Nach bisherigen Erkenntnissen starben unter anderem 189 Niederländer, 44 Malaysier, 27 Australier, 12 Indonesier, 9 Briten und 4 Deutsche. In den Niederlanden herrscht große Bestürzung. Ministerpräsident Mark Rutte sagte, "die Angehörigen haben das Recht, dass alle Tatsachen auf den Tisch kommen". Der malaysische Ministerpräsident Najib Razak erklärte, "wenn sich herausstellt, dass das Flugzeug tatsächlich abgeschossen wurde, bestehen wir darauf, dass die Täter schnell vor Gericht gestellt werden". Der britische Premierminister David Cameron zeigt ebenfalls Härte und berief sein Sicherheitskabinett ein: "Wenn es abgeschossen wurde, was möglich erscheint, dann müssen die Schuldigen zur Verantwortung gezogen werden."
Bundeskanzlerin Angela Merkel sieht "sehr, sehr viele Indizien" für einen Abschuss der Passagiermaschine der Malaysian Airlines. Wie der Grünen-Außenpolitiker Jürgen Trittin im Deutschlandfunk kritisierte Merkel, dass Russland es offenbar zugelassen habe, "dass über seine Grenze schwere Waffen transportiert werden". Eine Debatte über schärfere Sanktionen hält Merkel für verfrüht. Die Umstände des Absturzes müssten zunächst "schnellstmöglich" durch eine unabhängige Untersuchung geklärt werden, sagte Merkel. Jetzt schon eine Debatte über mögliche Strafmaßnahmen zu führen, wäre aber "vielleicht etwas voreilig".
Russlands Präsident Wladimir Putin rief die Konfliktparteien nachdrücklich zu einem Ende der Kampfhandlungen und sofortigen Friedensgesprächen auf. "Frieden muss in der Ukraine so schnell wie möglich einkehren", sagte Putin bei einem Treffen mit dem russisch-orthodoxen Patriarchen Kyrill I..
Experten vermuten, dass eine Boden-Luft-Rakete vom Typ Buk zum Einsatz kam. Die mobilen Buk-Systeme russischer Bauart werden auf Militärfahrzeugen installiert und sind darauf ausgerichtet, etwa Flugzeuge, Helikopter oder andere Raketen zu zerstören. Nach Angaben des russischen Verteidigungsministerium war eine Radarstation der ukrainischen Flugabwehr in der Region aktiv. Russische Überwachungsanlagen registrierten demnach eine Aktivität der Radarstation Kupol - sie dient zur Zielerfassung für Buk-Raketen. Der US-Sender CNN berichtete, die Raketen seien nach Informationen des amerikanischen Geheimdienstes höchstwahrscheinlich von pro-russischen Separatisten auf ostukrainischem Gebiet abgeschossen worden.
Ermittlung ja, Waffenruhe nein
Die internationalen Forderungen nach einer Waffenruhe erteilten die pro-russischen Aufständischen eine Absage. "Eine Feuerpause kommt nicht in Frage, aber wir gewähren den Experten Zugang zum Katastrophenort", sagte Separatistenführer Alexander Borodaj. "Wir werden 17 OSZE-Vertreter und 4 Ukrainer zum Wrack lassen." Die niederländischen Behörden verlangten, dass für die Ermittlungen am Absturzort nichts verändert werde, und "deswegen fassen wir bis auf Weiteres dort nichts an", sagte der Rebellenchef. Die Pilotenvereinigung Cockpit forderte im Deutschlandfunk eine Untersuchung durch unabhängige Experten.
Internationale Ermittler haben bisher noch keinen Zugang zu der Absturzstelle erhalten. Darüber verhandle die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) noch mit den pro-russischen Separatisten, die das Gebiet kontrollieren, sagte OSZE-Chef Didier Burkhalter im Schweizer Fernsehen. Es werde über einen humanitären "Korridor" zur Absturzstelle verhandelt, sagte Burkhalter. Außerdem gehe es für die OSZE darum, Zugriff auf einen der Flugschreiber der Maschine der Malaysia Airlines zu bekommen. Er befinde sich derzeit in den Händen der Aufständischen.
Flugschreiber nach Moskau geschickt
Nach Angaben von Bergungskräften vor Ort wurde einer der beiden Flugschreiber der Maschine gefunden. Ein Vertreter der Aufständischen hatte jedoch bereits zuvor mitgeteilt, die Flugschreiber seien zur Auswertung bereits nach Moskau geschickt worden. Ein Sprecher des ukrainischen Außenministeriums bezeichnete die mögliche Übergabe der Flugschreiber an Russland als illegal. Nach internationalem Recht müssten die Flugschreiber auf dem Territorium des Landes bleiben, wo sich das Unglück ereignet habe.
Moskau will in der Ukraine härter vorgehen
Der russische Außenminister Sergej Lawrow hat die Einstufung des Flugzeugunglücks als Terrorakt scharf kritisiert. Er reagierte damit auf eine Aussage des ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko, der den mutmaßlichen Abschuss als "Akt des internationalen Terrorismus, der sich gegen die ganze Welt richtet". Lawrow sagte, "solche Bezeichnungen sind verfrüht und ein Versuch, Druck auf die Ermittler auszuüben".
Gleichzeitig kündigte Lawrow ein härteres Vorgehen in der Ukraine an. Nach seiner Aussage wird der Kreml einen weiteren Beschuss des russischen Territoriums von der Ukraine aus nicht länger dulden. Sollte klar sein, dass der Beschuss vorsätzlich erfolgt sei, müsse der Ursprung der Provokation "neutralisiert" werden; gemeint sind die Drahtzieher und das Abschussgerät.
(sdö/jcs)