Wowereit heute gewählt wird, um einen Deckel auf die Diskussion zu machen, um da Ruhe einkehren zu lassen, als dass man sich auf lange Sicht nach einer vernünftigen Lösung mit einem vernünftigen Aufsichtsratsvorsitzenden, mit einer vernünftig ausgestatteten Aufsichtsratsspitze umguckt.
    Grieß: Bescheidene Erwartungen waren das aus dem Mund von Martin Delius, Pirat im Berliner Abgeordnetenhaus, zum Thema Berlin-Brandenburg und der Flughafen und die lange Zeit, die es dauert, diesen Flughafen zu eröffnen. Herr Delius, danke schön für das Gespräch heute Mittag.
    Delius: Bitte sehr!
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