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Flugzeugabsturz
Cameron will härtere Russland-Sanktionen

Der Flugzeugabsturz in der Ukraine ist das beherrschende Thema auf den Titelseiten und in der Politik in Großbritannien. Die Regierung von Premier David Cameron fordert härtere Sanktionen gegen Russland - und warnt gleichzeitig vor einem Handelskrieg mit Moskau.

Von Silvia Engels |
    David Cameron zwischen den Flaggen Großbritanniens und der EU.
    Neue Beweise legte Premierminister David Cameron im britischen Unterhaus nicht vor, ihm reichen die bisherigen abgehörten Telefonate und Videos. (dpa/EPA/Julien Warnand)
    Für den britischen Premierminister David Cameron stehen die Schuldigen für den Absturz der malaysischen Passagiermaschine fest:
    "Das Bild wird klarer. Die Beweise deuten in eine Richtung: MH 17 wurde von einer SA11-Rakete getroffen, abgeschossen von Separatisten."
    Neue Beweise legte der Premierminister gestern im britischen Unterhaus allerdings nicht vor. Er bezieht sich auf bereits bekannte abgehörte Telefonate oder Videos in sozialen Netzwerken. Für Cameron reichen diese Belege aus, um den seiner Ansicht nach Gesamtverantwortlichen zu benennen:
    "Niemand sagt, dass Präsident Putin beabsichtigt hat, Flug MH 17 abschießen zu lassen. Wahrscheinlich wollten das auch die Separatisten nicht. Aber uns sollte klar sein, was diese schreckliche Tragödie ausgelöst hat. Der Kontext dieser Tragödie ist Russlands Versuch, einen souveränen Staat zu destabilisieren."
    Für britische Medien bleibt der Absturz in der Ost-Ukraine beherrschendes Thema der Titelseiten. In den Trümmern starben auch zehn britische Passagiere. Fast alle Zeitungen im Vereinigten Königreich zeigten in den vergangenen Tagen Fotos der Opfer und von trauernden Angehörigen. Erneut forderte Cameron gestern Russland auf, seine Unterstützung für die Separatisten einzustellen:
    "Wenn Präsident Putin seinen Umgang mit der Ukraine nicht ändert, müssen Europa und der Westen ihre Haltung zu Russland grundsätzlich ändern."
    Gemeint sind damit härtere Sanktionen. Seit Monaten wirbt der britische Premierminister dafür in der EU und zählt seinen Forderungskatalog auf:
    "Individuen benennen, Reise- und Visabeschränkungen erhöhen. Ich habe im Europäischen Rat vergangene Woche vorgeschlagen, diese Beschränkungen auch auf die Oligarchen rund um Präsident Putin zu erweitern. Ich denke, wir sollten uns auch auf die dritte Stufe von Sanktionen begeben. Ich glaube, wir sollten auch militärische Geschäfte stoppen. Wir haben das in Großbritannien bereits getan."
    Einschränkungen bei Warenlieferungen, aber nicht bei Finanztransaktionen
    Generell kann die britische Wirtschaft Einschränkungen bei Warenlieferungen in Richtung Osten wohl verschmerzen: Nur knapp vier Prozent der Exporte, die im vergangenen Jahr aus der EU nach Russland flossen, kamen aus Großbritannien. Anders sieht es mit Forderungen aus, die in anderen EU-Staaten diskutiert werden: Hier schlägt man vor, internationale Finanztransaktionen für russische Firmen einzuschränken. Dies könnte den Finanzplatz London, der auch Transaktionen und Anlagen für russische Oligarchen abwickelt, empfindlich treffen.
    Sir Nick Harvey, Liberaldemokrat und ehemaliger Verteidigungs-Staatssekretär, warnt vor wirtschaftlichen Schäden:
    "Einen großen Handelskrieg mit Russland wollen wir wirtschaftlich nicht. Vielleicht kommt es dazu, es stehen ja auch wichtige moralische Fragen auf dem Spiel, aber ich verstehe, warum einige unserer europäischen Partner zögern."
    Die Opposition argumentiert in eine andere Richtung. Lisa Nandy, Abgeordnete der Labour Party fragt sich, ob der Premier seinen Worten auch Taten folgen lassen kann. Effiziente Sanktionen könne es nur gemeinsam mit der EU geben:
    "Die Schwierigkeiten liegen in den russischen Gas- und Ölimporten. Sie betreffen besonders Deutschland, aber auch einige anderen EU-Staaten und deshalb zögern sie. Am Ende kommt es darauf an, wie viel Einfluss Cameron in Europa hat. Die Schwierigkeit besteht darin, dass wir gerade das Debakel rund um den Kommissionspräsidenten Juncker produziert haben und dadurch ist der Einfluss von Cameron deutlich gesunken. Und nun, wo wir die Krise haben, sehen wir die Probleme, die daraus entstehen."